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Eine Arche im Riesengebirge versammelt Schlesier „der ersten Generation“
Sie reisen durch Niederschlesien und sammeln Eindrücke, suchen nach Menschen, die ihre Geschichten erzählen und dokumentieren sie in Filmen, Internetblogs oder auf Papier. Die Gruppe nennt sich Arka Karkonoszy (Arche des Riesengebirges) und ihr Rück- und Auszugsort ist das Kulturzentrum Schmiedeberg im Riesengebirge [Kowary].
„Je mehr Menschen ich interviewe, desto bewusster ist mir geworden, wie stark sich das Riesengebirge, seitdem sich Polen 1945 dort angesiedelt haben, gewandelt hat“, sagt Arche-Mitglied Wojciech Miatkowski, Fotograf und Filmemacher. Beim Recherchieren deutscher Geschichte hilft ihm seine Ehefrau Marta, die Dolmetscherin ist. Der Vater von vier Kindern unternimmt seine Reisen gerne mit der ganzen Familie. Der Hirschberger [Jelenia Góra] sagt von sich, er wäre Schlesier in erster Generation, und führt oft Dispute mit seinen Kattowitzer Kollegen, die ihm sein „Schlesiersein“ aberkennen wollen. „Sie sagen: ‚Du bist doch kein Schlesier, Du sprichst ja nicht einmal Dialekt!'“, schmunzelt er. Miatkowski muss dann erklären, dass Schlesien größer als Oberschlesien ist und dass Niederschlesien seine deutsche Mundart zwar fast verloren hat, jedoch nicht sein kulturelles Erbe, das er in seinen Filmen zum Thema macht. „Endlich fühlen sich die Menschen hier nicht mehr vorübergehend zu Hause, sondern heimisch, und ich bin das beste Beispiel dafür“, sagte er.
Miatkowski ist stets auf der Suche nach Seinesgleichen, die Schlesien für sich erschlossen haben und als Heimat bezeichnen. In einem seiner letzten Beiträge, den er auf Youtube veröffentlicht hat, porträtiert er den Glaskünstler Marcin Zieliński in seinem Atelier in Altenberg [Radzimowice] bei Hirschberg. Zieliński arbeitet mit historischem Werkzeug, wie einst die schlesischen Glasschleifer.
In Krummhübel [Karpacz] stieß er auf Mirosław Rzepisko, der sein Leben lang am Ski-Hang verbrachte. Seine Eltern lebten dort noch von der Landwirtschaft, Rzepisko hat hingegen mit einem deutschen Investor eine Sommerrodelbahn auf seinem Grundstück errichtet. Das ist seine Einnahmequelle, geistig tobt er sich in seinem Ski-Museum aus, in dem er die Geschichte des Skisports im Riesengebirge dokumentiert. „Provinziell sein ist ein Geisteszustand. Wir sind nicht einverstanden mit den Klagen, dass bei uns nichts los wäre“, so Leszek Kosiorowski von der Gruppe „Arche des Riesengebirges“. „Das Gegenteil ist der Fall“, sagt er, und dieses sei das Werk vieler Lokalpatrioten. „Niemand außer uns selbst kann sich am besten um das eigene Umfeld kümmern. Und Menschen mit Liebe zur Region gibt es bei uns immer mehr“, ist sich Kosiorowski sicher.
Einer, der seit Jahren mit seiner Kamera die Welt des Riesengebirges festhält ist Jacek Jaśko, Kollege und Freund von Wojciech Miatkowski. „Fotografien erinnern uns an die Unabhängigkeit des Gedächtnisses. Selbst dieselben Fotografien, wenn sie nach einer Zeit betrachtet werden, rufen in uns neue und andere Erkenntnisse hervor“, sagte der Künstler, der Seifershau [Kopaniec] zu seiner Heimat gemacht hat und Schöpfer des Fotozyklus „Riesengebirge 20./21. Jahrhundert“ ist. Seine fotografischen Streifzüge kann man derzeit im schlesischen Görlitz in der Bundesrepublik Deutschland bis 31. Oktober im Fotomuseum sehen.
Die Gruppe „Arche des Riesengebirges“ schaut in vielen Facetten über den Tellerrand – auch nach Tschechien. Dort gibt es eine Entsprechung der Arche. Beide sind Teil eines von der EU geförderten Projektes zur Rettung des Gedächtnises des Riesengebirges. Das Projekt will Historikern bei ihren Studien über die Region helfen, Amateurforschern will es ein Umfeld zur Präsentation ihrer Untersuchungen geben und Filmemachern soll es Inspirationsquelle sein. Alle anderen Nutzer der Internetseite möchten die Macher zum Besuch des Riesengebirges ermutigen. Die Betreiber der Seite archakrkonos.cz ermuntern die Besucher der Internetseite, die in Tschechisch, Polnisch, Englisch und Deutsch informiert, bei der Erschließung der verschwundenen Orte mitzuwirken.
Durch die Geschichten und Fotos will die Arche-Gruppe der Erinnerung auf die Sprünge helfen. „Nicht die Zeit fließt davon, sondern wir mit der Zeit“, sagt Jaśko zum Wandel der Region.