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Gesellschaft

Das Problem sind nicht allein die Polizisten

Wenn Politik und Medien Rechtsextremismus bei der Polizei beklagen, sollten sie sich selbstkritisch fragen, auf welchem Humus dieser gedeihen konnte

Werner J. Patzelt
23.09.2020

Wir haben ein Problem mit unserer Polizei. Ein Teil dieses Problems sind rechtsradikale Denk- und Sprechweisen, ja sogar Haltungen, wie sie – nicht nur – in letzter Zeit sichtbar wurden. Wenig tut es zur Sache, ob gefestigte Überzeugen dahinter stehen oder sich jemand seinen Kameraden bloß deshalb anschließt, weil derlei zum üblichen Ton gehört. Denn hier geht es nicht nur um einen Verstoß gegen den Komment unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sondern es geht um das Vertrauen, das die Bürgerschaft in jene setzen kann, die ihnen gegenüber unmittelbar fühlbar die Macht des Staates ausüben: bei Verkehrs- und Personenkontrollen, bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs, bei Fahndungen und Festnahmen. Falls nicht stets außer Zweifel steht, dass sich Polizisten allein vom Recht und von rechtlich zulässigen Aufträgen leiten lassen, nicht aber von politischen Vorlieben oder Abneigungen, dann sinkt erst das Vertrauen in die Polizei und anschließend die staatliche Durchsetzungsfähigkeit. Nichts davon sollten wir wollen. 

Hier gelangen wir zum größeren Teil des Problems, das wir mit unserer Polizei haben. Wir dürfen uns nämlich nicht mit dem Blick auf die Oberfläche von Radikalismus oder Extremismus begnügen, sondern müssen deren Ursachen ergründen. Die aber scheinen viel tiefer zu liegen, als dass Polizeibewerber mit Gesinnungen, die unserer Verfassung widersprechen, nicht rechtzeitig entdeckt oder entlassen werden. Allerdings muss man nicht so weit gehen, allen ein brüchiges Verhältnis zu Freiheit, Demokratie und Liberalität zuzuschreiben, die sich beruflich für den Dienst mit Waffen entscheiden, nämlich als Soldat oder Polizist. Solche Unterstellungen widersprächen den Tatsachen und verdeckten durch bequeme Diffamierung das wirkliche Problem. 

Wir müssen vielmehr fragen, ob nicht die Weise, in der diese Gesellschaft mit ihren Polizisten umgeht, jenen Humus schafft, auf dem dann Übles gedeiht. Was macht es nämlich mit Polizisten, wenn Linke sie in aller Selbstverständlichkeit „Bullen“ oder noch Herabsetzenderes nennen? Wenn daraus ihnen gegenüber Verachtung und Angriffslust entstehen? Schon 1970 hat das die Journalistin und spätere RAF-Terroristin Ulrike Meinhof ausdrücklich gerechtfertigt: „Wir sagen natürlich, die Bullen sind Schweine. Wir sagen, der Typ in Uniform ist ein Schwein, kein Mensch. Und so haben wir uns mit ihnen auseinanderzusetzen. Das heißt, wir haben nicht mit ihm zu reden, und es ist falsch, überhaupt mit diesen Leuten zu reden. Und natürlich kann geschossen werden.“ 

Was macht es mit Polizisten im Lauf ihrer Dienstzeit, wenn sie nicht nur in die Schmuddelecken der Gesellschaft geschickt werden (Drogenszene, Clankriminalität, Gewalttätigkeit ...), sondern bald mitbekommen, dass die Missstände dort vielfach durch Fehler von Politikern und durch die Leichtfertigkeit einer Gesellschaft verursacht werden, die solche Fehler teils hinnimmt, teils nicht einmal als Fehler erkennt? Was macht es mit ihnen, wenn bei Protestkundgebungen, die in Gewalttätigkeit ausarten, die Schuld regelmäßig bei der Polizei gesucht wird, während man jene fürsorglich entschuldigt, die Steine warfen oder Brandstiftung begingen? Wie lässt sich gemäß polizeilichem Ethos leben, wenn die Durchsetzung von „Recht und Ordnung“ teils lächerlich gemacht, teils als Ausdruck einer autoritären, gar faschistoiden Gesinnung hingestellt wird? Und in welche Richtung wird wohl das politische Gefühlspendel unter Polizisten ausschlagen, wenn die Linke sie verachtet – und dennoch von Politik und Medien umfassend hofiert wird? 

