19.04.2024

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Ukrainekrieg

Dänemark eröffnet Fluchtmuseum in einstigem deutschen Vertriebenenlager

Am 25. Juni sollen Königin Margrethe II. und Vizekanzler Robert Habeck das „FLUGT – Refugee Museum of Denmark“ im Ort Oksbøl an der Westküste Dänemarks einweihen

Bodo Bost
12.06.2022

Zwischen dem 11. Februar, als Hitler der Marine den Befehl erteilt hatte, möglichst viele Heimatvertriebene aus Ostpreußen und Pommern über die Ostsee zu retten, und dem 5. Mai 1945 nahm das von Deutschen besetzte Dänemark rund 300.000 deutsche Vertriebene aus dem Osten auf, es waren wie jetzt aus der Ukraine, größtenteils Frauen, alte Menschen und Kinder. Sie wurden in etwa 20 bis 30 Barackenlagern über das ganz Land verteilt. Eigentlich sollte die Aufnahme nur vorübergehend sein. Aber für die allermeisten deutschen Vertriebenen wurde es ein Aufenthalt von bis zu vier Jahren.

Als Dänemark nach dem 8. Mai 1945 wieder seine Souveränität erhielt, wurden die Lager zwar mit Stacheldraht umgeben, aber die Dänen versorgten sie weiter und unterhielten dort Schulen, Krankenhäuser, Kirchen und kulturelle Einrichtungen für die Vertriebenen. Eine Kaserne außerhalb des Ortes Oksbøl in Jütland wurde zum größten Flüchtlingslager auf dänischem Boden, es verwandelte die kleine Stationsstadt in wenigen Monaten zur viertgrößten Stadt Dänemarks. Das Lagergebiet an sich war vier Quadratkilometer groß.

Das Lager in Oksbøl war 1929 als dänisches Militärlager eingerichtet worden, mit dem Einmarsch der Wehrmacht im April 1940 kam es unter deutsche Kontrolle und wurde zum „Truppenübungsplatz Oxböl“ mit einem großen Militärlazarett. Als Militärlager hatte das Oksbøl-Lager eine Aufnahmefähigkeit von 15.000 Mann und Platz für 3600 Pferde.

Die ersten deutschen Ostvertriebenen kamen am 21. Februar 1945 nach Oksbøl, und am Ende der deutschen Besatzung Dänemarks, am 5. Mai 1945, waren etwa 10.000 Flüchtlinge im Lager einquartiert. Am Jahresende 1945 war Platz für weitere 20.000 Flüchtlinge geschaffen worden. Bis Februar 1949, als die letzten Deutschen Dänemark verließen, diente Oksbøl als Flüchtlingslager. Es wurde damit das am längsten existierende und zuletzt geschlossene von den vielen Flüchtlingsunterkünften.

Museum neben noch intaktem Lagerfriedhof

Als die letzten Deutschen 1949 das Lager verließen, blieb nur ein Friedhof mit 1800 Toten, viele davon Kleinkinder, im Ort zurück. Durch diesen Friedhof, der noch immer alljährlich von 20.000 Angehörigen besucht wird, ging die Geschichte des Ortes nicht verloren, auch wenn nach 1949 die meisten der Baracken abgerissen wurden. Nur einige Gebäude blieben erhalten. Heute hat der kleine Ort Oksbøl wieder 3000 Einwohner, wie vor 1940.

Um die Begegnung mit der Weltgeschichte in Jütland für die Nachwelt fruchtbar zu machen, wurde in den vergangenen Jahren direkt neben dem Vertriebenenfriedhof in den letzten Originalbaracken ein Museum mit dem Namen „Flugt“ (Flucht) eingerichtet, das nun offiziell eröffnet werden soll. Das dort behandelte Thema ist ein historisches und ein aktuelles zugleich.

Mit der Geschichte der deutschen Kriegsflüchtlinge als Ausgangspunkt wird das neue Museum das Thema Flucht aus einer breiteren historischen und internationalen Perspektive thematisieren. In dem Museum wird die unbekannte Geschichte des größten Flüchtlingsstroms erzählt, den Dänemark je erlebt hat. Zudem wird ebenfalls dokumentiert, dass die deutsche Bevölkerung auch Opfer des Krieges war und nicht nur Täter, wie es zumeist in Deutschland dargestellt wird. So Museumsleiter Claus Kjeld Jensen. Aber auch die Hintergründe und Begleitumstände der Vertreibung, darunter die „Gustloff“-Katastrophe, werden dokumentiert, ebenso wie die Flüchtlingsströme seit 1945 bis heute in der Ukraine. Da sich ganz in der Nähe eine Jugendherberge befindet, wird das Museum vor allem mit Schulkassen auch aus Deutschland zusammenarbeiten.

