Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
Vor 75 Jahren verabschiedete die CDU in der britischen Besatzungszone ihr Ahlener Programm. Heute steht es für die programmatischen Anfänge der Union – und dafür, dass diese Volkspartei tatsächlich einmal über inhaltliche Fragen gerungen hat
Kann Zukunfts-fähig sein, wer Geschichts-vergessen ist? Opposition außen, Transformation innen – gezwungenermaßen das eine, erwählt das andere –, so steht die CDU Deutschlands heute da. Die Partei will sich erneuern, gründlich erneuern: ein neuer Vorstand, neue Organisationsformen und ein neues Grundsatzprogramm.
Doch braucht die CDU neue Grundsätze? Auf sieben Grundsatzprogramme hat sie es doch schon gebracht. Sind die bisherigen Programme also nicht mehr Zukunfts-fähig? Sind die bisherigen Grundsätze überholt? Würde der Blick zurück den notwendigen Blick nach vorn versperren? Oder könnte der Blick in die Vergangenheit sogar Hinweise liefern für die Zukunfts-Orientierung? Immerhin war die CDU in der Geschichte der Bundesrepublik stark genug, in 52 von 72 Jahren den Kanzler beziehungsweise die Kanzlerin zu stellen.
Die Anfänge der Union
In diesem Jahr 2022 wird ein Programm der Union 75 Jahre alt, allerdings nicht das erste Grundsatzprogramm der CDU Deutschlands, sondern das Positionspapier einer Regionalorganisation: das Ahlener Programm der CDU der britischen Zone vom Februar 1947, formuliert also mitten im Hungerwinter 1946/47.
75 Jahre – also Anlass allenfalls für eine pflichtgemäße historische Feierstunde? Das Dokument einer längst vergangenen, gar überwundenen Epoche – ohne Zukunftsrelevanz? Schließlich wird das Papier bis zum heutigen Tag oft – unterstützend oder ablehnend – als Programm eines vergessenen oder überwundenen „christlichen Sozialismus“ interpretiert. Diese Wahrnehmung ist meistens fixiert auf den Programmbegriff „Gemeinwirtschaft“ und das Programmkapitel „Planung und Lenkung der Wirtschaft“. Die Begriffe „Sozialismus“ oder „christlicher Sozialismus“, durchaus noch Leitidee vieler Christdemokraten der ersten Stunde, stehen allerdings an keiner Stelle des Programms. Nicht mehr, weil aus Entwürfen gestrichen – ja.
Doch relevant für unser Urteil – und relevant für die Frage nach Zukunftsfähigkeit – sind zwei wesentliche Aspekte des Politikkonzepts hinter dem Programm. Das ist zum einen die personelle Dimension: Die CDU gründete sich als Partei gänzlich neuen Typs – von der modernsten Partei des 20. Jahrhunderts zu sprechen, geht durchaus nicht fehl. In der CDU versammelten sich nicht politisch Engagierte um eine Gesellschaftstheorie, ein politisches Handlungsprogramm – in der CDU versammelten sich Persönlichkeiten mit einer gemeinsamen persönlichen Basis: ihrem persönlichen christlichen Bekenntnis, ihrem Entsetzen über menschenverachtende und glaubenswidrige NS-Herrschaft, ihrem Bekenntnis zu einer Politik aus christlicher Verantwortung – und ihrer Dialogbereitschaft mit jedem, der dieses Bekenntnis teilte.
Grundsätze einer Partei neuen Typs
Daraus folgt zum anderen die konzeptionelle Dimension des Programms. Das Programm war kein „Regierungsprogramm“, kein Handlung-Programm, sondern in der Tat ein Grundsatz-Programm, es bestimmt die Zielrichtung politischen Handelns: „Ausgangspunkt aller Wirtschaft ist die Anerkennung der Persönlichkeit.“ Aufgabe ist „eine Wirtschafts- und Sozialverfassung, die dem Recht und der Würde des Menschen entspricht, dem geistigen und materiellen Aufbau unseres Volkes dient und den inneren und äußeren Frieden sichert.“ Und zwar durch „Stärkung der wirtschaftlichen Stellung und Freiheit des Einzelnen; Verhinderung der Zusammenballung wirtschaftlicher Kräfte in der Hand von Einzelpersonen, von Gesellschaften, privaten oder öffentlichen Organisationen, durch die die wirtschaftliche oder politische Freiheit gefährdet werden könnte.“
Und das Programmvotum für eine „gemeinwirtschaftliche Ordnung“? Ist angesichts der Erfahrungen mit liberalistischen Eigentumsvorstellungen im Sinne der genannten Zielbestimmungen zu verstehen. Schließlich hatte das Reichsgericht 1897 die Bildung von Kartellen als Ausfluss von Eigentums- und Vertragsrecht ausdrücklich erlaubt, für heutiges Rechts(staats)verständnis als Bestätigung von Verträgen zulasten Dritter eine absurde – und marktwirtschaftsfeindliche – Entscheidung.
