22.02.2025

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Taxiert mitgebrachtes Porzellan aus den berühmten Manufakturen: Referent Tomasz Nochowicz (l.) hat den Museumsbesuchern viel zu erzählen
Bild: WagnerTaxiert mitgebrachtes Porzellan aus den berühmten Manufakturen: Referent Tomasz Nochowicz (l.) hat den Museumsbesuchern viel zu erzählen

Östlich von Oder und Neiße

Aus Schlesien hinaus in die ganze Welt

Edles Porzellan wurde in und um Breslau produziert und machte sich bis 2023 einen Namen von Weltruf

Chris W. Wagner
10.02.2025

Sammeltassen oder Tischgedecke können Geschichten sowohl über die Schenker als auch die Hersteller erzählen. Diese Erfahrung machte die Breslauerin Elżbieta Kondratowicz-Duda. Sie fand im Haus ihrer Großeltern eine Porzellantasse der Marke „Sorau“ aus dem 19. Jahrhundert. Nach langer Recherche fand sie Informationen zu der Porzellanfabrik C.& E. Carstens im ostbrandenburgischen Sorau [Żary] nahe der Grenze zu Schlesien und entdeckte damit ihre Leidenschaft für schlesisches Porzellan, dessen Herz jedoch im Waldenburger Bergland schlug.

Hier waren die Bedingungen für die Porzellanproduktion besonders gut. Vorkommen an Steinkohle für den Brennvorgang, die Anbindung an die Eisenbahn, Rohstoffe wie Kaolin, Quarzsand, Ton begünstigten das Entstehen von Manufakturen. Im „Handbuch Schlesisches Porzellan vor 1945“ schreibt Gerhard Schmidt-Stein: „Die Gewerbestatistik von 1882 kannte nur zwei Porzellanfabriken im Deutschen Reich mit übers 1000 Beschäftigten in den Hauptbetrieben: Karl Krister in Waldenburg [Wałbrzych] und Carl Tielsch im benachbarten und längst eingemeindeten Altwasser [Stary Zdrój]. Mehr als 60 Prozent aller im Königreich Preußen in der Porzellanherstellung und -veredelung Beschäftigten arbeiteten bis zum Ersten Weltkrieg in Schlesien. Über die Hälfte der Produkte wurde exportiert und durch viele Verkaufsniederlassungen im In- und Ausland vertrieben.“

Zu den namhaften Porzellanfabriken im Waldenburger Land gehören Krister, Tielsch, Ohme, Prause und Schachtel. Daneben gab es zahlreiche Porzellanmalereien mit der größten kontinentaleuropäischen Druckerei der Firma Wunderlich an der Spitze. Fachkräfte wurden in der 1897 gegründeten Keramischen Fachschule in Bunzlau ausgebildet und dem 1910 an der Technischen Hochschule entstandenen Institut für feuerfeste Materialien und Keramik in Breslau.

Auch einige bahnbrechende Errungenschaften in der Porzellanproduktion wurden in Schlesien entwickelt. Bei Krister wurden 1840 erstmalig die Brennöfen mit Steinkohle statt mit Holz befeuert, Ohme in Niedersalzbrunn [Szczawienko] hatte als erster 1888 den keramischen Buntdruck mit Schmelzfarben eingeführt. Die Firma A. Leisner hatte als erste das Einbrennen von Fotografien auf Porzellan angewendet und Tielsch führte 1906 Tunnelöfen ein, die den Brenn- und Abkühlungsvorgang erheblich abkürzten. Die größten schlesischen Porzellanfabriken waren zugleich die größten Deutschlands und produzierten jährlich mehrere Millionen Geschirre, sodass schlesische Porzellanproduzenten die Welt eroberten.

Die große Zäsur bildete der Zweite Weltkrieg. „Noch 1945 ging es den führenden Porzellanfabriken im Waldenburger Land gut, sie bekamen Großaufträge beispielsweise für Kantinengeschirr. Die Fabriken waren auch nicht sonderlich kriegsgeschädigt, da die Front in Striegau [Strzegom] stehenblieb“, sagt Tomasz Nochowicz. Er ist Leiter des Waldenburger Porzellanmuseums, das sich in der Villa Alberti in der ulica 1-go Maja 9 befindet. In einem Vortrag in Breslau berichtete er darüber, wie es nach Kriegsende mit der Porzellanproduktion in Schlesien weiterging. So wurde zum Beispiel in der Krister-Porzellan-Manufaktur Waldenburg, die seit 1936 ins Eigentum des Rosenthal-Konzerns überging, bereits am 11. Mai 1945 die Arbeit unter polnischer Verwaltung wieder aufgenommen. Hergestellt wurde noch unter der Bodenmarke Krister mit dem Zusatz „Made in Poland“.

Seit 1953 stellte die nun staatliche Fabrik unter der Marke „Krzysztof“ und später zeitweise unter „Wawel“ her. Die Waldenburger Porzellanfabrik Tielsch, die 1932 mit dem Unternehmen Hutschnreuther fusionierte, produzierte nach dem Krieg bis 1952 unter dem Namen „Polska Fabryka Porcelany Tielsch“, danach unter der Marke „Wałbrzych“.

Man bediente sich natürlich der deutschen Formen und Dekore. „Auf der Glas-Messe 1947 in Gdingen [Gdynia] wurde beispielsweise ein Teller präsentiert, der die sogenannten wiedergewonnenen Gebiete zeigte, darauf eine Frau in niederschlesischer Tracht“, so Nochowicz.

Aber: Mit der Schließung der Fabrik „Krzysztof“ 2023 wurde die Porzellanproduktion in Waldenburg stillgelegt – eine Ära ging zu Ende.


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