Die Gestaltung des Museums wurde vom Büro des Stararchitekten Bjarke Ingels entworfen, finanziert wird es von Deutschland und Dänemark. Königin Margrethe II. hatte bei ihrem letzten Staatsbesuch in Berlin auch die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung besucht, das nun auch Kooperationspartner der Museumsmacher in Oksbøl ist. Das Museum „Flugt“ ist ein Teil eines Museenverbundes. Hierzu gehören sieben Ausstellungstätten an der dänischen Nordsee: Das Museum TIRPITZ, das Museum „Frello“, das „Nymindegab Museum“, das „Varde Artillerimuseum“, das „Dit Museum Ølgod“, die „Hjedding Andelsmejeri“ und „Hodde Gamle Skole“. Wie es in manchen deutschen Städten Museenstraßen gibt, entsteht in Dänemark eine Museumsregion.


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Kommentare

Hein ten Hof am 20.06.22, 18:38 Uhr

Geschickter Gedanke, was würde es für einen Aufschrei geben, wenn diese Flüchtlings Verquickung mit einem Lager in der BRD geschähe.

Je nach Quelle werden 7 bis 10.000 Kinder aufgeführt, die man elendig hat verrecken lassen, einen anderen Ausdruck kenne ich nicht.
Mit untätiger Hilfe der Ärzte, wohlgemerkt.

Erstaunlich, dass das Rote kreuz nicht auftaucht oder durften die nicht.
Wobei zu bemerken ist, dass der Bericht anscheinend nur die Opfer für 1945 erwähnt.

Für diese geleistete Hilfe haben die Dänen der BRD eine Rechnung aufgemacht, Adenauer hat beglichen, so kann man allenthalben lesen.
Wäre interessant diese Rechnung mal zu veröffentlichen.
Wer sich darüber wundert warum Dänemark und Norwegen von der Wehrmacht besetzt wurden mag suchen nach dem Churchill Stalin Pakt.
Ach ja Norwegen, da hat man Kinder die aus Liebschaften zwischen Norwegerinnen und Deutschen Soldaten entsprungen sind ,nach dem Krieg in Irrenanstalten gesteckt, also lebendig begraben.
Ein weitläufiges Feld, des gäbe viel zu berichten.

sitra achra am 13.06.22, 10:53 Uhr

Leider ist es wahr, dass diese Flüchtlingslager eher als Dänen-Kzs fungierten, wo deutsche Flüchtlinge mit Hass und Ausrottung bedacht wurden.
Dies wird auch im heutigen Dänemark thematisiert, glücklicherweise. Die alliierten Hassgesänge hatten auch in unserem Nachbarland ihre Wirkung hinterlassen. Selbst im aktuellen Geschichtsunterricht an dänischen Schulen wird ein deutschenfeindliches Bild vermittelt, da soll man sich nichts schönreden.
In der Grenzregion hingegen leben Deutsche und Dänen friedlich zusammen, wie wunderbar!

H. Schinkel am 13.06.22, 02:19 Uhr

Wow. Bei diesem Artikel musste ich erstmal schlucken. Diese unkritische Art der Lobhudelei bin ich von der PAZ nicht gewöhnt.

Kein Wort davon das von 10 000 deutschen Kindern, die ohne Eltern ins Land gekommen sind, 7000 gestorben sind.
Z.T. weil dänische Ärzte sich geweigert haben diese zu versorgen, oder die Essensrationen wesentlich geringer waren als für Dänen, was ich sogar noch nachvollziehen kann.
Es gibt aber auch noch Vorwürfe von regelmäßiger und angeordneter Misshandlung der Kinder. Und nun gibt Deutschland Geld für ein Museum?? Warum?

Berlin 59 am 12.06.22, 20:41 Uhr

Immer wieder interessant was Sie so schreiben. Weiter so.

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