Und die Beteiligung von „Staat, Land, Gemeinden ... an Unternehmungen monopolartigen Charakters“? War und ist im Infrastruktursektor in gewissem Umfang geboten – wenn es sich um „natürliche“ Monopole handelt, deren Mehrzahl allerdings inzwischen durch technische Entwicklungen aufgebrochen worden ist. Bei aller Staatstätigkeit sollte aber laut Ahlener Programm „vermieden werden, dass der private Kapitalismus durch den Staatskapitalismus ersetzt wird, der noch gefährlicher für die politische und wirtschaftliche Freiheit des einzelnen sein würde. Es muss eine neue Struktur der Wirtschaft gesucht werden, die die Mängel der Vergangenheit vermeidet, und die Möglichkeit zu technischem Fortschritt und zur schöpferischen Initiative des einzelnen lässt.“
Und die Forderung nach „Vergesellschaftung des Kohlebergbaus und der eisenschaffenden Industrie“? Diese entsprach Bedingungen der Besatzungsmacht, ging später auf in den Grundlagen der Montanunion, die zur Keimzelle der Europäischen Union wurde. Hervorgehoben wird im Programm: „das machtverteilende Prinzip ..., damit jede mit dem Gemeinwohl unverträgliche Beherrschung wesentlicher Wirtschaftszweige durch den Staat, Privatpersonen oder Gruppen ausgeschlossen wird.“
Politik aus christlicher Verantwortung
Die wichtigste Konkretisierung des „machtverteilenden Prinzips“ wird im Ahlener Programm jedoch nicht benannt. Zwar heißt es: „In Industrie, Handel und Gewerbe ist die private Unternehmertätigkeit zu erhalten und zu entwickeln“, also die „Möglichkeit der schöpferischen Initiative des einzelnen“. Wesentliche Elemente von Marktwirtschaft werden also genannt, das Wort jedoch fehlt im Programm. Stattdessen heißt es: „Planung und Lenkung der Wirtschaft wird auf lange Zeit in erheblichem Umfange notwendig sein, ... in Hinblick auf die Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Lage“, „nicht als Selbstzweck“. Wie zeitgebunden, wie erfahrungsgebunden diese Einstellung war, räumte der spätere Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) Hans Katzer elf Jahre danach ein: „Hätten wir 1947 in Ahlen einen Schimmer dessen gehabt, was an wirtschaftlicher Leistung möglich ist ...“
Dass sich die CDU – im Unterschied zu ihren Konkurrenten – so schnell als lernfähig in Hinsicht auf Marktwirtschaft erwies, war Wirkung praktischer Erfahrung mit den von fast allen unerwarteten Erfolgen der Politik Ludwig Erhards. Sie war aber auch Folge der genannten personellen Dimension: des gemeinsamen christlichen Bekenntnisses, des Bekenntnisses zu einer Politik aus christlicher Verantwortung. Neben den katholisch geprägten christlich-sozial orientierten Persönlichkeiten vor allem in Nordrhein-Westfalen und Berlin gab es einen evangelisch geprägten, von Dietrich Bonhoeffer in den letzten Kriegsjahren initiierten „Freiburger Kreis“ unter anderem von Nationalökonomen, die das Programm für eine marktwirtschaftliche Nachkriegsordnung entworfen hatten – das dann von Alfred Müller-Armack auf den Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ gebracht und von Ludwig Erhard zur Leitlinie seiner Politik gemacht wurde. Die Repräsentanten dieser christlich-liberalen Positionen haben das vor allem christlich-sozial geprägte Ahlener Programm (mit Ausnahme des Kapitels „Planung und Lenkung“) nicht als gegensätzlich betrachtet, sondern als einander ergänzend, so auch Ludwig Erhard.
Orientierung für die Gegenwart?
Was bedeutet nun die Beschäftigung mit dem Ahlener Programm für eine heutige, zukunftsfähige CDU-Programmatik?
• Erstens: Die CDU ist eine nicht vorrangig programmatische Partei, sondern eine Union von Persönlichkeiten, die das persönliche Bekenntnis zu einer Politik aus christlich geprägter Verantwortung eint.
• Zweitens: Die Wurzeln der CDU sind gleichermaßen christlich-liberal, christlich-sozial, christlich-konservativ.
• Drittens: Die CDU ist nur zukunftsfähig, wenn ihre liberalen, sozialen, konservativen Elemente in einem ständigen, offenen, praxisbezogenen Dialog auf allen Parteiebenen diskutiert werden – in Hinsicht auf gegenwärtige und künftige ökonomische, soziale, technische Herausforderungen.
