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Sachsen

„Das erinnert fatal an die DDR“

Der Freistaat lässt Schüler weiterführender Schulen zu Familie und Politik befragen

Wolfgang Kaufmann
24.06.2024

Der Landespräventionsrat Sachsen (LPR SN) ist dem CDU-geführten Innenministerium des Freistaates unterstellt und zeichnet unter anderem für die Landesstrategie „Prävention im Team“ (PiT) verantwortlich. Diese verfolgt das Ziel, „Kinder und Jugendliche in ihrer gesamten Persönlichkeit zu stärken“, damit sie in der Lage seien, „respektvoll und demokratisch zu handeln“. Dabei legt der Landespräventionsrat Wert darauf, „negative Entwicklungen rechtzeitig zu erkennen und ihnen möglichst frühzeitig entgegenzuwirken“.

Letzterem Zwecke dient nun auch eine Umfrage unter Schülern ab der Klasse 5 an allen weiterführenden Schulen der Landkreise Meißen und Zwickau sowie an einigen ausgewählten Schulen der übrigen Landkreise Sachsens durch die INFO GmbH Markt- und Meinungsforschung mit Sitz in Berlin. Im Rahmen dieser Erhebung mit 29 Fragenkomplexen auf 25 Seiten sollen sogenannte „Risiko- und Schutzfaktorenprofile“ erstellt werden – und zwar ausdrücklich auch unter Einbezug der „Kontexte Familie, Schule, Peer Group und Wohnumfeld/Nachbarschaft“. Was das konkret bedeutet, zeigen die Fragen.

So will man von den Schülern wissen, ob es zu Hause „oft zu einem schlimmen Streit“ komme oder ein Familienmitglied „irgendwann mal wegen krimineller Delikte im Gefängnis gesessen“ habe. Ebenso werden die teilweise erst zehn Jahre alten Kinder gefragt: „Hat dein Freund oder deine Freundin dich in den letzten 12 Monaten zu sexuellen Handlungen gezwungen, die du nicht wolltest?“

Ein Teil der Fragen dient darüber hinaus ganz eindeutig der Ermittlung von weltanschaulich-politischen Standpunkten. Noch relativ harmlos sind dabei Erkundigungen über die Haltung zum Klimawandel oder zur Wichtigkeit von Glaube und Religion. Allerdings sollen die Kinder und Jugendlichen auch mitteilen, inwieweit sie folgenden Aussagen zustimmen oder widersprechen: „Es gibt zu viele ausländische Schüler in deutschen Schulklassen“; „Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg“; „Ausländer erhöhen die Kriminalität“; „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen.“ Spätestens beim Thema Arbeitsplätze und Sozialmissbrauch ist klar, dass es um im Elternhaus oder Familienkreis geäußerte Meinungen geht, denn Minderjährige werden hierzu in aller Regel nur das wiedergeben, was sie bei ihren älteren Bezugspersonen aufgeschnappt haben.

Offiziell muss kein Schüler an der Befragung teilnehmen, jedoch dürften die speziellen Macht- beziehungsweise Abhängigkeitsverhältnisse im System Schule es oftmals sehr schwierig machen, die Mitwirkung zu verweigern.

Erstaunlicherweise stieß das Vorgehen des LPR SN bislang auf wenig Kritik seitens der Politik. Explizit empört äußerte sich lediglich die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Sylvia Pantel, die seit Mai 2024 als Landesvorsitzende der Werteunion Nordrhein-Westfalen fungiert: Die Schüler in Sachsen würden auf „übergriffige Weise instrumentalisiert“ und „ausgehorcht, um die politische Einstellung ihrer Eltern preiszugeben. Das erinnert fatal an die DDR.“


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