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Von rechts unterwandert – Mit einer ambitionierten TV-Miniserie blickt das Erste zurück auf die Geheimdienste der Adenauer-Zeit
Es sind Bilder, die unselige Zeiten beschwören: Die Kamera zielt mitten ins Gewoge einer Karnevalsfeier, hält auf Pappnasen und Partyhüte. Auf der Bühne reißt der erfolgreiche Baustoffhändler Gerd Schmidt (Juergen Maurer) zum donnernden Tusch des Orchesters den ausgestreckten rechten Arm hoch und brüllt aus voller Kehle dreifach „Alaaf“. Die Menge im Saal grölt frenetisch zurück: „Alaaf!“
Eine Szene, die wohl nicht von ungefähr an die Demagogie eines Joseph Goebbels erinnern soll – eine Szene mit Symbolwert. Das Gedankengut des Dritten Reichs wird in der jungen Bonner Republik in vielen Kreisen nur oberflächlich maskiert. Die Nürnberger Prozesse sind abgeschlossen, aber ehemalige ranghohe Nationalsozialisten finden sich an wichtigen Schaltstellen wieder, nicht zuletzt als Berater im Bundeskanzleramt.
Der aufwendig inszenierte Sechsteiler „Bonn – alte Freunde, neue Feinde“ (läuft am 17., 18., und 24. Januar, jeweils zwei Folgen ab 20.15 Uhr im Ersten) spielt im Jahr 1954. In einer Mischung aus Agententhriller und Familiendrama wird der Machtkampf zwischen aufklärenden und rückwärtsgewandten Kräften erzählt. Die wichtigsten Protagonisten existierten tatsächlich. Auf der einen Seite ist der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz Otto John (Sebastian Blomberg), beraten von seiner jüdischen Ehefrau Lucie (Inga Busch). John gehörte zu den Widerstandskämpfern des 20. Juni, sein Bruder wurde hingerichtet. Nach dem Krieg konzentrierte er sich auf die Ergreifung verkappter oder flüchtiger NS-Funktionäre.
Auf der Gegenseite steht der undurchsichtige Reinhard Gehlen (Martin Wuttke), ehemals Generalmajor der Wehrmacht, Leiter der Abteilung „Fremde Heere Ost“ und jetzt mit Unterstützung der US-Besatzungsmacht Chef der „Organisation Gehlen“, einem Geheimdienst.
Wie so viele in der jungen Bonner Republik unter Kanzler Konrad Adenauer pflegt auch Gehlen alte Seilschaften. So deckt er etwa den gesuchten Kriegsverbrecher Alois Brunner (Andrè Eisermann), ebenfalls eine real existierende Figur. Der SS-Hauptsturmführer war als enger Vertrauter Adolf Eichmanns verantwortlich für die Deportation Tausender von Juden. Nach Kriegsende tarnte er sich als Lkw-Fahrer oder Bergmann.
Das spätere Schicksal von John wie Gehlen ist in den Geschichtsbüchern nachzulesen: John war von 1950 bis 1954 der erste Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. 1954 tauchte er plötzlich in der DDR auf, behauptete, vom KGB verschleppt worden zu sein. Nach seiner Rückkehr in den Westen wurde er wegen Landesverrats zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt und kämpfte vergeblich um seine Rehabilitation. Gehlen wiederum übernahm 1956 den neu gegründeten Bundesnachrichtendienst, den er bis 1968 leitete. Brunner, Jahrgang 1912, wurde nie gefasst und im Juli 2022 für tot erklärt.
Eine Mata Hari im Schrank
Chefautorin und Regisseurin Claudia Garde inszeniert den Grabenkrieg zwischen den Geheimdiensten als Schurkenstück, in dem die eine Partei der anderen immer um eine Nasenlänge voraus ist.
