07.12.2025

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Viele verbinden bis heute das Lied „Stille Nacht“ mit einer winterlichen Idylle. Das tat auch Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV., als er das Lied erstmals hörte, sich in die Melodie verliebte und deren Schöpfer suchen ließ
Bilder: pixabay; Wikimedia (2)Viele verbinden bis heute das Lied „Stille Nacht“ mit einer winterlichen Idylle. Das tat auch Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV., als er das Lied erstmals hörte, sich in die Melodie verliebte und deren Schöpfer suchen ließ

Weihnachtlicher Welthit

„Das Liedl hat mei Vater g’schrieben ...“

Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. ließ den Komponisten suchen und machte die Weise so weltberühmt

Leo-Heinz Hajek
07.12.2025

Überall auf unserer Erde, in unzähligen Sprachen, erklingt zu Weihnachten das weihnachtliche Lied der Lieder „Stille Nacht, heilige Nacht“. Im Jahr 1818 wurde es im kleinen Örtchen Oberndorf nahe Salzburg von dem Pfarrer Joseph Mohr geschrieben und vom Lehrer und Organisten Franz Xaver Gruber mit seiner weltberühmten eingängig-festlichen Melodie vertont. So schön das Lied auch ist, aber es wäre sicherlich dennoch wohl in Vergessenheit geraten, hätten nicht Zillertaler Sänger aus dem österreichischen Bundesland Tirol die „anmutige Weise“ entdeckt und in alle Welt getragen. Und auch ein großer Preußenkönig hat seinen Beitrag dazu geleistet, dass dieses wunderbare Lied auf der ganzen Welt bekannt wurde.

Die Geschichte über die Verbreitung dieses „Weihnachtshits“ der über die Jahre zum weihnachtlichen Volkslied avancierte, ist eine kuriose und ebenso erstaunliche Geschichte. Viele Einzelheiten dazu erforschte einst ein Kaufmann aus dem nordöstlich von Innsbruck gelegenen Fügen: Josef Argus Rainer, auch „Stille-Nacht-Seppl“ genannt. Er starb Anfang der 70er Jahre, sein Sohn und die Enkelkinder pflegen bis heute sein Erbe. Im Fügener Heimatmuseum fanden in einer „Stille-Nacht-Stube“ die wertvollsten der von Argus-Rainer gesammelten Dokumente ihren Platz.

Weil die Orgel kaputt war
Der Sohn, der ebenfalls auf den Vornamen Josef hört, weiß zu berichten: „Mein Vater stammte ursprünglich aus dem Elsass, aber heiratete der Liebe wegen nach Fügen. Vorfahren meiner Mutter waren die berühmten Fügen-Sänger, die im 19. Jahrhundert überall in Europa gastierten und sogar im fernen Amerika auftraten. Ein Forscher, der in den 20er Jahren in Fügen auftauchte, machte meinen Vater darauf aufmerksam, dass vieles in der Geschichte der weltweiten Verbreitung des Liedes ‚Stille Nacht, heilige Nacht', in der unsere Ahnen eine bedeutende Rolle spielten, noch ungeklärt war. Er begann daher selbst weiterzuforschen und kam von diesem Hobby einfach nie mehr wieder los!“

Der Pfarrer und der Organist von Oberndorf schufen wie gesagt 1818 das Lied, weil die Orgel kaputt war und man „etwas zum Singen mit Gitarrenbegleitung“ für die Christmette am Heiligabend brauchte. Die notwendige Orgelreparatur führte der ebenfalls aus Fügen stammende Karl Mauracher durch. Ihm gefiel das neue Lied auf Anhieb – auch wenn es eher für die Gitarrenbegleitung komponiert worden war. Er schrieb sich den Text auf, merkte sich die einprägsame Melodie und begeisterte kurz darauf zu Hause damit die Rainer-Sänger. Auch die nahmen wiederum kurzerhand die wunderbare Weihnachtsweise in das Programm ihrer Konzertreisen auf und trugen so das Lied hinaus in die weite Welt. Zudem verkauften sie überall auf dem Erdenrund die entsprechenden Noten- und Textabdrucke nach ihren Konzerten an begeisterte Zuhörer. So wurde das Lied aus dem kleinen Oberndorf sehr bald jenseits der Grenzen von Deutschland und Österreich bekannt, wurde in England, Frankreich und vor allem aber in den USA gesungen, gefeiert und geliebt. Da die Rainers aber den Namen des eigentlichen Komponisten des Liedes nicht kannten, weil Mauracher ihn damals vergessen und daher nicht mitnotiert hatte, erschienen die Notendrucke stets mit dem bloßen Vermerk „Komponist unbekannt“.

Königlicher Suchauftrag
Ein überaus gründlicher Preuße, König Friedrich Wilhelm IV., dem „Stille Nacht, heilige Nacht“ außerordentlich gut gefiel, gab sich mit dem ungenauen Hinweis nicht zufrieden. Daher ließ er in Wien umgehend nach dem Komponisten suchen und forschen. Dort war man wiederum erstaunt über die Suche des Preußenkönigs, da man weder die Melodie noch den Text wirklich kannte. Um dem preußischen Monarchen aber gefällig zu sein, „verdächtigte“ man sehr bald von Mozart über Beethoven bis zu Haydn alle bedeutsamen österreichischen „Compositeure“ der Urheberschaft. Die Nachforschungen gelangten bis Salzburg, wo ein Stifts-Chorleiter eines Tages im Advent ein paar Chorbuben das Lied singen hörte. Einer der Sängerknaben hieß Franz Gruber und antwortete auf die Frage des regelrecht elektrisierten Chorinspektors, woher er das Lied kenne: „Das Liedl hat mei Vater g'schrieben ...“

Dem „Stille-Nacht-Seppl“ verdanken das Fügener Heimatmuseum unter anderem auch eine umfangreiche Sammlung an Übersetzungen der Weise. Josef Argus-Rainer korrespondierte mit Chorleitern, Missionaren und Lehrern in allen Erdteilen. Selbst Albert Schweitzer schickte ihm aus Lambarene im afrikanischen Gabun Übersetzungen in mehrere Eingeborenendialekte. Die Sammlung umfasst bis heute Versionen auf Hindi, Sudanesisch, Gälisch, Flämisch, Räteromanisch, Neugriechisch, Chinesisch, Russisch, Irisch, Kisuaheli, Arabisch, Türkisch, Bengalisch und sogar auf Esperanto. „Stille Nacht, heilige Nacht“ ist damit wohl einer der ersten und größten Welthits überhaupt.


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