Soziale und liberale Elemente der Wirtschaftspolitik leuchten jedermann ein – aber auch konservative? Durchaus. Das Ahlener Programm spricht von „Wirtschafts- und Sozialverfassung“ (womit mehr gemeint ist als Sozialpolitik), vom „geistigen Aufbau“. Müller-Armack entwickelte die kulturellen Grundlagen des Wirtschaftens, Wilhelm Röpke verwies auf das „Jenseits von Angebot und Nachfrage“. Bewahrung der Schöpfung, Schutz und Förderung von Familie, in jener Gestalt, die auf Weitergabe von Leben ausgerichtet ist, Bewahrung des kulturellen Erbes der Nation, Sicherung von Geschichtsbewusstsein sind auch heute noch relevante Faktoren.
Und: Verantwortliches wirtschaftliches Handeln – wie es fiskalisch im Eindämmen exzessiver Staatsverschuldung zum Ausdruck kommt, unternehmerisch in der Orientierung am Ideal des „ehrbaren Kaufmanns“, politisch-programmatisch in der Abkehr von jeglichen Machbarkeitsillusionen.
Ist das Ahlener Programm also, wie Franz-Josef Strauß einst anmerkte, „eine Mumie“, die man besser nicht ausgraben sollte? Durchaus nicht. Mit dem heute missverständlichen Begriff „Gemeinwirtschaft“ wendet sich das Programm ab von einem schrankenlosen Kapitalismus (der vor fast 15 Jahren in der Finanzkrise erneut seine zerstörerischen Wirkungen gezeitigt hat). Das Programm bestimmt die Sozialbindung von Eigentum. Es bereitet vor, was dann 1949 in den „Düsseldorfer Leitsätzen“ der CDU zum Projekt „Soziale Marktwirtschaft“ verdichtet wurde – als gemeinsames Projekt christlich-konservativen, christlich-liberalen, christlich-sozialen Engagements. Ein unvollendetes, oft missachtetes Projekt freilich bis heute.
• Wolfgang Reeder ist Landesvorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU/CSU in Rheinland-Pfalz. Er war unter anderem in den 70er Jahren stellvertretender Bundesvorsitzender des Rings Christlich-Demokratischer Studenten sowie Projektleiter „Wirtschaft, Staat, Gesellschaft“ der Konrad-Adenauer-Stiftung. Reeder ist Publizist und Dozent für Wirtschaftspolitik (unter anderem an den Universitäten Kaunas, Litauen und Jelgava, Lettland sowie Kiew und Donezk). 2019 wurde er in den Bundesfachausschuss Wirtschaft der CDU Deutschlands berufen.
www.w-reeder.de
sitra achra am 29.01.22, 12:17 Uhr
Der Morgenthau- sowie der Kaufmanplan sahen die "Endlösung" (dieser Begriff geht auf Kaufman zurück!) für die deutsche Frage vor. Hunderttausende Deutsche, meist Frauen, Kinder und Alte, fielen diesem neuen Holocaust zum Opfer. Diese unbestrittene Tatsache gehört als Wissensgrundlage in jeder deutschen Bildungseinrichtung verankert.
Ich bin gespannt, wann das erste deutsche Holocausdenkmal errichtet wird.
Davor müsste man allerdings das Lügengebäude von der alleinigen deutschen Schuld abräumen.
Soviel Mut würde allerdings das freie Atmen in diesem Land wieder ermöglichen und der kniebeugende Schweinemeier wäre zu Recht in seine Peinlichkeit entlassen.
Michael Holz am 27.01.22, 14:35 Uhr
Ich stimme meinen zwei "Vorkommentatoren" uneingeschränkt zu. Die CDU muss verschwinden, sie hat kein Überleben verdient. Das Ahlener Programm ist Geschichte und die Banauesen in der CDU kennnen keine Geschichte. Wer heute noch auf die CDU baut, ist, gelinde gesagt, ein Idiot.
Gerald Franz am 25.01.22, 22:41 Uhr
Ein Jammer, wenn man sehen muß, wie gering das Wissen deutscher Schreiberlinge um die eigene Geschichte ist!
Das Ahlener Programm wurde am 3. Februar 1947 aus der Taufe gehoben. Es wollte wirtschaftlich keinen Rückfall in die Weimarer Zeit und setze auf den Wirtschaftskurs der Vorgänger, mit Planung und Lenkung.
Und sofort wird so getan, als ob dieser Ansatz von alten, dummen Männern entwickelt wurde, deren Gehirnmasse einfach nicht ausreichte, um sich vorstellen zu können, wie eine "Freie Wirtschaft" funktioniert. Und zu allem Überfluß suggeriert der Schreiberling den Lesern, daß die BRD aus dem Stand heraus frei wirtschaften konnte.
