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Wie Scholz die eigenen Kniffe auf die Füße fallen, und wie die FDP von seiner Flunkerei sogar profitiert
Was die Medien bloß für einen Aufstand machen um die Bundeswahlleiterin! Im Falle von Neuwahlen vor dem März sei möglicherweise nicht genügend Papier für die Stimmzettel aufzutreiben, hatte Ruth Brand verblüffend eindringlich gewarnt. Auch Berlins Landeswahlleiter Stephan Bröchler sieht große Probleme auf sich zukommen und hat dafür sogar einen ganz neuen Begriff geprägt. Bröchler warnt vor „Sofortismus“. Schönes Wort.
Dabei kann man die Sache, die da zum Vorschein kommt, auch völlig anders beurteilen. Ist es nicht respekteinflößend, wie tief die Parteien ihren Einfluss bis in die letzten Winkel des Staatsapparats ausdehnen konnten? Früher saßen auf solchen Posten wie dem eines Wahlleiters graue Beamte, die nichts mehr fürchteten als den Vorwurf der Parteilichkeit. Die Nachfolger dagegen machen genau das, was der Regierungspartei gerade in den Kram passt, und scheuen dabei nicht einmal die persönliche Blamage.
Im Ausland hält man sich den Bauch vor Lachen: Deutschland, dem Land der Bürokratie, das wie kaum ein anderes auch mitten im Zeitalter der Digitalisierung noch immer auf gedruckte Formulare und Faxgeräte setzt, geht das Amtspapier aus. Derweil stellen die Franzosen eine Neuwahl in kaum vier Wochen auf die Beine. Mit solchen Schenkelklopfern fliegen uns die Herzen der Welt zu!
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch findet das allerdings gar nicht witzig. Mit ihrer Kritik an der Bundeswahlleiterin gieße die Union „Wasser auf die Mühlen der Extremisten“, weil sie so helfe, staatliche Institutionen zu „delegitimieren“. Das hatten wir in dem Getöse ganz vergessen: Kritik an der Regierung und ihren Organen gilt ja neuerdings als „Delegitimierung des Staates“ und schreit nach dem Verfassungsschutz. Da sollte sich die Union mal in Acht nehmen.
Verständlicherweise haben die (Noch-)Regierenden und ihre einflussreichen Anhänger gar keine Lust auf die Neuwahlen am 23. Februar. Überhaupt scheint ihnen diese regelmäßige Einmischung des Volkes in die Politik auch ganz grundsätzlich auf den Senkel zu gehen. Als die Grünen noch in der Opposition schmorten, sahen sie das selbstverständlich anders und gaben sich hyperdemokratisch. Endlich so richtig an der Macht, haben sie jedoch einen gänzlich anderen Blick auf die Materie gewonnen, wie uns Anton Hofreiter freimütig offengelegt hat. Bei Markus Lanz forderte der Grünen-Politiker „eine gewisse Demut gegenüber dem, was eine Bundesregierung“ leiste.
Das Volk soll seinen Regierenden gefälligst „mehr Demut“ zeigen? Diese Forderung ist mit „vordemokratisch“ nur sehr oberflächlich charakterisiert. Genauer gesagt führt sie uns geradewegs zurück in die Zeit des Gottesgnadentums. Damals fühlten sich die Herrscher direkt von Gott auf ihre Throne bugsiert. Daher war Demut vor ihnen nichts anderes als der Respekt vor dem Ratschluss des Allmächtigen. Und nur ein gottloser Schuft konnte dem Höchsten widersprechen wollen, oder?
Dann kamen die Patrioten, Demokraten und Liberalen und kippten alles um. Fortan war nicht mehr Gott, sondern das Volk der Ursprung allen Herrschaftsanspruchs, und ihm hatten die Regierenden Respekt zu zollen, nicht umgekehrt. Doch so, wie die Erde eine Kugel ist, kommt man offenbar – wenn man nur fortschrittlich genug fortschreitet – irgendwann wieder da an, wo man losmarschiert ist. In diesem Falle bei Anton Hofreiters neofeudalem Selbstmitleid.
