08.07.2025

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Literatur

Liebeserklärung an die Bücher

Der Kölner Antiquar Klaus Willbrand und seine Kollegin Daria Razumovych haben Leselisten mit Werken erstellt, die man gelesen habe sollte

Ansgar Lange
08.07.2025

Es gibt sie noch, die guten Geschichten. Am 3. September berichtete die PAZ, wie ein älterer Kölner Antiquar mit Hilfe einer jungen Bekannten seine Buchhandlung rettete – und zwar dank Instagram und TikTok. Am 29. Januar dieses Jahres ist besagter Antiquar verstorben. Klaus Willbrand wurde 83 Jahre alt. Gemeinsam mit seiner jungen Kollegin Daria Razumovych hat er ein kleines Vermächtnis hinterlassen, und zwar zwischen zwei Buchdeckeln. Willbrand hat das Erscheinen seiner persönlichen Liebeserklärung an die Literatur nicht mehr erleben können.

Das schmale, im S. Fischer Verlag erschienene Büchlein versteht sich als Einladung an den Leser, sich mit Literatur auseinanderzusetzen. Aufgelockert wird das Werk dadurch, dass manche Passagen aus der Feder von Willbrand und manche aus der Feder seiner Co-Autorin stammen. Zunächst schildert Razumovych, wie sie den älteren Herrn, der vielen als „Bücherwurm“ galt und als solcher sicher auch bisweilen belächelt wurde, kennengelernt hat.

Willbrand hatte sein kleines Antiquariat im Weyertal im Dezember 2021 eröffnet. Im Laufe der Jahre gingen die Geschäfte immer schlechter. Corona versetzte dem Laden fast den Todesstoß. Bis der ältere Herr und die jüngere Dame auf die Idee kamen, mit Hilfe der sozialen Medien das Kulturgut Buch „an den Mann“ zu bringen. Und es funktionierte. Trotz des beträchtlichen Altersunterschieds einte die beiden die Liebe zur Literatur.

„Einfach Literatur“ ist für alle gedacht, die sich für die abwechslungsreiche Lebensgeschichte von Willbrand und für knappe und kundige Buchempfehlungen interessieren. Es gibt eine Leseliste zur Jugendliteratur sowie solche zur deutschsprachigen, angloamerikanischen und zur französischsprachigen Literatur. Auf wenigen Seiten porträtiert Willbrand Autoren und deren wichtigste Werke. Diese Listen verstehen sich nicht als ein strenger Kanon, sondern als eine Einladung, sich mit den Autoren auseinanderzusetzen.

Nebenbei plaudert der Antiquar über sein bewegtes Leben. Wie er vom Buchhandelslehrling zum Ersten Sortimenter bei Joseph Caspar Witsch aufstieg, wie er kein Autogramm von Günter Grass haben wollte, und wie er mit einer intellektuellen Rätselzeitschrift ungefähr eine Millionen D-Mark versenkte. Das liest sich alles sehr interessant und kurzweilig. Zwischen den Zeilen spürt man auch immer wieder etwas von dem Stolz, dass er sein Leben buchstäblich bis zum letzten Atemzug den Büchern gewidmet hat.

Klaus Willbrand/Daria Razumovych: „Einfach Literatur. Eine Einladung“, S. Fischer Verlag: Frankfurt am Main 2025, 224 Seiten,
22 Euro.


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