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Gründer des „Berliner Tageblatts“ – Vor 100 Jahren starb der Berliner Zeitungskönig Rudolf Mosse

Bettina Müller
08.09.2020

Sieben Brüder auf einem alten Familienfoto. Alle lächeln freundlich, haken sich ein oder legen den Arm auf die Schulter des Nebenbruders. Und man ahnt, die müssen sich gut verstanden haben. Was man anhand des Fotos jedoch nicht wissen kann, ist, dass aus einem der gut gelaunten Herren einmal der größte Steuerzahler Berlins mit einem geschätzten Vermögen von 70 Millionen Reichsmark (Stand 1913) werden würde.

1865 zog Ulrike Mosse nach dem Tod ihres Ehemannes Markus Mosse von Grätz in der damaligen Provinz Posen nach Berlin. Der 1843 geborene Sohn Rudolf war schon fünf Jahre zuvor nach Berlin gegangen, um „etwas Ordentliches“ zu lernen. Er wurde Gehilfe in einem Sortimentsbuchhandel, seine sich daran anschließende Tätigkeit als Anzeigenakquisiteur wurde zum Schlüsselerlebnis: 1867 machte er sich selbstständig und gründete die „Annoncen-Expedition Rudolf Mosse“. Von da an gab es kein Halten mehr für den energiegeladenen Kaufmann. Sukzessive erwarb er die kompletten Anzeigenteile von fast 100 Zeitungen und Zeitschriften und revolutionierte die Sparte, indem er das Anzeigengeschäft zentralisierte und somit als Vermittler fungierte.

Mosse nutzte dabei vor allem auch die Aufbruchsstimmung nach der deutschen Reichsgründung von 1871, die sich auch in einem frischen Layout widerspiegeln sollte. Vorbei war es mit langweiligen Anzeigen in eintöniger Standardausführung. Neue Schrifttypen mussten her, originelle Rahmungen und witzige Layouts, von hauseigenen Zeichnern entworfen.

Dann legte Mosse noch einen drauf. Höchste Zeit für eine Tageszeitung, die auch den neuen Geist der extrem expandierenden jungen Reichshauptstadt verkörpern sollte, so dachte er sich, und im Januar 1872 erschien die erste Ausgabe des „Berliner Tageblatts“. Es entwickelte sich von einem reinen Anzeigenblatt zu einer der größten und einflussreichsten Zeitungen Berlins und erreichte in 1920er Jahren unter dem Chefredakteur Theodor Wolff, einem Cousin Mosses, eine Leserschaft von bis zu 250.000 Menschen. Bis 1933 alles vorbei war. Da war Rudolf Mosse jedoch längst tot. Am 8. September 1920 war er auf Schloss Schenkendorf bei Mittenwalde einem Herzinfarkt erlegen.

Der rührige Verleger, der zusammen mit seiner Ehefrau Ulrike auch als Wohltäter unterwegs war – so gründete er unter anderem in Berlin ein interkonfessionelles Waisenhaus –, ruht in einem Mausoleum aus rotem Granit auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee. Es ist verdientermaßen als Ehrengrabstätte der Stadt Berlin gekennzeichnet.


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