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Die einflussreichste Online-Enzyklopädie der Welt gibt sich neutral und seriös. Dabei deuten erfundene Ereignisse, verdrehte Inhalte und eine oft massive politische Einseitigkeit in eine ganz andere Richtung
Glaubt man den Bewunderern von Wikipedia, handelt es sich bei der „freien“ und „gemeinnützigen“ Online-Enzyklopädie, an der jedermann mitwirken kann, um ein regelrechtes Weltwunder. Tatsächlich jedoch weist dieses Produkt der angeblichen „Schwarmintelligenz“ von unzähligen Beteiligten, das inzwischen fast zum weltweiten Monopolisten bei der Vermittlung von nachzuschlagendem Wissen aufgestiegen ist und die traditionellen Lexika ins Aus gedrängt hat, zahlreiche Schattenseiten auf, die es zum globalen Problem werden lassen. Das erkannte sogar der Wikipedia-Mitbegründer Larry Sanger.
So bestimmen überaus fragwürdige Relevanzregeln, welche Person oder Sache einen Wikipedia-Eintrag erhält. Dadurch fehlen oft Artikel über historische Persönlichkeiten oder wichtige Themen, während Wikipedia auf der anderen Seite vor Informationen über Fernsehsendungen, Zeichentrickfiguren, fiktive Welten und ähnliche Bestandteile der Populärkultur nur so strotzt – von Beiträgen, die sich auf Porno-Darsteller oder beziehen ganz abgesehen. Letzteres ist vielleicht auch eine Folge dessen, dass der zweite Wikipedia-Gründer Jimmy Wales, welcher später zum Young Global Leader des Weltwirtschaftsforums aufstieg, zunächst eine Suchmaschine für pornografische Inhalte namens Bomis entwickelt hatte.
Halbgebildete neben Experten
Zur dubiosen Gewichtung der Inhalte kommen zahlreiche und oft auch sehr gravierende Sachfehler. 130 davon enthielt allein der Artikel über das Massaker der Sowjets an polnischen Offizieren im Wald von Katyn im Frühjahr 1940. In etlichen Fällen ließen die Verfasser ihrer Phantasie sogar völlig freien Lauf. Beispielsweise erfand einer der anonymen Autoren den „Bicholim-Konflikt“, der im Indien des 17. Jahrhunderts getobt haben soll. Dieser Unfug blieb fünf Jahre lang unbemerkt und erhielt die Wikipedia-Auszeichnung „Good Article“. Doppelt so lange war der Eintrag über eine nicht existierende Gottheit der australischen Ureinwohner namens „Jar'Edo Wens“ – offenkundig abgeleitet von Jared Owens – verfügbar. Und das Machwerk polnischer Nationalisten über das „Konzentrationslager Warschau“, in dem hunderttausende Polen vergast worden sein sollen, brachte es sogar auf eine „Laufzeit“ von 15 Jahren, ehe Wikipedia einschritt.
Die Sachfehler ohne manipulative Absicht resultieren in der Regel daraus, dass Wikipedia derart egalitär ist, dass die Meinung eines absoluten Laien vielfach das gleiche Gewicht besitzt wie die von ausgewiesenen Experten, wodurch Letzteren in zunehmendem Maße vergrämt werden. Denn bei Wikipedia gilt das Prinzip: Wer die meiste Zeit hat, vor dem Rechner zu hocken, um ständig Beiträge anderer zu „korrigieren“, und im Konfliktfall dann auch am lautesten schreit, bekommt Recht, da die Administratoren, welche vermitteln sollen, meist ebenfalls nichts von der Thematik verstehen. Diese Respektlosigkeit gegenüber Fachwissen aufseiten von Personen mit eher mittelmäßigen intellektuellen Fähigkeiten führte unter anderem dazu, dass der Löwenanteil der 2,75 Millionen deutschsprachigen Wikipedia-Artikel von wenigen hundert Personen geschrieben wurde.
Und diese wiederum sind sozialwissenschaftlichen Untersuchungen zufolge in der Regel links oder grün orientiert und Schüler, Studenten, Halbtagsjobber, Pensionäre, Sozialhilfeempfänger oder nicht ausgelastete Beamte, welche in ihrer vom Steuerzahler finanzierten Dienstzeit manchmal bis zu sieben Beiträge pro Tag fabrizieren.
Sofern es sich dabei um Personenartikel handelt, verharren diese oftmals auf dem Niveau eines Gesinnungsprangers und verkaufen Rufmord als seriöse Information. Wenn Betroffene, zu denen beispielsweise der Männerrechtler Arne Hoffmann gehört, bei Wikipedia die böswilligen Zerrbilder zu korrigieren versuchen, passiert dann wiederum etwas Kafkaeskes: Erst werden die Quellen der eingefügten Richtigstellungen gelöscht und später auch der Text – wegen fehlender Nachweise.
Das Geld fließt üppig
Normalerweise müsste der Vorstand der Wikimedia Foundation (WMF), welche Wikipedia betreibt, derlei Auswüchse unterbinden. Allerdings ist er selbst ein Sammelbecken sehr spezieller Persönlichkeiten. Zu denen gehören oder gehörten unter anderem die Feministinnen und LGBTQ-Aktivistinnen Maria Sefidari und Esra'a al Shafei sowie der kanadische Arzt und Pharmalobbyist James Heilman, der einen Privatfeldzug gegen die Alternativmedizin führt.
Apropos WMF: Obwohl Wikipedia seine Nutzer ebenso permanent wie penetrant um Spenden anbettelt, um mit deren Hilfe angeblich die „Unabhängigkeit“ der Online-Enzyklopädie zu sichern, sitzt die Stiftung derzeit schon auf einem Vermögen von rund 250 Millionen US-Dollar, womit der technische Betrieb von Wikipedia bis ins Jahr 2070 gewährleistet wäre. Aber die WMF hat eben auch einen riesigen Verwaltungswasserkopf, der rund 700 Leute umfasst. Die Spitzenmanager „verdienen“ dabei bis zu 400.000 Dollar im Jahr, während die Verfasser der Wikipedia-Artikel keinen Cent erhalten.
Ein weiteres Ärgernis bei Wikipedia ist die enge Kooperation der Online-Enzyklopädie mit großen Technologiefirmen wie Google, Amazon, Apple und Meta. So profitieren diese Unternehmen von dem „frei verfügbaren Wissen“, welches nicht nur aus zumeist kostenloser Arbeit, sondern laut Kritikern vielfach auch aus Urheberrechtsverletzungen oder Plagiaten resultiert. Dafür stärken die IT-Konzerne im Gegenzug der Wikipedia den Rücken, indem sie deren Inhalte massenhaft verbreiten.
Und dann wäre da noch die Manipulation der Wikipedia-Einträge zu politisch brisanten Themen durch Regierungen und Geheimdienste, für die es inzwischen auch einige Belege gibt – insbesondere im Falle der CIA und des FBI.
Angesichts all dessen könnten die Mitglieder der mittlerweile aufgelösten Gruppe Wiki-Radar, die sich an der Aufklärung der Missstände bei Wikipedia versuchten, durchaus recht haben, als sie 2020 urteilten: „Wir halten Wikipedia für das aktuell gefährlichste Phänomen im Internet.“
Andreas Mäckler am 16.04.24, 11:01 Uhr
Auch eine Form zeitgenössischer Publizistik: Rezensionsexemplare der Bände 1 und 2 des Schwarzbuchs Wikipedia vom Verlag anfordern und dann den eigenen Artikel mit Informationen daraus füllen, ohne die Quellen zu nennen …