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Holzpellets

Das schmutzige Geschäft mit der „sauberen“ Energie

Weil Holz ein nachwachsender Rohstoff ist, gilt seine Verbrennung als „CO₂-neutral“. Das stimmt jedoch ebenso wenig wie die angebliche ökologische Unbedenklichkeit des massiven Holzabbaus

Dagmar Jestrzemski
28.04.2020

Aus Anlass der Klimakonferenz in Madrid vom 2. bis 13. Dezember 2019 veröffentlichten Vertreter des Wissenschaftsbeirats der Europäischen Akademien (EASAC) eine erneute Stellungnahme zur Nutzung von Holzbiomasse als Energiequelle. Bereits in zahlreichen früheren Mitteilungen hatte die EASAC gewarnt, dass Holzverbrennung zu Unrecht als „klimaneutrale“ Energieerzeugung eingestuft wird. Auch die einst hoch gelobten, stäbchenförmigen Holzpellets liefern laut EASAC keinen Beitrag zum „Klimaschutz“, im Gegenteil: Holz setze bei der Verbrennung pro Kilowattstunde mehr CO₂ frei als Kohle.

Da einschlägige Warnungen aus berufenem Munde bislang konsequent ignoriert wurden, klang die Mitteilung der Wissenschaftler nachgerade verzweifelt. Michael Norton von der EASAC betont, dass hinsichtlich der Biomasse-Nutzung ein gravierender Unterschied zwischen dem Stand der Wissenschaft und realer Politik bestehe. Er bezeichnet es als einen gefährlichen Irrweg, dass die energetische Nutzung von Holzbiomasse in der EU als Beitrag zur Absenkung des CO₂-Ausstoßes anerkannt ist. Das Fällen und Verbrennen von Bäumen in derzeitigem Umfang werde im Gegenteil den CO₂-Gehalt in der Atmosphäre wahrscheinlich für Jahrzehnte um bis zu 30 Prozent erhöhen.

Gravierende ökologische Schäden sind bereits entstanden, weil britische und französische Kohlekraftwerke teilweise oder ganz auf die Verbrennung von Importholz aus den USA, Kanada, Russland und Osteuropa umgestellt haben. Ganze Wälder werden abgeholzt, da für den Betrieb eines einzigen Kraftwerksblocks bis zu 850 000 Tonnen Holz pro Jahr benötigt werden. Obwohl die holzverbrennenden Kraftwerke nun wesentlich mehr CO₂ ausstoßen als vorher, dürfen die Energiekonzerne behaupten, dass sie ihre Emissionen gesenkt hätten. Der Strom gilt als „klimaneutral“.

Ganze Wälder werden abgeholzt

Als Folge der weltweit wachsenden Nachfrage nach Holz nimmt der illegale Holzeinschlag seit Jahren zu. In Deutschland hat sich der Holzverbrauch seit Anfang der 90er Jahre nach Angaben des Zentrums Holzwirtschaft der Universität Hamburg verdoppelt. 50 Prozent des Holzaufkommens werden mittlerweile energetisch genutzt. In Bayern ist „Energieholz“ der bedeutendste erneuerbare Energieträger. Unternehmen wie Vattenfall erhalten ihre Kohlekraftwerke mit Holzpellets aus nordamerikanischen Wäldern am Leben. Drei Millionen Tonnen Pellets hat das US-Unternehmen Enviva 2019 hergestellt und per Schiff an „klimabewusste“ Stromkonzerne geliefert.

Angeblich werden die Pellets aus Baumkronen, krummen Stämmen und Sägemehl hergestellt. Auch die in Deutschland hergestellten Pellets haben nach Angabe des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands eine quasi lupenreine Herkunft. Sie bestehen (entweder) komplett aus Sägeholzresten, die bei der Verwertung von zertifiziertem Holz anfallen, heißt es in einer Reaktion des Verbands auf den EASAC-Bericht, „oder sie stammen in Europa und fast überall in der Welt aus nachhaltiger Waldnutzung“.

„Fast überall“? Die schwammige Formulierung lässt ahnen, dass die Herkunftsangaben oft nicht viel wert sind. Man erinnert sich: In zahlreichen in Rumänien spielenden Filmen durchqueren ein oder mehrere Radlader mit Dutzenden, wahrscheinlich frisch geschlagenen Baumstämmen die Hintergrundkulisse. Auch Tropenholz wird in großen Mengen nach Europa importiert. Laut „Süddeutscher Zeitung“ („SZ“) gab es EU-weit seit Inkrafttreten der EU-Holzhandelsverordnung im März 2013 bis Anfang 2016 nur 346 Prüfungen, bei denen 124 Proben genommen worden seien. Bei festgestellten Verstößen seien lächerlich niedrige Strafen verhängt worden. Einige Länder kontrollieren laut den „SZ“-Recherchen Tropenholzimporte überhaupt nicht.
Der Ausstoß von Feinstaub, Ruß und Dioxinen ist bei Pellet-Heizungen höher als bei Öl- und Gasheizungen. Trotzdem wird das Heizen mit Pellets als „umweltverträglich“ gewertet – dieser Begriff ist wegen des geplanten Kohleausstiegs offenbar noch dehnbarer geworden.

