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Denkmal bei Stettin – Carl-Friedrich Meyer wieder auf seinen Platz auf dem Heiligen Berg zurückgekehrt
Der Iserbach hat einst viel Mühe aufwenden müssen, um in der Hügelwelt der Stettiner Buchheide seinen Weg zu finden. Unter der Autobahn A 6 hindurch kommt er schließlich vor Podejuch in kleinen Rückhalteteichen endlich zur Ruhe, setzt seinen Lauf dann aber bis zur Mündung in der Großen Reglitz fort.
Eine der Waldeshöhen, die dem Bächlein sozusagen im Weg steht, heißt Heiliger Berg. Auf diesem 105 Meter hohen Geländerücken wacht ein Denkmal, das an jene Person erinnert, der die Buchheide ihren Ruf als Ausflugslandschaft verdankt: Carl Friedrich Meyer, seines Zeichens Stettiner Gymnasialprofessor, Geograph und viele Jahre Vorsitzender im Ehrenamt des am 3. Mai 1889 von ihm mit initiierten Buchheide-Vereins.
Meyer wurde 1840 in Quedlinburg im nördlichen Harzvorland geboren. Er studierte in Halle/Saale Geschichte und Geografie und trat danach an der Stettiner Friedrich-Wilhelm-Schule seinen Dienst als Lehrer an. Dieser Schule hielt er zeitlebens die Treue.
Buchheide-Verein setzte Maßstäbe
Die Gründerzeit hatte Stettin einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung beschert, wovon auch das gesellschaftliche Leben und die Freizeitkultur partizipierten. Es entwickelte sich ein vor allem vom Bildungsbürgertum getragenes, lebhaftes Kultur- und Naturbewusstsein unter den Großstädtern. Sodann wurde der Wunsch laut, die urwüchsige Stettiner Umgebung, so vor allem das riesige Waldgebiet der Buchheide, für Ausflüge und Naturerkundungen nutzbar zu machen.
Der Gemeinnützige Verein Finkenwalde und der Verschönerungsverein Podejuch hatten zwar einige Vorarbeit geleistet, ein richtiger Schub setzte aber ein, als der Buchheide-Verein mit seinem rastlosen Vorsitzenden die Initiative ergriff. Meyer entwarf ein Wegesystem, beschrieb Sehenswürdigkeit, landschaftsgeschichtliche Besonderheiten, Aussichtspunkte, ließ Quellen freilegen und einfassen, vermaß das damals noch unwegsame Waldterrain nach Weite, Höhe und Tiefe und erstellte eine erste Wanderkarte. Er verstand es durch seine gewinnende Art auch die Forstpartie, die anfangs Bedenken ob des zu erwartenden Zulaufs hegte, zu gewinnen.
Die Städter, Stettin schickte sich damals an, die 200.000-Einwohner-Grenze zu überschreiten, zog es alsbald in Scharen in die Buchheide, um in frischer Waldluft Erbauung zu finden. Restaurants und Cafés luden zu Speis, Trank und Geselligkeit ein. Um dem Ausflügleransturm Herr zu werden, verkehrte die Bahn an Sonntagen zwölfmal von Stettin nach Finkenwalde und zurück. Zehnmal war Podejuch per Schiene zu erreichen.
Als Meyer 1904 starb, hatte sich das Waldgebiet zum über die Grenzen Pommerns hinaus bekannten Erholungsgebiet gemausert. Sein Nachfolger an der Vereinsspitze, Justizrat Grützmacher, führte das Vermächtnis des Verstorbenen schließlich über viele Jahre fort. 1905, ein Jahr nach dem Tod des „Buchheide-Meyers“, wie man ihn in Achtung vor seinem Wirken nannte, setzte man ihm ein Denkmal auf der Höhe oberhalb des Iserbachs. Der prominente Stettiner Bildhauer Ludwig Manzel schuf dafür ein Porträtrelief des Geehrten. Auch zierte eine Tafel mit dem Weihetext das Denkmal.
Manzel schuf einst die Relieftafel
Nach dem Zweiten Weltkrieg sank die Erinnerungsstätte jedoch in Trümmer. Und so gerieten Meyer und seine Lebensleistung in Vergessenheit. Dann aber geschah so etwas wie ein Wunder. Es gibt in Stettin einen Mann, der mit leidenschaftlichem Engagement nach geschichtlichen Zeugnissen auch aus deutscher Zeit sucht und Wissen darüber sammelt, um es für Gegenwart und Zukunft zu bewahren. Er heißt Marek Luczak.
Der Kriminalbeamte und promovierte Historiker, zu dessen dienstlichen Aufgaben es gehört, gestohlene Kunstgüter aufzuspüren, ist zudem Vorsitzender der 2005 gegründeten Pommerschen Historischen Gesellschaft. Luczak entdeckte eines Tages auf dem Heiligen Berg Findlingsgestein, das einem Denkmal zu entstammen schien. Er ordnete die Reste mit seinen Mitstreitern, recherchierte und staunte nicht schlecht, weil sich der Fund als Erinnerungsmal für eine Stettiner Persönlichkeit entpuppte, eben Carl Friedrich Meyer. Mit seinen Vereinsfreunden und anderen Helfern errichtete Luczak das Denkmal nach alten Vorlagen schließlich neu. Seit Mai 2023 erhebt es sich wieder auf dem Hügelkamm. Über die Rettungsaktionen an diesem wie an anderen Denkmälern und Grabsteinen hat Luczak mehrere Bücher auch in deutscher Sprache geschrieben.
Urenkel Meyers freudig überrascht
Karl Friedrich und Elisabeth Gründler suchten seit Jahren erfolglos nach Spuren ihrer Stettiner Vorfahren, darunter einen Urgroßvater mit dem Namen Carl-Friedrich Meyer, bekannt als „Buchheide-Meyer“. Irgendwann entdeckte Elisabeth Gründler einen Wikipedia-Eintrag über jemand, der den Namen ihres Urgroßvaters trug. Ein Link führte sie zu einem Artikel in der „Gazeta Wyborcza“, der die Wiedererrichtung eines Denkmals für einen gewissen Carl Friedrich Meyer durch Marek Luczak und seine Freunde zum Thema hatte. Ihr gelang es, Kontakt zum Stettiner aufzunehmen, und daraus ergab sich die perfekte Überraschung. Bei dem Denkmal handelte es sich tatsächlich um das des Urgroßvaters.
Beide Seiten vereinbarten ein Treffen vor Ort, und so kam es unlängst zu einer herzlichen Begegnung zwischen Karl Friedrich und Elisabeth Gründler sowie Luczak und seinen Helfern auf dem Heiligen Berg bei Podejuch. Ein Moment, der bei allen Ergriffenheit auslöste.
Elisabeth Gründler sagte: „Wir sind überwältigt davon, dass es heute in Polen Menschen gibt, die sich des deutschen Erbes annehmen und es würdigen. Marek Luczak und seine Mitstreiter leisten Großartiges.“