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Geldpolitik

Das richtige Signal aus Karlsruhe

Mit seinem Urteil zum Staatsanleihekaufprogramm der EZB hat das Bundesverfassungsgericht der Europäischen Zentralbank endlich Grenzen gezogen

René Nehring
06.05.2020

Das Urteil ist ein Paukenschlag. In dem Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Aufkaufs von Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich das Bundesverfassungsgericht am Dienstag offen gegen die bisherige Praxis der Krisenmaßnahmen der EZB gestellt.

Eine Gruppe von Ökonomen und Unternehmern hatte gegen das 2015 von der EZB beschlossene Staatsanleihekaufprogramm (Public Sector Purchase Programme – PSPP) Verfassungsbeschwerde eingelegt, weil es gegen das Verbot der „monetären Staatsfinanzierung“ (Finanzierung aus der Notenpresse) verstoße und die Zentralbank somit ihre Kompetenzen überschreite (also „ultra vires“ agiere). Zudem hätten es Bundesregierung und Bundestag unterlassen, die Verhältnismäßigkeit der EZB-Maßnahmen zu prüfen und gegebenenfalls dagegen vorzugehen.

Zwar hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2018 entschieden, dass das PSPP nicht über das Mandat der EZB hinausgehe. Doch haben nun die Karlsruher Richter mit ihrem Beschluss festgestellt, dass die PSPP-Beschlüsse der EZB durchaus als Ultra-vires-Maßnahmen zu werten sind – und die Zentralbank somit ihre Kompetenzen überschritten hat.

Desweiteren hat das Verfassungsgericht festgehalten, dass deutsche Verfassungsorgane und Behörden weder am Zustandekommen noch an der Umsetzung von Ultra-vires-Akten mitwirken dürfen und dass sie dazu verpflichtet sind, im Falle offensichtlicher Kompetenzüberschreitungen durch EU-Institutionen auf die Aufhebung dieser Maßnahmen hinzuwirken. In diesem Sinne gaben die Richter der Bundesregierung und der Bundesbank auf, binnen drei Monaten die Verhältnismäßigkeit des EZB- Staatsanleihekaufprogramms zu prüfen und darzulegen. Bis dahin ist der deutschen Notenbank die weitere Mitwirkung am PSPP untersagt.

Auch wenn Beobachter davon ausgehen, dass es der EZB leichtfallen dürfte, die Verhältnismäßigkeit des PSPP zu belegen und somit doch die Erlaubnis zu dessen Fortsetzung zu bekommen, hat das Urteil von Karlsruhe weitreichende Folgen. Zum einen gilt die von Mario Draghi 2012 geäußerte Ankündigung, die EZB werde alles Notwendige unternehmen, um den Euro zu retten („whatever it takes“), eben nicht unbegrenzt. Zudem hat Karlsruhe mit seinem Hinwegsetzen über das zwischenzeitige Urteil des EuGH festgestellt, dass die Europäische Union trotz ihrer voranschreitenden Integration noch immer ein Staatenbund souveräner Nationen ist – und kein Bundesstaat.


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