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Oscar-reife Vorstellung – Bradley Cooper in der Rolle des US-amerikanischen Dirigenten und Komponisten
Auf die verrückte Idee, statt „Freude, schöner Götterfunken“ den Chor in Beethovens 9. Sinfonie „Freiheit, schöner Götterfunken“ singen zu lassen, kann nur ein Amerikaner kommen. Als Leonard Bernstein Schillers Ode aus Anlass des Mauerfalls umdichtete und an Weihnachten 1989 in der West-Berliner Philharmonie sowie im Ost-Berliner Schauspielhaus mit Musikern der damaligen Besatzungsmächte dirigierte, war das ein Weltereignis. Es wäre eine passende Schlusspointe für das cineastische Bernstein-Portrait gewesen, das jetzt in ausgewählten Kinos zu sehen ist, ehe es vom 20. Dezember an auf Netflix verfügbar sein wird.
Doch bis zum Mauerfall kommt der „Maestro“ genannte Film nicht. Er deckt nur jene 32 Jahre im Leben des Dirigenten und Komponisten der „West Side Story“ ab, in denen er mit der chilenischen Schauspielerin Felicia Montealegre zusammen war. Bernsteins persönliche Love-Story beginnt dabei mit Schwarz-Weiß-Bildern, in denen der eigentlich homosexuelle Künstler 1946 dem Charme Montealegres auf einer Party erliegt und sie fünf Jahre später heiratet. Die späteren Jahre bis zum Krebstod seiner Frau 1978 erlebt man dagegen farbig mit.
Der Kontrast ist auch bildhaft für den Wechsel vom jugendlichen Bonvivant zum alternden Filou mit künstlichen Gesichtsfalten, die dem immerhin auch schon 48-jährigen Schauspieler Bradley Cooper ebenso prothetisch aufgesetzt wurden wie eine künstliche lange Nase.
Als das bekannt wurde, stand der Film sofort mit Rassismusvorwürfen unter Beschuss. Und dass der Christ Cooper einen Juden spielt, galt darüber hinaus in der „woken“ Welt als „kulturelle Aneignung“. Erst als sich Bernsteins Erben hinter den Film stellten, begannen sich die Wogen zu glätten, wobei dieser „Maestro“ jede Kritik der linken Sittenwächter im Keim erstickt. Cooper, der auch Regie führte und den man als verkatertes Mitglied der Junggesellenpartys aus den „Hangover“-Komödien kennt, steigert sich mit seiner verblüffenden äußerlichen Ähnlichkeit mit dem Musiker in ein intimes Charakter-Portrait hinein, das bis zur körperlichen Schmerzgrenze reicht, wenn er als kettenrauchender Bernstein in jeder Szene einen Glimmstängel in der Hand hält.
Von zu Tode betrübt bis himmelhoch jauchzend reichen dabei die Rauchzeichen. Erst wehrt dieser Bernstein vor seinen Kindern umständlich wortreich Gerüchte um seine homoerotischen Neigungen ab. Dann ist es, als feiere er seine eigene Auferstehung, wenn er als temperamentvoller Mahler-Interpret live das Finale der „Auferstehungssinfonie“ dirigiert. Hier ist ein Bernstein zu erleben, der mit seinen dunklen und bunten Seiten nie aus dem Takt gerät.