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Karstadt

Das große Kaufhaussterben

Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof schließt auch Berliner Filialen – Neue Nutzungskonzepte gesucht

Norman Hanert
27.07.2020

Der wirtschaftlich schwer angeschlagene Kaufhausriese Galeria Karstadt Kaufhof hatte im Juni die Schließung von bundesweit einem Drittel seiner Warenhäuser angekündigt. Zwar bleiben einige Häuser nun doch erhalten. Zur langfristigen Rettung ist allerdings nichts weniger als eine Neuerfindung des Konzepts „Kaufhaus“ gefragt.

Ursprünglich wollte die Warenhauskette in ganz Deutschland 62 von insgesamt 172 Warenhäusern dichtmachen. Darunter Standorte auch in Berlin. Nach Zugeständnissen von Vermietern hat der einzig verbliebene deutsche Kaufhausriese inzwischen seine Pläne für Filialschließungen etwas abgeschwächt. Innerhalb eines Monats reduzierte sich damit die Zahl der von der Schließung bedrohten Kaufhäuser auf 50.

Die Entwicklung betrifft auch die Region Berlin-Brandenburg sehr stark. Der Konzern kündigte im Juni an, sechs seiner elf Berliner Filialen und auch die Filiale in Potsdam schließen zu wollen. Nach Zugeständnissen der Vermieter ist zumindest die Schließung in der Potsdamer Innenstadt und einer Filiale im Ring-Center in Berlin-Lichtenberg vorerst abgewendet.


Die langfristigen Probleme von Kaufhäusern in Deutschlands Innenstädten sind damit allerdings nicht gelöst. Schon vor dem Umsatzeinbruch durch die Corona-Krise hat der Online-Handel den Kaufhäusern viel Umsatz weggenommen. In Berlin kommt die starke Konkurrenz von mittlerweile 70 Einkaufszentren mit ihren zahlreichen Einzelgeschäften hinzu.

Neubau am Hermannplatz

Angesichts der Ankündigung des Karstadt-Unternehmens, in ganz Deutschland Warenhäuser schließen zu wollen, sieht der Städte- und Gemeindebund die Immobilieneigentümer in einer zentralen Verantwortung. „Faire Mieten, die Einzelhandel und Gewerbe eine Zukunftsperspektive bieten, sind das Gebot der Stunde“, so der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg.

Der Verband fordert zudem neue Geschäftsmodelle für die Innenstädte. Als ein Beispiel nannte Landsberg Gemeinschaftskonzepte zwischen Handel, Gastronomie, Kultur, und Büronutzungen.

Wie ein Kaufhaus der Zukunft aussehen könnte, zeigen Pläne der österreichischen Signa-Gruppe für den Berliner Hermannplatz. Dort verliert Karstadt bereits seit 15 Jahren massiv an Umsatz. Signa als Eigentümer der traditionsreichen Kaufhauskette will diesen Abwärtstrend mit einem neuen Gebäude und einem neuen Nutzungsmix stoppen.

Dazu will die Investorengruppe um den österreichischen Milliardär René Benko das gegenwärtige Kaufhaus-Gebäude teilweise abreißen und nach dem Vorbild des ursprünglichen Warenhauses aus den 1920er Jahren wieder neu erbauen.

Das Bauwerk würde damit an eine glanzvolle Zeit anknüpfen. Zur Eröffnung im Jahr 1929 galt dieses Haus als eines der modernsten und größten Kaufhäuser in ganz Europa. Das Gebäude war seinerzeit nach einem Entwurf des Architekten Philipp Schäfer mit zwei Türmen und eindrucksvollen Lichtsäulen gebaut worden. Noch in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wurde das Haus gesprengt.

Die An- und Umbauten in den Nachkriegsjahrzehnten haben das Haus am Hermannplatz zu einer der zahlreichen Bausünden Berlins gemacht. Mit einem Neubau, angelehnt an den Art-déco-Stil, will Signa ganz gezielt mit einer „identitätsstiftenden Architektur“ am Hermannplatz einen Impuls setzen.