Deutschland ist weltweit der umsatzstärkste Absatzmarkt für Holzpellets. Allein von 1999 bis 2008 wurden rund 100 000 Pellet-Anlagen in Privathaushalten installiert. Ausgelöst haben den Boom hohe Fördermittel, die Deutschland und andere Länder für die Umstellung auf Pelletheizungen zahlen.

Mythos vom „neutralen“ Kreislauf

Die EASAC bezeichnet es als einen schweren Fehler bei den Berechnungsregeln für die CO₂-Emissionen, dass die Länder die CO₂-Emissionen von Biomasse gemäß dem EU-Emissionshandel nicht auflisten müssten. Dasselbe gilt für das UN-System. Zugrunde liegt die Vorstellung, das Verbrennen von Holz sei nur Teil eines CO₂-Kreislaufs, weil die Bäume, die verbrannt werden, zuvor CO₂ aus der Atmosphäre aufgenommen haben. Es werde somit kein zusätzliches CO₂ in die Umwelt ausgestoßen wie beim Verbrauch von Kohle und Öl. EASAC-Vertreter Norton weist diese Idee zurück, denn es handele sich um einen massiven CO₂-Ausstoß in sehr kurzer Zeit: „Da geht ein CO₂-Schub in die Atmosphäre und bleibt dort, bis neue Bäume nachgewachsen sind. Was bekanntlich nicht über Nacht passiert, sondern 30, 40 oder sogar 60 Jahre dauert. Für das Klima ist es, als würde man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.“

Forstwirten, Energieunternehmen und Politikern aber wurde eine finanzielle Win-Win-Situation beschert. Da Länder wie Deutschland unter Zugzwang stehen, ihre Klimaziele zu erreichen, müsste die Bundesregierung ohne Anrechnung der Holzverbrennung die CO₂-Bilanz nach unten korrigieren und würde alsdann die eigenen „Klimaziele“ sowie die EU-Vorgaben umso gravierender verfehlen. Um nicht vertragsbrüchig zu werden, müsste Deutschland dann noch mehr CO₂-Zertifikate als bisher schon von Ländern aufkaufen, die ihre Ziele übererfüllen.

Unterdessen fordert eine Klage von Umweltschützern aus fünf EU-Mitgliedstaaten das Aus für die Förderung von Biomasse durch die EU.


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Kommentare

Klaus Mueller am 03.05.20, 10:36 Uhr

Über dies Thema gibt's einen wunderbaren Dokumenta-Film:
Michael Moore Presents:
PLANET OF THE HUMANS
Directed by Jeff Gibbs

Deutsche Haltung am 30.04.20, 07:32 Uhr

Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten aufgrund zurückgehenden Holzeinschlags und der Industrialisierung der Landwirtschaft stark verwaldet. Gerade auch mittelalterliche Kulturlandschaften wie Almen gingen dabei zahlreich verloren. Mehr eigenes Holz zu nutzen ist durchaus sinnvoll.

pol. Hans Emik-Wurst am 28.04.20, 13:58 Uhr

- Das Kohlendioxid-Argument ist unsinnig.
- Ballungsräume sind ein Verbrechen, auch in kleinen Dörfern.
- Das Abholzen von Wäldern zum Heizen ist ein Verbrechen.

Auf dem Land am Dorfrand oder in einer Streusiedlung ist das Verbrennen von trockenen Holzabfällen völlig problemfrei. Es gibt aber keinen Weg, solche Holzabfälle wirtschaftlich zu gewinnen und damit zu handeln. Sie entstehen, weil ich einen Wald pflege, der sich unmittelbar am Wohnhaus befindet. Der Wald in Hanglage ist nur mit einem Handkarren über einen schmalen Fußweg zugänglich. Das Fällen von Bäumen ist mein Freizeitsport, der Zeitaufwand eine Liebhaberei. Professionelle Waldarbeiter zu beauftragen, würde irrsinnig hohe Kosten verursachen.

Das Überangebot an Holzabfällen in der BRD beruht auf der unwirtschaftlichen Holzgewinnung und zur Zeit wieder mal an der Borkenkäferplage. Ich kann die befallenen Fichten gar nicht alle verbrennen, muss sie aber aus dem Wald in die Scheune schaffen. Der Import in industriellem Stil bringt mehr Gewinn. Der einzig sinnreiche Weg besteht im Eigenbedarf von Dorfbewohnern, die mit einem Traktor, Geländewagen oder Pickup in den Wald fahren, um Sturmschäden und umgestürzte alte Bäume zu verarbeiten.

Angesichts der Ölpreise ist das Heizen mit Pellets Dummheit. Es gibt unbegrenzt viel Erdöl und Erdgas, was ich in einem Artikel mit Quellenangaben belege. Das ist wiederum ein anderes Thema.

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