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Städtebau

Berlins ältester Platz kehrt zurück

Der Molkenmarkt im historischen Herzen der Hauptstadt soll neu bebaut werden

Hermann Müller
01.09.2023

Zum Ende des Jahrzehnts wird die deutsche Hauptstadt Berlin um einen weiteren Anziehungspunkt reicher sein. Direkt neben dem Roten Rathaus wird der älteste Platz Berlins, der Molkenmarkt, neu gestaltet und wiederbebaut. Mit 800 Jahren Siedlungsgeschichte gilt der Molkenmarkt als ältester Platz der Stadt und als Wiege Berlins.

Nach Zerstörungen der Bebauung im Zweiten Weltkrieg wurde der Markt zu DDR-Zeiten in eine sechsspurige Verkehrsschneise mit vielen Parkplätzen und Autokreuzungen umgewandelt. Erste Planungen zur Wiederbebauung des Areals hatte in den 1990er Jahren der damalige Senatsbaudirektor Hans Stimmann mit dem „Planwerk Innenstadt“ auf den Weg gebracht. Jahrzehnte später hat das Projekt nun eine entscheidende Hürde genommen.

Am 22. August hat der Berliner Senat einen Rahmenplan für die Wiederbebauung des Areals beschlossen. Wie Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) erläuterte, soll zwischen Nikolaiviertel, Rathauspassage, Altem Stadthaus und Littenstraße ein neues Stadtviertel mit 450 Wohnungen entstehen. Erste Häuser sollen bereits 2028 fertig sein.

Gestaltung jahrelang umstritten
Zum Zuge kommen vorwiegend die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Degewo und WBM. Diese sollen ein breit gefächertes Wohnungsangebot „für die unterschiedlichsten Lebensmodelle aller Alters- und Sozialstrukturen“ schaffen. Zudem soll die Hälfte der Wohnungen „mietpreisgedämpft“ angeboten werden, um am Molkenmarkt „eine soziale Mischung“ zu ermöglichen. Von den Grünen im Abgeordnetenhaus kam dennoch scharfe Kritik. „Am Molkenmarkt droht ein weiteres Luxusquartier ohne bezahlbare Wohnungen“, so der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Julian Schwarze.

Geplant ist laut Senator Gaebler keine historische Rekonstruktion, „sondern eher eine aktuelle Interpretation“. Dies als einen Sieg der Modernisten im jahrelang geführten Streit um die Gestaltung des Ortes zu deuten, wäre allerdings verfrüht. „Das Quartier soll historische Bezüge aufweisen“, so Gaebler weiter: „Wir werden sicher kein Stadtquartier aus dem 13. Jahrhundert rekonstruieren, aber das wird auch kein supermodernes Quartier à la Frankfurter Bankenviertel.“

Der Rahmenplan gibt als Vorgabe für Städtebauer und Architekten, sich rund um den Molkenmarkt an „vertrauten Typologien“ wie „Boulevard, Straße, Gasse, Platz oder Hof“ zu orientieren. Zudem wird in dem Plan zumindest zum Teil auch eine kleinteilige Bebauung gefordert. Auch die Gebäudehöhen des Quartiers sollen auf bestehende Nachbarbebauungen abgestimmt werden.

Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt – sie gilt als Anhängerin einer traditionellen Architektursprache – wird auf der Grundlage des Rahmenplans bis spätestens Ende kommenden Jahres ein „Gestaltungshandbuch“ erarbeiten. Das Handbuch soll dann als Grundlage für konkrete Realisierungswettbewerbe dienen. Resultat könnte dann ein Molkenmarkt-Viertel sein, dass weder hypermodern ist, noch eine Kopie des historischen Vorbilds. Abzuwarten bleibt, ob die beiden Lager der Modernisten und die Befürworter einer Rekonstruktion ihren Frieden schließen können.

Kleinteilige Bebauung geplant
Weitgehend festgelegt hat sich der Berliner Senat bereits für konkrete Nutzungen in Teilbereichen des neuen Stadtquartiers. Der unmittelbar vor dem Alten Stadthaus gelegene Block A soll zusammen mit dem bereits bestehenden Veranstaltungsorten „Alte Münze“ und „Podewil“ überwiegen kulturell genutzt werden. Block B, unmittelbar gegenüber Nikolaiviertel und Rotem Rathaus, wird vorrangig dem Wohnen dienen. Die Bebauung soll dabei die historischen Dachformen des Nikolaiviertels aufgreifen.

Für Block C, begrenzt durch Grunerstraße, Jüdenstraße, Klosterstraße und Parochialsstraße, ist eine gemischte Nutzung vorgesehen. Explizite Vorgaben für den Wiederaufbau des Jüdenhofs ist eine Orientierung an der kleinteiligen Bebauung der Vorkriegszeit. Noch nicht festlegen wollte sich der Senat bei Block D, den Bereich rund um die Ruine der Klosterkirche. Der Bereich soll nach den Vorstellungen des Senats zunächst als öffentliche Grünfläche und für Veranstaltungen genutzt werden. In diesem Bereich hatte einst auch das Graue Kloster, Berlins älteste Schule, gestanden.

Der von den Franziskanermönchen errichtete Bau war im Zweiten Weltkrieg bombardiert und 1950 auf Anordnung der SED schließlich beseitigt worden. Bereits seit Jahren setzt sich ein Förderverein dafür ein, auf den Fundamenten des ehemaligen Grauen Klosters wieder eine Schule zu errichten. Auch im Rahmenplan des Senats ist die Rede davon, dass langfristig in dem Areal unter starker „Rücksichtnahme auf das Baudenkmal Klosterkirchenruine“ langfristig ein Schulstandort entwickelt werden soll.


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Kommentare

Berlin 59 am 06.09.23, 09:02 Uhr

1987 wurde zur 750 Jahrfeier in Ostberlin das Nikolai -viertel mit der Nikolaikirche widererrichtet, einiges ganz gut, vieles aber recht billig. Wenn man jetzt also das Molkenviertel aufbaut sollte man auch gleich die Bausünden im Nikolaiviertel bereinigen. Ich denke da vor allen an die hässlichen Waschbetonfassaden der Wohnhäuser. Ging ja in Frankfurt/Main auch gegen den harten Widerstand der Modernisten. Vielleicht könnte man Block B und das Nikolaiviertel mit einer unterirdischen Passage verbinden.

Michael Holz am 01.09.23, 17:49 Uhr

„Am Molkenmarkt droht ein weiteres Luxusquartier ohne bezahlbare Wohnungen“
Die Antideutschen ärgern sich nur, dass keine Unterkünfte für ihre Klientel gebaut werden. Der Senat hat über 30 Jahre benötigt, überhaupt einen Plan aufzustellen. Nach meinen Lebenserfahrungen "könnte" so um 2093 der erste "Sozialmieter" einziehen, eher später oder gar nicht. Meine alte Heimatstadt hat mein Mitleid!

Kersti Wolnow am 01.09.23, 11:31 Uhr

Die Bombenwerfer und die DDR Genossen waren Brüder im Geiste, genau wie die Architekten der Nachkriegszeit und diejenigen, die gegen jeden traditionellen Wiederaufbau herumkreischen. Es geht allen gemeinsam um die Vernichtung der Kultur der Völker. Wenn man keine solche hatte, kann man solche Stadtviertel wie Manhatten errichten, solche aber in Shanghai und anderswo hinzupflanzen, ist eine Verspottung und Vernichtung der Kulturen.
Tradition ist nicht das Herumtragen von Asche, sondern die Übergabe des Feuers. Das sollte man den neomarxistischen Jacobinern entgegenschleudern.

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