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Literatur

Das Genie als exzentrischer Clown

Eine der schillerndsten Figuren der US-Literatur – Vor 100 Jahren wurde Truman Capote geboren

Ansgar Lange
30.09.2024

Truman Capote, der am 30. September 1924 in New Orleans geboren wurde, ist eine der schillerndsten Figuren der US-amerikanischen Literaturgeschichte. Das hat weniger mit seinem Werk als mit seiner Lebensführung zu tun. In den 1940er und 1950er Jahren galt der offen homosexuell lebende Capote als einer der wichtigsten Nachwuchsautoren seiner Generation. Vom äußeren Erscheinungsbild und Gehabe her ein exzentrischer Clown und Kobold, fanden seine Kurzgeschichten sehr früh Anklang bei der Kritik.

Sein 1958 erschienener Kurzroman „Frühstück bei Tiffany“, das vom Leben eines jungen Partygirls handelt, ist vielen sicher noch wegen der Verfilmung mit der zauberhaften Audrey Hepburn ein Begriff. Blake Edwards Film von 1961 endete allerdings anders als das drei Jahre zuvor erschienene Buch mit einem Happy End.

Am berühmtesten dürfte Capote aber wegen seines packenden Tatsachenromans „In Cold Blood“ („Kaltblütig“) geworden sein, der bei seinem Erscheinen 1966 zu einem Bestseller wurde. Bereits ein Jahr später wurde der „non-fiktionale Roman“ auch verfilmt. Das auf Tatsachen beruhende Buch wurde vorab in der Intellektuellen-Zeitschrift „The New Yorker“ veröffentlicht und rekonstruiert die bestialischen Morde an vier Mitgliedern der Farmerfamilie Clutter auf ihrem Anwesen in Kansas 1959. Mit Erscheinen dieses Werks galt Capote als Wegbereiter eines neuen Genres, des New Journalism.

Capote war nach den aufreibenden Recherchen zu diesem Werk ausgebrannt. Er flüchtete sich in exzessiven Alkohol- und Drogenkonsum und führte ein ebenso maßloses Gesellschaftsleben. Die Kritik hat angemerkt, dass sich schon bei „Kaltblütig“ ein wenig schmeichelhafter Charakterzug Capotes zeigte. Zwar schonte er sich bei seiner Arbeit an diesem Roman nicht, etwa durch den Aufbau einer persönlichen Beziehung zu einem der beiden Mörder. Doch er nutzte auch alle seine übrigen Helfer schamlos aus, so auch die Schriftstellerin und Jugendfreundin Harper Lee, Autorin des Welterfolgs „Wer die Nachtigall stört“.

2005 kam ein Film in die Kinos, welcher die Arbeit an der Recherche zu „Kaltblütig“ auf hervorragende Weise zeigt. In dem Filmdrama „Capote“ lieferte der neun Jahre später im Alter von 46 Jahren verstorbene Schauspieler Philip Seymour Hoffman eine grandiose Darstellung von Truman Capote, die der Schriftsteller John le Carré als die beste schauspielerische Leistung gepriesen hat, die er in seinem ganzen Leben gesehen habe. Hoffman erhielt dafür sogar den Oscar.

„Ich bin schwul. Ich bin süchtig. Ich bin ein Genie“: In dieser Selbstcharakterisierung des Autors liegt zugleich auch der Grund für den Niedergang dieses kurzen Sterns am literarischen Himmel der Nachkriegszeit. Capote, von dem für Frauen keine sexuelle Gefahr ausging, galt als Beichtvater und Seelenmasseur der Damen aus der High Society. Als er das Vertrauen dieser Damen brach und literarisch ausnutzte, wurde er fallengelassen.

Mit nur 59 Jahren starb Capote am 25. August 1984 einen einsamen Tod in Los Angeles. Der Hofnarr war verstummt. Ein überragendes Talent war zum Opfer von Drogen geworden.

Die Werke von Capote sind auf Deutsch im Zürcher Verlag Kein & Aber erhältlich, darunter als Taschenbuch Kaltblütig (544 Seiten, 15 Euro). Als Jubiläumsausgabe neu erschienen ist Frühstück bei Tiffany (Hardcover 128 Seiten, 22 Euro) sowie das journalistische Werk in drei Taschenbuchbänden:

Die Hunde bellen (400 Seiten, 13 Euro), Die Musen sprechen (192 Seiten, 13 Euro) und Musik für Chamäleons (335 Seiten, 16 Euro). Ergänzend dazu eine „detektivische Spurensuche“ zu Capote: Anuschka Roshani, Trueboy (Hardcover, 352 Seiten, 25 Euro).


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