Zwischen den Fronten agiert der Spezialagent des Verfassungsschutzes Wolfgang Berns (Max Riemelt), der den flüchtigen SS-Mann Brunner in einem persönlichen Rachefeldzug aufspüren will und gleichzeitig auf der Jagd nach geheimen Fluchtrouten von NS-Schergen ist. Die Hatz auf Brunner, die dramatische Wendung während des Aufeinandertreffens, gehört zu den Höhepunkten der Serie.
Ebenfalls zwischen den Fronten laviert Antonia „Toni“ Schmidt (Mercedes Müller), eine ehrgeizige junge Frau, die von ihrem Vater ins Vorzimmer von Gehlen empfohlen wird. Dort wird sie zunächst als Fremdsprachen-Sekretärin arbeiten, um später in Mata-Hari-Manier geheime Kassiber aufzuspüren und – versteckt im Schrank – den Machenschaften Gehlens zu lauschen.
Dessen Taktik ist bei aller Geheimhaltung klar: Der Feind der jungen Republik steht in Russland, eine Wiedervereinigung ist in jener Zeit des Kalten Krieges politisch unerwünscht. Im Gegenteil: Heimlich wird unter dem Decknamen „Scipio“ eine Untergrundarmee aufgestellt, die den Kommunisten bei einem möglichen Angriff entgegentreten soll.
Krieg der Spione plus Jagd auf Alt-Nazis, verdrängte Schuld plus fatale Liebe: Diese komplexe Konfliktlage wird noch durch zahlreiche Nebenschauplätze verdichtet. Fast schon erwartbar ist die Romanze zwischen der schönen Vorzimmer-Spionin und dem einsamen Rächer Wolfgang Berns. Genauso erwartbar ist Tonis geplatzte Verlobung mit einem Fernsehhändler, in dessen blitzenden Schaufenstern sich das aufstrebende Wirtschaftswunder spiegelt. Fast schon zu viel sind auch die mehrfachen Rückblenden in die Schützengräben des vergangenen Krieges, wo Stefan, der Stiefsohn des Baustoffhändlers, in einem Erdloch kauert und später als Deserteur erschossen wird.
Das Schicksal des getöteten Stiefsohnes, der einer früheren Liebe von Schmidts Ehefrau Else (Katharina Marie Schubert) entstammt, liegt wie eine zentnerschwere Last auf dem Ehepaar. Zumal der tragische Tod des jungen Soldaten mit einem dunklen Geheimnis verwoben ist.
Der dramatisch zugespitzte Rückblick auf die Anfangsjahre der Bundesrepublik gehört mit seiner kühnen Verbindung aus Fiktion und Zeitgeschichte fraglos zu den herausragenden Produktionen des neuen Fernsehjahres. Im Anschluss an den ersten Teil sendet die ARD um 21.45 Uhr eine Dokumentation zum Thema „Alte Freunde, neue Feinde“.
Yritä Arvata am 22.01.23, 04:09 Uhr
Wieso fällt es so vielen von euch so schwer, einzusehen und vor allem einzugestehen, dass der zweite Weltkrieg und der Holocaust die größten Verbrechen der bisherigen Menschheitsgeschichte waren?
sitra achra am 17.01.23, 12:39 Uhr
Diese degenerierte undeutsche Nachkriegsgesellschaft ist auf regressive Weise auf die Zeit des Dritten Reiches fixiert, um ihre scheinbare moralische Überlegenheit auszuspielen.
In diesem Sinne ist diese Fernsehserie eine billige, trashige Politsoap, die höchstens einen zweifelhaften Unterhaltungswert aufweist, aber keinerlei Anspruch auf politische Belehrung bietet.
Ich schau mir diesen widerlichen manipulativen Mist nicht an.
Kersti Wolnow am 14.01.23, 10:53 Uhr
Meine Oma pflegte zu sagen "Schlechter Vogel beschmutzt das Nest". Solche Propagandasendungen samt zu erwartender Geschichtsfälschung habe ich mir auch in der DDR nicht angesehen. Laut Geheimdikumenten werden wir mit der Lüge bis 2099 leben müssen. warum müssen wir das?warum hinterfragen weder Politik noch Medien diese Ungeheuerlichkeit?