Am schwersten hat es Olaf Scholz. Seine eingeübten Kniffe ziehen nicht mehr. Beim Ampel-Bruch fand der Kanzler seinen eigenen Auftritt noch ganz fabelhaft. Er hatte wieder mal allen gezeigt, wie schlau und seinen Gegnern haushoch überlegen er ist.
Er ist eben kein Helmut Schmidt
Scholz wollte den Trick von 1982 wiederholen und der FDP die Schuld an der Scheidung reindrücken – in Wahrheit hatte er den Coup lange vorher geplant und den Lindner kalt überrumpelt. Obendrein wollte sich Scholz noch gleich bis ins nächste Jahr durchtricksen, um mit der Bundestagswahl zeitlich hinter die Hamburg-Wahl zu kommen, wo die SPD recht gut abschneiden dürfte.
Leider hatte der Kanzler, ohne es zu merken, mit beiden Winkelzügen die Grenze zwischen wirklich schlau und „schweinchenschlau“ überschritten. Damit meint man Leute, die sich mit ihren Tricks am Ende selbst ausmanövrieren.
Erst einmal die Sache mit 1982: Damals gelang die Schuldzuschreibung an die FDP, weil SPD-Kanzler Helmut Schmidt über die Grenzen seiner Partei hinweg – trotz Koalitions-Chaos – immer noch hohes Ansehen genoss. Viele Unionsanhänger sprachen Anfang der 80er vom „richtigen Mann in der falschen Partei“. Daher hatten die Deutschen ordentlich Mitleid mit dem Hanseaten und grollten den liberalen „Königsmördern“.
Scholz dagegen ist bei der großen Mehrheit der Deutschen so beliebt wie ... lassen wir den Vergleich, wir wollen ja nicht persönlich werden. Somit geht die Mär vom gelben Dolchstoß nicht nur ins Leere, sie geht nach hinten los. Statt als üble Verräter stehen die Freidemokraten da wie reuige Sünder: Sie hätten den Höllenritt in Deutschlands Niedergang zwar drei Jahre lang mitgemacht und mit dem „Selbstbestimmungsgesetz“ sogar eigenen Unsinn der Summe des Unsinns hinzugefügt. Aber am Ende hätten sie wenigstens den Schneid gehabt, den Mist zu beenden. So dürfte es mancher Deutsche nur dank Scholzens Flunkerei sehen, und tatsächlich erholt sich die FDP laut Insa-Umfrage schon leicht.
Auch das mit dem elendig langen Hinauszögern der Neuwahlen ist schiefgegangen. Den Zeitplan konnten nicht einmal die SPD-Größen dem Volk erklären, also ließen sie ihn schnell fallen. Ein Auslöser fürs Einknicken mag die akute Finanznot gewesen sein, deretwegen man nun ein wenig Hilfe von der Union benötigt: Nur drei Werktage nach Ampel-Aus musste die Regierung nämlich um einen Nachtragshaushalt betteln, um 14 Milliarden Euro fürs Bürgergeld und die Förderung ihrer Energiewende herauszuhauen. Wie konnte das passieren? Das Jahr hat doch nur noch ein paar Wochen! Hatte man die Lücke nicht früher kommen sehen? Und ob man das hatte, nur wollten sie auch hier tricksen, indem sie den Deutschen viel zu niedrige Kosten vorgegaukelt haben, um die Lasten von Bürgergeld und „grüner Transformation“ kleinzuschminken. Ebenfalls in die Hose gegangen.
Indes: Was machen eigentlich Robert Habeck und Annalena Baerbock? Baerbock muss sich nach einer günstigeren Visagistin umsehen. Denn die 137.000 Euro jährlich, die der Steuerzahler für die Verschönerung der Außenministerin springen lassen musste, wird sie sich privat kaum leisten wollen.
Habeck blickt derweil voller Stolz auf seine „Leistungen“. Er habe dafür gesorgt, sagt er, dass die Strompreise nicht noch weiter gestiegen seien. Ähäm? Ach, Märchenbuch-Schreiber sind zu beneiden. Sie leben in einer viel schöneren Welt, zu der wir Durchschnittsbürger nie Zugang finden werden.