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Wegweiser in Allenstein: Das Schild „Kaliningrad“ wurde entfernt
Foto: D.K.Wegweiser in Allenstein: Das Schild „Kaliningrad“ wurde entfernt

Nord- und Südostpreußen

Das Ende einer guten Nachbarschaft

Wegen des Ukrainekriegs ist die jahrelange bewährte Zusammenarbeit im Rahmen des Programms „Euroregion Ostsee“ auf Eis gelegt

Dawid Kazanski
18.05.2022

Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine beschlossen Ende Februar die Stadträte von Allenstein, die Partnerschaft mit Königsberg zu beenden. Der Abbruch der langjährigen Zusammenarbeit ist jedoch mehr als eine Geste der Solidarität mit der Ukraine. Sie hat Folgen für die Bewohner beider Städte. „Die bisherige Zusammenarbeit ist als gut zu bewerten, umso trauriger ist es, dass sie angesichts der beispiellosen militärischen Aggression Russlands gegen die freie und unabhängige Ukraine nicht fortgesetzt werden kann,“ sagte der Stadtpräsident Piotr Grzymowicz unmittelbar nach der Entscheidung des Stadtrats.

Die Folgen für das Gesundheitswesen erläuterte die Stadträtin und Ärztin Ewa Zakrzewska in einem Interview mit einer Regionalzeitung: „Die Zusammenarbeit mit den Partnerstädten, darunter auch Kaliningrad, besteht seit vielen, vielen Jahren. Wir fuhren nach Kaliningrad zum Erfahrungsaustausch und zu Konferenzen und später besuchten uns die dortigen Ärzte. Das Kinderkrankenhaus in Allenstein nahm auch die jüngsten Patienten aus Kaliningrad auf, aber jetzt, da die Vereinbarungen gebrochen wurden, sind wir gezwungen, diese Praxis zu beenden.“

Die Beziehungen zum Königsberger Gebiet wurden durch eine institutionalisierte Form der internationalen Zusammenarbeit unter dem Namen „Euroregion Ostsee“ gepflegt. Seit ihrer Gründung verfolgt sie das Ziel, die Lebensbedingungen der Menschen im Ostseeraum zu verbessern, die Kontakte und die Kooperation der lokalen Gemeinschaften und die nachhaltige Entwicklung der Region sowie einen intensiven wirtschaftlichen Austausch zu fördern. Zu den Partnern der Euroregion Ostsee gehörten bisher Regionen der alten und neuen EU-Mitgliedstaaten sowie das Königsberger Gebiet.

Woiwodschaft war federführend

Die Woiwodschaft Ermland-Masuren ist seit 1999 aktives Mitglied der Organisation. Auf ihre Initiative und mit der Unterstützung der schwedischen Region Blekinge wurde die Mitgliedschaft der Oblast Königsberg in der Ostsee-Euroregion ausgesetzt. „Die aggressive Haltung Russlands gegenüber der Ukraine widerspricht allen Werten, für die die Euroregion Ostsee steht“, betonte der Woiwodschaftsmarschall Gustaw Marek Brzezin und begründete die Entscheidung wie folgt: „Es ist unmöglich, sich für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Einwohner im Ostseeraum einzusetzen, die Beziehungen und Kontakte zwischen den lokalen Gemeinschaften zu fördern, historische Vorurteile abzubauen oder Maßnahmen zur Zusammenarbeit zwischen den regionalen Behörden zu unterstützen, wenn man einen Kriegsaggressor als Mitglied hat.“

Die Beendigung der Zusammenarbeit mit Königsberg wirkt sich auch negativ auf die polnischen Grenzstädte aus, die mit zunehmenden Schwierigkeiten zu kämpfen haben. In den Tagen, als der Kleine Grenzverkehr noch reibungslos funktionierte, erlebten die Kleinstädte eine lebhafte Entwicklung, da die Russen massenhaft in die polnischen Geschäfte kamen. Sie wurden von der großen Auswahl und der „westlichen Qualität“ der Waren angezogen. Die an das Königsberger Gebiet angrenzenden Städte waren auch ein Tor für den Warenverkehr zwischen den beiden Ländern.

