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Banat

Dann schon lieber einen Deutschen

Rumänen haben einen Badener zum Stadtoberhaupt von Temeswar gewählt

Bodo Bost
18.12.2020

Ohne einen rumänischen Pass zu besitzen, wurde ein 37-jähriger Deutscher zum Bürgermeister von Temeswar gewählt. Dominic Fritz, das neue Stadtoberhaupt der 320.000 Einwohner-Metropole, stammt aus dem Südschwarzwald, jener Region also, aus der im 18. Jahrhundert viele Donauschwaben auf den „Ulmer Schachteln“ genannten Holzbooten stromabwärts über die Donau ins 1718 österreichisch gewordene Banat ausgewandert sind.

Ein europäischer Bürgermeister

Nach dem Abitur in St. Blasien ging Fritz 2003 als Bundesfreiwilligendienstler (Bufdi) für ein Jahr in ein Waisenhaus nach Temeswar. Danach kehrte er immer wieder in die rumänische Stadt zurück und engagierte sich dort. 2019 gab er seinen Job als Büroleiter bei Altbundespräsident Horst Köhler auf, um in Rumänien als Bürgermeister zu kandidieren.

Vor dem Hintergrund der Antikorruptionsproteste in Rumänien im Jahr 2017, denen sich auch Staatschef Klaus Johannis angeschlossen hatte, schloss sich Fritz der Uniunea Salvați România (USR, Union Rettet Rumänien) an, die ihn als Kandidat für die Wahl zum Amt des Bürgermeisters aufstellte. Die neue Antikorruptionspartei hat bei den Europawahlen 2019 mehr als ein Fünftel der Stimmen gewonnen. Ihr Wahlkampfmotto lautete: „Gemeinsam werden wir den Geist von Temeswar wiedererlangen.“

In Temeswar begann 1989 mit den vom ungarischen Pfarrer László Tőkés organisierten Protesten der Sturz des Kommunismus in Rumänien. Bei der Kommunalwahl am 27. September gewann Fritz mit 54,8 Prozent der Stimmen gegen Amtsinhaber Nicolae Robu, den Kandidaten der Partidul Național Liberal (PNL), der ein drittes Mandat für das Bürgermeisteramt anstrebte, aber nur 34 Prozent der Stimmen erhielt. Robu, ehemaliger Rektor der Polytechnischen Universität Temeswar, hatte im Wahlkampf Fritz „einen fremden Abenteurer“ genannt, der Rumänien nur als Melkkuh betrachte. Dabei hatte er verschwiegen, dass er Fritz bereits 2014 im Rathaus von Temeswar für seine Verdienste im sozialen und kulturellen Bereich mit dem Exzellenzdiplom der Stadt ausgezeichnet hatte.

Auf den Spuren von Klaus Johannis

Seit Jahrhunderten leben in Temeswar ethnische Rumänen, Ungarn, Serben, Slowaken und Deutsche friedlich miteinander. Die Stadt verfügt als ehemalige Metropole der Habsburgermonarchie durch den Zuzug der Donauschwaben seit dem 18. Jahrhundert über ein reiches deutsches Erbe mit einem deutschen Staatstheater und deutschen Gymnasium.

Dass Rumänien zu den Armenhäusern der EU zählt, ist in der drittgrößten Stadt des Landes kaum noch zu spüren. Temeswar macht sich bereit für seinen großen Auftritt als Europäische Kulturhauptstadt 2021, der wegen Corona auf 2023 verschoben werden soll.

Auch wenn die neueren Antikorruptionsmaßnahmen langsam Früchte tragen, bleibt die Verwaltung anfällig für Vetternwirtschaft. Das will Fritz ändern. Als erste Amtshandlung hat er die Betriebswirtin Loredana Pintea sowie den Architekten und Stadtplaner Rudolf Gräf zu seinen Beratern ernannt. Sie sollen die Stadtverwaltung nach Effizienzprinzipien umgestalten. Gräf, ein aus dem Banater Bergland stammender Sohn des langjährigen Prorektors der Klausenburger Babeș-Bolyai-Universität, leitet ein Architekturbüro in Temeswar. Gräf junior war stellvertretender Vorsitzender des Architektenverbands Rumäniens und Berater der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit, die das Temeswarer Altbauviertel in den letzten Jahren komplett saniert und wiederaufgebaut hat.

Fritz wurde im Wahlkampf vom Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) unterstützt, aus dessen Reihen auch der deutschstämmige Staatspräsident Johannis hervorgegangen ist. Ebenso wie Fritz musste sich der Siebenbürger Sachse, der bis 2015 Bürgermeister der viertgrößten rumänischen Stadt Herrmannstadt (Sibiu) war und im Lande geboren ist, in allen Wahlkämpfen seine deutsche Herkunft vorhalten lassen.

Dabei hatte Johannis vor seinem rasanten Aufstieg an die Staatsspitze als Bürgermeister seine Heimatstadt saniert und herausgeputzt. Auch Johannis hatte den Kampf gegen Korruption in das Zentrum seiner Politik gerückt. Er ist allerdings an den tief sitzenden korrupten Verhältnissen, die dazu geführt haben, dass viele ehemalige Parlamentarier und Minister jetzt die Gefängnisse des Landes füllen, bislang gescheitert.


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Kommentare

sitra achra am 18.12.20, 12:23 Uhr

Es wäre zu wünschen, dass Fritz diese Sisyphosarbeit in Temeschburg gelingt!

89 erlebt Schlömmer am 18.12.20, 11:13 Uhr

Die Abwanderung aus der größeren BRD in Länder wie Rumänien, Ungarn, Polen, Baltikum bis hin nach Südamerika wird weiter zunehmen. Dort werden die vorhandenen deutschen Enklaven wachsen und das bewahren, was hier in der BRD des grünen Merkelismus zerstört wird. In 10 Jahren wird niemand mehr das altbekannte Deutschland an Rhein & Elbe finden, sondern an Donau, Weichsel und im brasilianischen Blumenau.

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