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In Stettin ausgebildete deutsche Nachwuchsmediziner erhalten in Brandenburg keine Zulassung
Brandenburg sucht händeringend Ärzte für den ländlichen Raum. Trotzdem müssen angehende Mediziner wegen eines Streits um die Auslegung einer EU-Richtlinie seit Monaten auf ihre Approbation warten.
Betroffen sind Deutsche, die im vergangenen Jahr an der Pommerschen Medizinischen Universität in Stettin erfolgreich ein fünfjähriges Studium absolviert haben. Die Hochschule in der pommerschen Metropole bietet bereits seit mehr als 20 Jahren ein englischsprachiges Medizinstudium an. Seit 2013 kooperieren zudem der Asklepios-Konzern und die Stettiner Universität bei der Ärzteausbildung. Die Teilnehmer des sogenannten Asklepios-Studiengangs absolvieren den theoretischen Teil ihrer Ausbildung in Stettin. Die praktische Erfahrung erwerben die Medizinstudenten in Asklepios-Kliniken, etwa in Pasewalk oder Schwedt.
Beim Start schien dieses Kooperationsmodell für alle Beteiligten nur Vorteile zu bringen: Der große Klinikbetreiber sichert sich Nachwuchsmediziner, die Universität profitiert wiederum von den Studiengebühren. Da in Stettin kein Numerus Clausus gilt, bietet die Ausbildung in der Stadt an der Odermündung auch Abiturienten ohne Einser-Zeugnis die Möglichkeit, ohne Wartezeit ein Medizinstudium aufzunehmen. Doch der Zusammenarbeit droht ein jähes Ende. Derzeit steht die Warnung im Raum, dass Asklepios aus der Kooperation zur Ärzteausbildung wieder aussteigt.
Kooperation mit Asklepios
Hintergrund ist ein mittlerweile monatelanger Streit. Da die Studienabschlüsse an keiner bundesdeutschen Universität erworben wurden, erfolgt die Zulassung auf Grundlage einer EU-Richtlinie zur grenzüberschreitenden Anerkennung von Berufsabschlüssen. Die Richtlinie sieht vor, dass die einzelnen EU-Länder die Anforderungen benennen, die ein angehender Mediziner bei ihnen zur Approbation erfüllen muss. Werden die geforderten Nachweise in einem anderen EU-Land vorgelegt, dann muss der Bewerber auch dort als Arzt anerkannt werden.
Zum Pech für die deutschen Medizinstudenten, die im vergangenen Sommer ihre Ausbildung in Stettin beendeten, haben die polnischen Behörden im April 2019 aber ihre Anforderungen um zusätzliche Qualifikationen ergänzt: Seitdem muss zum Uni-Diplom auch noch eine Bescheinigung über ein 13-monatiges Praktikum und das Bestehen einer mündlichen Prüfung zum Medizinrecht nachgewiesen werden.
Einige Kommentatoren sehen dahinter vor allem das Bemühen der polnischen Gesundheitsbehörden, die eigenen, frisch ausgebildeten Mediziner zumindest für einige Zeit im Lande halten zu können. Das polnische Gesundheitssystem ist chronisch unterfinanziert und leidet unter akutem Ärztemangel. Wegen besserer Arbeitsbedingungen schauen sich gerade junge polnische Mediziner häufig nach einem Arbeitsplatz im Ausland um. Profitiert hat von dieser Entwicklung auch Brandenburg: Jeder siebte Arzt in der Mark stammt mittlerweile aus dem Ausland. Die größte Gruppe stellen polnische Mediziner.
Umso bizarrer wirkt der Fall der deutschen Nachwuchsmediziner, denen seit Monaten die Approbation verwehrt wird. Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher wies im Gesundheitsausschuss des Landtags Vorwürfe zurück, das Land lege Regelungen zu eng aus und verhindere damit die Zulassung von Ärzten. Die Grüne verwies unter anderem darauf, dass ihr Ministerium die polnischen Gesundheitsbehörden gebeten habe, ihre Zulassungsregelung zu präzisieren.
Laut Ulrich Gnauck, dem Geschäftsführer des Asklepios-Klinikums Uckermark, hat das Gesundheitsministerium in Warschau bereits vor Monaten schriftlich bestätigt, dass Praktikum und Medizinrechtsprüfung nur verlangt würden, wenn die Mediziner tatsächlich auch in Polen arbeiten möchten. Offenbar ohne schnellen Erfolg hat inzwischen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei seinem Besuch in Warschau das Thema Zulassungsregelung bei seinem Amtskollegen Lukasz Szumowski angesprochen.
Ministerin will nicht schuld sein
Gerade Brandenburg ist auf Nachwuchsmediziner dringend angewiesen: Bundesweit hat die Mark die geringste Ärztedichte. In keinem anderen Bundesland betreuen die niedergelassenen Ärzte so viele Patienten wie in Brandenburg. Wie dünn die Personaldecke im Land ist, macht ein Vorgang aus dem Landkreis Märkisch-Oderland deutlich. Dort bleiben die Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe und auch der Kreißsaal für zweieinhalb Wochen komplett geschlossen, weil der einzige vorhandene Facharzt der Gynäkologie seinen Resturlaub nehmen muss. Auch andere Geburtenstationen in brandenburgischen Krankenhäusern mussten in den vergangenen Jahren schon vorübergehend geschlossen werden, weil Ärzte oder Hebammen gefehlt haben.