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Während der Wohnungsbau darniederliegt, gönnt sich die Politik in Berlin milliardenteure Projekte
Wie schon in den Vorjahren hat die Bundesregierung auch 2023 ihr Wohnungsbauziel drastisch verfehlt. Gebaut wurden statt der angekündigten 400.000 neuen Wohnungen gerade einmal 294.000. Immobilienexperten rechnen damit, dass trotz hoher Nachfrage auch in diesem und den kommenden Jahren zu wenig Wohnungen und vor allem viel zu wenig Sozialwohnungen entstehen werden.
In aufreizendem Kontrast zur bundesweiten Flaute im Wohnungsbau stehen die Bauaktivitäten des Bundes in eigener Sache. Trotz klammer Kassen herrscht in Berlins Regierungsviertel ein regelrechter Bauboom. Die diversen Projekte des Bundes spielten auch im Haushaltsstreit der mittlerweile geplatzten Ampelkoalition immer wieder eine Rolle.
Der von Olaf Scholz als Finanzminister gefeuerte Christian Lindner hatte im Fall seines eigenen Ministeriums an der Berliner Wilhelmstraße erklärt, dass er einen geplanten Erweiterungsbau für verzichtbar halte. Die Planung für das Projekt hatte noch Scholz im Jahr 2019 während seiner Amtszeit als Finanzminister in Auftrag gegeben. Das Gebäude sollte zwischen 600 und 800 Millionen Euro kosten und ab 2025 gebaut werden. In diesem einen Fall konnte Lindner einen Verzicht durchsetzen, eine Reihe anderer Projekte konnte er nicht mehr stoppen.
Geld spielt offenbar keine Rolle
Beim größten Bauvorhaben des Bundes, der Erweiterung des Kanzleramts, setzte sich Scholz durch. Im Stil der Basta-Ansagen seines Parteigenossen Gerhard Schröder erklärte der Kanzler im März: „Wir haben Entscheidungen getroffen schon in der letzten Legislaturperiode, und die entsprechenden Abarbeitungsschritte sind im Gange, wie man ja sehen kann, wenn man sich umguckt.“
Bei den inzwischen angelaufenen Bauarbeiten für die Erweiterung des Kanzleramts entsteht gegenüber der bereits bestehenden Regierungszentrale auf der anderen Seite der Spree ein Neubau für nochmals 400 Beschäftigte. Mit dem bogenförmigen Neubau samt einem Hubschrauberlandeplatz wird sich die Fläche des Kanzleramts von 25.000 auf 50.000 Quadratmeter vergrößern.
Laut einer Schätzung vom vergangenen Herbst wird der Sandsteinbau an der Spree etwa 777 Millionen Euro kosten, ursprünglich hatten die Planer mit 485 Millionen kalkuliert. Beobachter halten es für möglich, dass der Bau bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2028 auch gut eine Milliarde Euro verschlingen könnte. Neben dem geschassten Finanzminister hatte auch der Bund der Steuerzahler vergeblich einen Verzicht auf den Erweiterungsbau gefordert. Vom Bundesrechnungshof kamen zudem Nachfragen hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit und einer möglichen Kostenexplosion des Projekts.
Solche Fragen drängen sich auch bei einem vorübergehenden Ausweichquartier für das Bundespräsidialamt auf. Dieses soll 205 Millionen Euro kosten, aber lediglich für fünf Jahre als Unterkunft für das Staatsoberhaupt und seine Mitarbeiter dienen. Während dieser Zeit soll der eigentliche Amtssitz der Bundespräsidenten, das Schloss Bellevue, renoviert werden. Die Kosten für die Komplettsanierung des Schlosses werden mittlerweile auf einen Betrag zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro taxiert. Obwohl der Bund in Berlin über 276.000 Quadratmeter Büroflächen verfügt, hält der Bund an der Idee fest, extra ein Ausweichquartier neu zu bauen.
Der Bundestag, das Umweltministerium, das Auswärtige Amt und das Innenministerium sollen ebenfalls Neu- und Ergänzungsbauten erhalten. Allein für den Bundestag sind für die Neubauvorhaben Elisabeth-Selbert-Haus, Besucherzentrum und Sicherheitsgraben im aktuellen Haushalt 328 Millionen Euro angesetzt.
Kleinerer Bundestag – mehr Platz
Bei der Erweiterung des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses des Bundestags haben sich seit dem Baubeginn im Jahr 2010 die Kosten von ursprünglich 190 Millionen Euro auf mittlerweile rund 366 Millionen Euro fast verdoppelt. Immerhin ist bei dem Pannenprojekt nun absehbar, dass es der Bundestag bald nutzen kann. Auch bei der Sanierung der ehemaligen US-Botschaft in der Neustädtischen Kirchstraße, die sich heute im Besitz des Bundes befindet, ist mit einer Verdoppelung der Kosten von ursprünglich rund 50,6 Millionen Euro auf etwa 100 Millionen zu rechnen. Die Übergabe an den Bundestag ist für 2027 geplant.
Ungeachtet der Diskussion um eine Verkleinerung des Parlaments soll der Bundestag im Gebiet zwischen dem Bahnhof Friedrichstraße, dem Schiffbauerdamm, der Luisenstraße und der Stadtbahntrasse mit dem Luisenblock-Ost überdies weitere Büros und Tagungsräume erhalten. „Risikokosten mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit“ eingerechnet, könnten sich die Kosten dieses geplanten Baus am Ende auf 890 Millionen Euro belaufen.
Schließlich ist auch noch beim Bundesrat ein Anbau geplant, der von den Haushältern des Bundestags derzeit mit 132 Millionen Euro kalkuliert wird.