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Analyse

Ballonkrieg um Korea

Bodo Bost
04.07.2024

Die Lage auf der koreanischen Halbinsel ist so angespannt wie lange nicht. Pjöngjangs Machthaber Kim Jong-un hatte im Januar in einer Rede eine Verfassungsänderung angekündigt und damit den Süden provoziert. Wörtlich sagte der kommunistische Machthaber: „Wir wollen keinen Krieg, aber wir haben nicht die Absicht, ihn zu vermeiden.“ Kim will Südkorea durch eine Verfassungsänderung zum „Feind Nummer eins“ erklären, da er zu dem Schluss gekommen sei, dass eine Wiedervereinigung mit dem Süden nicht mehr möglich sei. Im Falle eines Krieges auf der koreanischen Halbinsel solle die Verfassung die Frage der „Besetzung“, „Rückeroberung“ und „Eingliederung“ des Südens in sein Territorium regeln.

Am 9. Juni kündigte Südkorea an, seine Propagandakampagnen über Lautsprecher in Richtung Norden wieder aufzunehmen; eine Praxis, die ab 2018 während der Entspannung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten eingestellt worden war. Diese Entscheidung folgte darauf, dass Nordkorea am 8. Juni, mehr als 300 mit Müll gefüllte Ballons in den Süden geschickt hatte, als Reaktion widerum darauf, dass südkoreanische Aktivisten einen weiteren Tag zuvor ein Dutzend Ballons mit anti-nordkoreanischer Propaganda gestartet hatten.

Psychologische Kriegsführung
Ballonaktionen in Richtung Norden gab es bereits in den frühen 2000er Jahren. Sie wurden von Dissidenten organisiert, die nach der schrecklichen Hungersnot in den 1990er Jahren, bei der schätzungsweise eine Million Menschen ums Leben kamen, aus dem Norden geflohen waren. Die damals lancierten politischen Flugblätter gegen die Diktatur werden heute durch anspruchsvollere Propagandamaterialien wie USB-Sticks mit K-Pop, Fernsehkomödien oder Werbeclips und so weiter ersetzt. Aber auch durch Tausende von Ein-Dollar-Scheinen – da man in Pjöngjang bestimmte Produkte in Dollar bezahlen kann.

Als Vergeltung schickt Nordkorea Hunderte von Luftschiffen in den Süden, die mit Müll und Tierexkrementen beschwert sind – laut Pjöngjang „ehrliche Geschenke“ im Austausch für südkoreanische Propagandamaterialien. Dies erzürnte die Behörden in Seoul, die ihre Grenzarmee in Alarmbereitschaft versetzten – und beschlossen, die Propagandakampagnen über Lautsprecher in Richtung Norden wieder aufzunehmen.

Die „psychologische Kriegsführung“ mit Lautsprechern geht auf die Zeit nach dem Koreakrieg in den 1950er Jahren zurück. An mehreren strategischen Punkten entlang der Grenze wurden riesige Lautsprecherwände errichtet, die regelmäßig politische Propaganda gegen die nordkoreanische Diktatur ertönen ließen. Auf der gegenüberliegenden Seite taten die Nordkoreaner das Gleiche mit patriotischen Reden, in denen sie den US-Imperialismus kritisierten. Im Jahr 2018 waren die Lautsprecher jedoch abgeschaltet worden.

Nun wird Seoul riesige Megaphone verwenden, um in der Nähe der entmilitarisierten Zone zwischen den beiden Staaten, die sich formell immer noch im Kriegszustand befinden, K-Pop zu spielen und Anti-Regime-Propaganda zu verbreiten. Das verärgerte Regime in Pjöngjang hat hingegen damit gedroht, die Lautsprecher mit Artillerie zu beschießen, wenn sie nicht ausgeschaltet werden.

So könnte der koreanische Ballonkrieg und die Wiederaufnahme der Lautsprecherpropaganda schnell der Auftakt zu einem heißen Konflikt werden.


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