Doch schon 2016 wurde alles komplizierter. Daraufhin wurde beschlossen, das Abkommens über den Kleinen Grenzverkehr mit der Russischen Föderation auszusetzen. Damals war schien aus Gründen der nationalen Sicherheit im Zusammenhang mit der Ausrichtung des NATO-Gipfels und der Weltjugendtage in der Republik Polen erforderlich. Heute wächst die Sorge um die Zukunft der Region.

Braunsberg ist besonders betroffen

Betroffen ist unter anderem Braunsberg, das etwa sechs Kilometer von der russischen Grenze entfernt liegt. Neben dem Ausbleiben russischer Kunden, die früher in polnischen Geschäften Lebensmittel kauften, ist auch festzustellen, dass die logistische Bedeutung der Stadt abnimmt. Vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine war Braunsberg ein wichtiger Knotenpunkt für den Umschlag von russischer Kohle und Gas. Viele Menschen fanden Arbeit in lokalen Unternehmen. Anfang März berichtete die „Elbinger Zeitung“ unter Berufung auf Angaben der Nationalen Steuerverwaltung, dass täglich vier bis fünf Züge – etwa 185 Waggons –, hauptsächlich mit Kohle, über die Zollstelle Braunsberg in die EU gelangten. Gegenwärtig bangen die Beschäftigten von Rohstoffverarbeitungsunternehmen um ihre Arbeitsplätze, denn die Rohstofflieferungen wurden gekürzt.

Eine spürbare Auswirkung des Krieges in der Ukraine ist ein deutlicher Anstieg der Kohle- und Brennstoffpreise. Tomasz Sielicki, Bürgermeister von Braunsberg, betonte, dass die Stimmen der an das Königsberger Gebiet angrenzenden Städte in Polen lautstark gehört werden müssten. Er gab zu bedenken, dass die vollständige Schließung der Grenze zu Russland für die Region katastrophal wäre. Er sagte, dass die gegen Russland verhängten Sanktionen zwar gerechtfertigt seien, dass die polnische Regierung aber darüber nachdenken sollte, die Unternehmer für die entstandenen Verluste zu entschädigen. Das könnte zum Beispiel durch die Eröffnung neuer Wirtschafts- und Handelswege mit Ländern außerhalb der russischen Einflusssphäre umgesetzt werden.

Die Grenze ist geschlossen

Im Interview mit einem polnischen Wirtschaftsportal machte Sielicki deutlich, wie der Abbruch der Handelskontakte mit dem Königsberger Gebiet das wirtschaftliche Aus für die Grenzregion bedeuten könnte: „Derzeit gibt es keinen Grenzverkehr, und die Russen kommen nicht wie früher. Die Grenzübergänge in Grunau und Rehfeld sind geschlossen. Es waren vor allem die Kunden aus Russland, die die lokale Wirtschaft antrieben. Die Probleme begannen während der Pandemie, als die Grenze geschlossen wurde. Vor der Pandemie hatten viele Unternehmer in die Entwicklung ihrer Dienstleistungen und Infrastrukturen investiert, und COVID-19 führte dazu, dass sie bis heute ihre finanziellen Ausgaben nicht ausgleichen können, weil sie nicht die prognostizierten Einnahmen erzielen. An die Stelle der Pandemie traten nun der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland. Diese führen dazu, dass wir immer weniger Rohstoffe und Waren aus Russland an den Umschlagterminals haben. Das hat zur Folge, dass die Eigentümer den Umfang der Umschlagdienste reduzieren und die Arbeitgeber infolgedessen die ersten Entscheidungen treffen, Verträge mit Mitarbeitern zu kündigen und sie zu entlassen.“


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