Nichts von alledem entschuldigt Rechtsradikalismus oder Extremismus. Doch wir müssen schon auch die Ursachen von solchen Symptomen abstellen, die uns alle schmerzen. Polizisten-„Bashing“ reicht jedenfalls nicht. Es ist nur die billigste Reaktion. 

• Prof. Dr. Werner J. Patzelt lehrte bis 2019 Vergleichende Politik­wissenschaft an der TU Dresden. 
http://wjpatzelt.de


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Kommentare

Jan Kerzel am 23.09.20, 16:02 Uhr

Jede halbwegs intakte Institution wird über die Schiene Rassismus und Rechtsextremismus angegriffen werden. Das ist ein ganz normales linkes Politkonzept. Währenddessen wird seelenruhig der Elefant durch den Raum geführt. Die Bevölkerung weiß, irgendwie stimmt da was nicht. Die Wahlergebnisse der SPD und der Linken sind ein Hinweis. Man sollte nicht über jeden Stock springen, der da von den Politagitatoren hingehalten wird. Reine Ablenkung von den wirklichen Problemen der Menschen. Leider zählen die nicht. The games must go on.

Chris Benthe am 23.09.20, 15:16 Uhr

Ach, der Patzelt schon wieder. Er benennt mit keinem Sterbenswörtchen die linksextremistische Indoktrinierung der Polizeiführungen. Von einem Politikwissenschaftler kann man mehr erwarten als die ständige Litanei vom angeblichen Rechtsextremismus. Ich sehe weit und breit keinen rechtsextremen Polizisten, wohl aber die tägliche Schikane von andersmeinenden Bürgern durch linksgesteuerte Polizeitaktiken, die dem einfachen Polizisten aufgenötigt werden. Dieser Skandal bietet dem Politikwissenschaftler, dem es auf eine wertungsfreite Sicht ankommt, eine Fülle von Material. Der desolate Zustand der Polizei und ihr Bild in der Öffentlichkeit korrespondiert direkt mit einer völlig verzerrten Wirklichkeitswahrnehung.
Diese ist inspiriert von Linksdemagogen in den akademischen Polizeiführungen, Herr Patzelt. Bohren Sie doch dort einmal, da werden Sie fündig !

Peter Alder am 23.09.20, 10:56 Uhr

Viele Leute haben seit der Schule nix dazugelernt. Sie machen auch im späteren Leben das, was sich auch in der Schulbank schon bewährt hat. Mitschüler werden solange provoziert bis diese reagieren. Und dann zeigen die, die sich an solchen Provokationen und Erniedrigungen erfreuen mit dem Finger auf den, der sich wehren will. Mir scheint, der gesellschaftliche Minimalkonsens, sofern noch vorhanden, wird absichtlich zerstört und viele können wohl den Augenblick nicht erwarten, bis sich zeigt was dann passieren wird.

Siegfried Hermann am 23.09.20, 09:44 Uhr

Der Polizei "Rechts-Radikalismus", gar "Nazi-tum" anzudichten ist doch absurd und ist modischer Kampfbegriff heutigen linkes, buntes Merkel-Främing. Kein Wunder bei der Propaganda-FDJ-Sekretärin für Agitation. Das ist nun auch das einzige was sie wirklich beherrscht.
Und wenn dann genau diese SED-Herrschaften noch linksradikalen Erlebnistouristen öffentlich vor aller Welt Rechtsschutz und Straffreiheit für ihre kriminelle Taten (Gabriel) garantieren, oder bunte Sextouristen die Generalvollmacht zur Gruppen-Vergewaltigung durch kulturelle Verbesserung und mültikülti Missverständnis und ganz pervers gewaltsam "einen neuen Mischmenschen schaffen" (Reker, Roth, Göring, Gauckler, Gabriel, Schäubl, etc.) ausrufen, findet eigentlich Art. 20 Abs. 2-4 statt.
Man muss sich vielmehr fragen, warum nicht die Polizei samt Staatsanwalt und Gerichte diese kruden Elitepolitiker längst hinter Schloss und Riegel gebracht haben!?
btw RAF
Sorry, das waren komplett andere Zeiten und Hintergründe: Fanatische stalingläubige Terroristen, Stasi-unterstützt, Kalter Krieg und eine verblendete Jugend.

steffen Fischer am 23.09.20, 06:48 Uhr

Und täglich grüßt der schon mehrfach festgenommene Kriminelle … und lacht die Polizisten aus.
An diese Ursache für den Frust und die Resignation der Polizei allgemein denkt niemand, denn niemand hat die Absicht, die Ursachen dafür klar zu benennen, geschweige denn daran etwas zu ändern. Bestes Beispiel ist die Drogen Apotheke "Görli" zu Berlin.

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