Das ist nicht nur sachlich völlig falsch sondern auch im politischen Sinne völlig unverantwortlich. Die vom Sieger in der Trizone verordneten wirtschaftlichen Vorgaben unterschieden sich nämlich kaum von den sowjetischen Zwangsvorgaben.
Mit 800 Kilokalorien wurden die Erwachsenen in der Französischen Zone bis 1948 "gemästet". Kinder starben wie die Fliegen, weil oft medizinische Hilfe verweigert wurde. Einige deren Bewohner gingen bis Anfang der fünfziger über die Zonengrenze zum Russen, weil ihnen die Verpflegung dort besser erschien. Daß der "Erbfeind" nicht nur radikal den Wald abholzte, sondern alles an brauchbarer Technik klaute, um es im nordafrikanische Colom-Bechar zu verbauen, samt der bis 1960 üblichen gewaltsamen Rekrutierung deutscher Jungmänner für die Fremdenlegion, soll zunächst reichen, um Frankreichs Beitrag zur "Freien Marktwirtschaft" zu skizzieren.
Die gesamte Schwerindustrie hatten die Sieger auf eine Demontageliste gesetzt. Neben dem gierigen Franzmann bedienten sich vor allem die Sowjets der Konkursmasse. Ganze Werke wurden in der Trizone abgebaut und in Sibirien wieder aufgebaut. Das war sehr im Sinne der Amis. Die Briten verlegten sich mehr auf die Sprengungen von intakten Werkstätten und Verboten. So war unter Anderem jedes Fischen sowohl in der Nord- als auch in der Ostsee verboten. Die ganze Handelsflotte hatte man beschlagnahmt und begann mit ihrem Verkauf. Dagegen wurden Hunderttausende Deutsche mit Waffengewalt in die Gruben gezwungen. Die geförderte Kohle verhökerten die Briten ins Ausland. Deutsche mußten weiter frieren und fringsen.
Am 6. Dezember 1949 fand die "bekannte" letzte von 2000 Hinrichtungen in Hameln statt. Und Monsignore Karl Morgenschweis begleitete am 7. Juni 1951 die letzte Hinrichtung an in Landsberg. Aber damit war nur der offizielle Teil des Töten abgeschlossen.
Für alles brauchten Deutsche der Trizone eine Lizenz: Zeitungen, Bücher, Parteien, Technik und Wissenschaft. Die Amis hinkten anno 1945 technisch etwa eine ganze Generation hinter den Deutschen her und sorgten dafür, daß Technik und Wissenschaft in der Trizone praktisch verboten wurden.
Ohne des Ausbruch des Koreakrieges im Jahr 1948 wäre die eingangs geschilderte französische Versorgung noch jahrelang in ganz Deutschland Standard geblieben. Erst als die USA merkten, daß ihnen die Sowjets militärisch gefährlich werden könnten, erkannte man im Deutschen einen bereits perfekt ausgebildeten preiswerten Legionär.
Das heißt, nach 1948 lockerten die Besatzungsmächte ihre strengen Regeln der Zwangsbewirtschaftung. Daß es dazu kam, verdankt der Deutsche Malocher ganz alleine den Koreanern und nicht der CDU oder irgendwelchen BRD-Märchenerzählern. Übrigens, auch noch heute wachen die USA über den Wissenschaftsbetrieb in der BRD. Daß man im Lande Atomtechnik und Flugzeugbau nicht mehr wollen darf, hat mit "Freier Marktwirtschaft" gar nichts zu tun! Dafür ist "Uncle Sam" verantwortlich.
Siegfried Hermann am 25.01.22, 09:38 Uhr
Herr Reeder,
kurz, Sie sind genauso wie Herr Pazelt ein unverbesserlicher Optimist was die CDU angeht.
Was bitte ist an dieser Partei noch "christlich", "sozial", Mitte", "Familie", "Heimat", "Mittelstand"....???
NICHTS! Absolut nichts.
"Neues Personal"???
Wohl eher alter Merkel-Wein in neue Schläuche!
Dieses SED-Einheitspartei-Monstrum gehört geschlossen mit der Blackrock-Fraktion auf dem Müllhaufen der Geschichte!
Und wenn erst mal die Leichen und der Dreck allein der letzten 30 Jahren aus dem Keller gehoben wird, dann wird CDU genauso ein Schmipfwort sein wie "Nazi".
Wenn, dann haben wir jetzt die Chance komplett neu anzufangen, wo jeder, wirklich jeder sich längerfristig zum Wohle des deutschen Volkes bewähren MUSS und nicht mehr ein Persilschein reicht!!!
So einfach ist das!