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Chemiebranche

BASF sieht sich zu hartem Sparkurs gezwungen

Das Unternehmen kritisiert am Standort Europa zu geringes Wachstum, zu hohe Energiekosten und Überregulierung

Hermann Müller
11.11.2022

Derzeit hagelt es für den gemessen am Umsatz mit Abstand größten Chemiekonzern der Welt vor allem Kritik und schlechte Nachrichten. In den vergangenen Monaten musste sich BASF anhören, es habe mit dem Einkauf von russischem Erdgas die Abhängigkeit von Russland verfestigt. Eher selten wird bei dieser Kritik darauf hingewiesen, dass der im internationalen Vergleich sehr günstige Preis für die russischen Gaslieferungen BASF geholfen hat, die Stellung als weltweiter Branchenprimus zu erringen. BASF ist in Deutschland immerhin der größte industrielle Gasverbraucher. Allein im Stammwerk in Ludwigshafen arbeiten rund 39.000 Menschen.

Aktuell steht das Unternehmen in der Kritik, weil es harte Sparmaßnahmen angekündigt hat, die vor allem das Stammwerk betreffen werden. Der Chemiekonzern plant, ab 2025 jährlich eine halbe Milliarde Euro einzusparen. Mehr als die Hälfte der Kosten sollen am Standort Ludwigshafen eingespart werden. Als Teil des Sparkurses sollen auch Arbeitsplätze wegfallen. Grund für diesen Weg ist laut BASF ein starker Gewinneinbruch im dritten Quartal. Nach Unternehmensangaben ist vor allem in Europa und besonders in Deutschland das Ergebnis schwächer ausgefallen als erwartet. Im dritten Quartal 2022 war der Gewinn des Chemiekonzerns um 28 Prozent eingebrochen. Wie BASF erklärte, sind seine europäischen Standorte von einer dreifachen Belastung aus schleppendem Wachstum, hohen Energiekosten und Überregulierung betroffen. „Diese herausfordernden Rahmenbedingungen in Europa gefährden die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Produzenten und zwingen uns, unsere Kostenstrukturen schnellstmöglich und auch dauerhaft anzupassen“, so der Vorstandsvorsitzende des Chemiekonzerns, Martin Brudermüller.

Die IGBCE hat Proteste angekündigt

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) hat unterdessen Proteste gegen die Kosteneinsparungen angekündigt. Der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis erklärte: „Tiefe Einschnitte an den heimischen Standorten anzukündigen, während Politik und Sozialpartner einen milliardenschweren Abwehrschirm aufspannen, ist ... instinkt- und respektlos.“ Der Bezirksleiter der IG BCE Ludwigshafen, Gunther Kollmus, räumte gegenüber dem Südwestrundfunk (SWR) ein, in Anbetracht der gesamtwirtschaftlichen Lage seien Sparpläne zu erwarten gewesen. „Aber dass es gleich ein 500-Millionen-dauerhaftes-Sparprogramm werden soll – das ist schon ein massives Kaliber.“

Fast zeitgleich zur Ankündigung des Sparprogramms wurden Pläne bekannt, denen zufolge der Konzern sein China-Engagement kräftig ausbauen will. Nur kurz vor Beginn der Corona-Pandemie hatte BASF im südchinesischen Zhanjiang ein neues riesiges Werk eingeweiht. Nach eigenen Angaben will BASF bis 2030 insgesamt zehn Milliarden Euro in seinen neuen, drittgrößten Standort in Südchina investieren. Trotz der aktuellen weltpolitischen Lage hält das Unternehmen an den Investitionsplänen in Fernost fest. Ins Bild passend, begleitet BASF-Chef Martin Brudermüller neben anderen Topmanagern deutscher Unternehmen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei dessen China-Besuch.

Reinhard Bütikofer, der für die Grünen im Europaparlament sitzt, kritisierte die China-Pläne des Chemieriesen besonders aggressiv. Bütikofer sagte, der BASF-Chef sei gemeinsam mit den Chefs von Siemens und Volkswagen Wortführer „einer Politik gegenüber China, die die bitteren Realitäten des Landes hinter den eigenen wirtschaftlichen Erfolg zurückstellt und gesamtwirtschaftliche sowie geostrategische Anliegen hintanstellt“. Gegenüber dem SWR führte der Grünen-Politiker weiter aus, er sehe den Aufbau eines zweiten Ludwigshafens in Südchina kritisch.

Expansion in China geplant

Noch vor dem Scholz-Besuch in China hatte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, einen völlig anderen Ton angeschlagen als Bütikofer. Politisch und wirtschaftlich sei eine Entkopplung von der Volksrepublik China „weder wünschenswert noch sinnvoll“, so der Manager.

Nur wenige Tage nach der Rückkehr aus China kamen Scholz und BASF-Chef Brudermüller erneut zusammen. Dabei stand ein Besuch des Kanzlers im BASF-Werk im südbrandenburgischen Schwarzheide auf dem Terminplan. Besichtigt wurde in der Lausitz die Baustelle für eine neue Produktion von Kathodenmaterialien. Trotz der angekündigten Sparpläne hält BASF am Aufbau einer Produktion für Batteriematerialien in Schwarzheide weiter fest. Anteil daran dürfte nicht zuletzt die Millionenförderung für das Batterieprojekt in der Lausitz durch die öffentliche Hand haben. Bereits 2020 hatte der Chemiekonzern für das Projekt einen Förderbescheid in Höhe von 175 Millionen Euro erhalten.


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