Der „Investorenschreck“ wehrt ab

„Einzelhandel überlebt nur, wenn wir Orte schaffen, die besonders sind“, so der zuständige Signa-Projektleiter Thibaut Chavanat. Mit dem Neubau nach einem Entwurf des Briten David Chipperfield will Signa die Bruttogeschossfläche insgesamt zwar vergrößern, dabei geht es aber nicht um mehr Verkaufsflächen. In Geschossen über dem Warenhaus sollen künftig vielmehr Gewerbe- und Büroflächen und Sozialwohnungen entstehen.

Das Haus am Hermannplatz soll zudem auch eine öffentliche Dachterrasse mit Gastronomie und Flächen für Kunst und Kultur-Angeboten und sogar eine Kita erhalten.

Signa stößt mit seinen Plänen allerdings auf starke Ablehnung bei einigen Lokalpolitikern. Der Hermannplatz liegt am Rand des Bezirks Neukölln. Das Karstadt-Areal liegt bereits auf dem Gebiet des Nachbarbezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Dort amtiert Florian Schmidt (Grüne), der sich als Baustadtrat in den letzten Jahren den Ruf eines „Investorenschrecks“ erworben hat. Nach Ansicht des Grünen-Politikers stellt auch das Kaufhausprojekt am Hermannplatz einen Monumentalbau dar, der nicht nach Kreuzberg und Neukölln passt.

Ähnlich ablehnend ist die Haltung seines Amtskollegen Jochen Biedermann (Grüne), dem Stadtplanungsstadtrat in Neukölln. Obwohl Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) und auch Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) den Plänen für den Hermannplatz positiv gegenüberstehen, hängt die Umsetzung des Projekts mittlerweile seit anderthalb Jahren in der Luft.


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Kommentare

Siegfried Hermann am 27.07.20, 16:49 Uhr

....wenn ++wir++ Orte schaffen, die ++besonders ++ sind.....
Am Hermannplatz???
Ist das jetzt zynische Realsatire oder glauben "wir"-Benkos wirklich den Blödsinn!?!?
Für alle, die NICHT über die nötigen Ortskenntnisse verfügen. Hotspot für jede Sorte Drogenfacharbeiter, Straßenräuber, bunten Sextouristen, Großclan-Kriminellen, Terror-Kültür-Vereinen zu Hauf und AntiFa-Fußvolk fußläufig in Hasenheide, Hermannstraße, Karl-Marx-Str., Sonnenallee und unweit Kotti, wo selbst am Tage weiße Frauen ungeniert sexuell bedrängt und belästigt werden... genau da will Benko einen hochwertigen Konsumtempel und Erlebnis-irgendwas bauen???
Erlebnis ja, nur was!!!
Solange er keine Steuergelder in welcher Form auch immer nimmt und die Beschäftigten nicht auspresst, nur zu!
btw
Allein den Bau dem alten Vorbild von Schinkel und seinen preußisch-kaiserlichen "Nazi"-Historismus wird ein Aufheulen der gesamten Linken guudmenschen-Bundes-Armada verursachen. Leider.
Der Platz, das Kaufhaus, die U-Bahn samt Ensemble drumherum war einst zu Kaiser´s Zeiten eine Berliner Perle von internationalen Rang.
Da gibt Hoffnung.... sobald das Regime um IM Erika samt ihren Günstlingen beseitigt ist.

sitra achra am 27.07.20, 10:42 Uhr

Das Signaprojekt passt sehr wohl an den Hermannsplatz, insofern es diesen Stadtteil für alle Bürger gewaltig aufwertet. Natürlich generiert es bei Erfolg auch gute Gewinne, was man den Investoren gönnen sollte. Abgesehen von zig neuen Arbeitsplätzen, Vermeidung unnötigen Straßenverkehrs und einer besseren Versorgung der Bevölkerung, die nicht auf außerhalb ihres Viertels gelegene Malls angewiesen wäre.
Wichtig erschiene mir, dass das Angebot dieses neuen Warenhaustyps umfassend wäre, sodass man nicht mehr auf Besorgungen im Internet angewiesen ist.
Ein weiteres Plus wäre die Einstellung geschulten Fachpersonals in ausreichender Menge, das die versierte Kundenberatung übernimmt, so wie man dies in der Vergangenheit, besonders bei Karstadt, zu schätzen wusste.
Grüne, die dies nicht nötig zu haben glauben, sollten als Provinznudeln wieder zu Mutti und Vati aufs Land ziehen, sie gehören einfach mental und wesensmäßig nicht in eine Großstadt wie Berlin.

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