22.10.2024

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Ölförderung: Einst prägten solche „Pferdeköpfe“ das Bild an den Förderstätten
Foto: SeegertÖlförderung: Einst prägten solche „Pferdeköpfe“ das Bild an den Förderstätten

Industrie

Das schwarze Gold Pommerns

Das Erdölmuseum in Reinkenhagen – Zahlreiche Exponate zeugen dort von der einstigen Förderung

Torsten Seegert
22.09.2024

Dass Pommern über Erdöl und Erdgas, das gewichtsbedingt über dem Erdöl lagert, verfügt, dürfte vielleicht bekannt sein. Ein interessanter Beitrag über „Das deutsche Erdöl“ findet sich bereits 1938 in der „Zeitschrift für Erdkunde“. Teil dessen: eine Karte, die das Gebiet zwischen Damgarten und Köslin bis weit unterhalb von Stettin als wahrscheinliche Lagerstätten von Erdöl ausweist. Auch Bohrungen in Niedersachsen, wie die in Wietze, Ölheim und Oberg sind verzeichnet.

Obgleich bei Geologen sicher beim Hören von Wünschelrutengängern Zweifel aufkommen, beginnt diese Geschichte einer erfolgreichen Schatzsuche in Pommern mit dem Einsatz einer Wünschelrute, 1930 auf Bassin, einem Rittergut, das sich acht Kilometer westlich von Grimmen befand und seit 1857 im Besitz der Familie von Tigerström war. Wilhelm Brauch vermerkt am 7. April 1930 Einwirkungszonen auf Erdöl in Nordnordwest bis Südsüdostrichtung.

Wünschelrute zeigte Öl an
Zur Sache selbst ist bekannt, dass dies Anlass zur Gründung der Bohrgesellschaft Bassin war, welche die Absicht hatte, in Pommern nach Erdöl zu bohren. Das dafür notwendige Kapital sollte durch anzuwerbende Gesellschafter aufgebracht werden, denn die Kosten für derartige Unternehmungen waren hoch. Pachtgelder zwischen 5 bis 10.000 Mark pro Morgen waren nicht unüblich, dazu mussten „Fassgelder“ von 20 bis 25 Prozent zur Produktion gerechnet werden.

Diese hinderlichen Rahmenbedingungen änderten sich erst ab 1934 mit dem Reichsbohrprogramm, das als staatlich finanziertes Explorationsprogramm neben dem Ausbau der Kohlenwasserstoffsynthese in Hydrierwerken (die PAZ berichteten bereits zu den Hydrierwerken Pölitz bei Stettin) die Suche nach Ölfunden vorantrieb. Nach der Erschließung und Ausbeutung der Teufen zwischen 300 und 600 Metern, folgten ab 1938 Bohrungen zwischen 1000 und 1500 Metern.

Die Erdöllagerstätte bei Grimmen sollte aber erst zu DDR-Zeiten wieder Interesse wecken. Nach der ersten ölfündigen Bohrung, der Suchbohrung Reinkenhagen im März 1961, erwuchs aus dem unselbstständigen Stützpunkt des Erdöl-Kombinats Gommern am 1. Oktober 1962 der VEB Erdöl- und Erdgaserkundung Grimmen, der später mit 350.000 Tonnen Rohöl (1969) sowie Erdgas als Begleitgas der größte Erdölerkundungs- und -förderbetrieb der DDR wurde.

Die Umstände der ersten erfolgreichen Bohrung beflügelten den Schriftsteller Kurt Barthel (Künstlername „KuBa“) 1964 zum „dramatischen Poem“ mit dem Titel „terra incognita“. 1965 durch die DEFA verfilmt, spielten wieder Feindbilder eine wichtige Rolle bei der Inszenierung. Ging es in den 1930er Jahren bei der Zeichnung von Anteilen an der Bohrgesellschaft Bassin darum „schädliche amerikanische Absichten“ zu durchkreuzen, entlarvte man nun angebliche „westdeutsche Saboteure“.

Feindbilder festgestellt
Beide Feindbilder hatten jedoch sehr wenig mit dem Schatz, der Suche und dem späteren Erfolg der Heber dieses Schatzes zu tun, wie das am 4. Juni 1994 eröffnete Erdölmuseum Reinkenhagen heute eindrucksvoll dokumentiert. Schließlich machten die Bergleute den VEB Erdöl-Erdgas Grimmen in den 1970er Jahren zum größten DDR Bohrunternehmen, dessen bohrtechnischen Spitzenleistungen unter anderem übertiefe Basis- und Forschungsbohrungen waren.

Bedeutende Vorkommen in Vorpommern gab es in Barth, Loissin, Penkun, Gingst, Pudlaga, Binz und Eldena. Hier wurden in den Jahren 1963 bis 1989 Bohrungen bis zu einer Endteufe (End-Tiefe) von 7550 Metern durchgeführt.

Zu den Achtungszeichen, auf welche die Bergleute des VEB Erdöl-Erdgas Grimmen setzten, zählte unter anderem die am 6. Juni 1964 durchgeführte Basisbohrung Greifswald, die mit 4000 Metern damals DDR-Teufenrekord war, und am 5. Juli 1969 die erste Flachwasserbohrung im Greifswalder Bodden.

Das Öl wurde in Kesselwagen zur Raffinerie nach Schwedt transportiert und
im VEB Petrolchemischen Kombinat (PCK), wo auch das Öl der Erdölleitung „Freundschaft“ aus Russland ankam, weiterverarbeitet. Jährlich sind hier bis 350.000 Tonnen aus heimischen Quellen angegeben. In Schwedt wurden jährlich insgesamt 13 bis 15 Millionen Tonnen verarbeitet.

Der volkseigene Betrieb in Grimmen, der 1989 noch etwa 2300 Mitarbeiter beschäftigte, wurde 1990 in die Erdöl-Erdgas Grimmen GmbH umgewandelt. 1992, nach der Einstellung der Tiefbohrtätigkeit, wurden die verbliebenen Teile bis 2001 liquidiert.

Was blieb? Viele der technischen Denkmale wurden durch ehemalige Mitarbeiter und begeisterte Mitstreiter, die sich im Förderverein „Erdöl und Heimat e.V.“ organisiert haben, gesichert. Gemeinsam ist ihnen der Aufbau des bereits erwähnten Erdölmuseum in Reinkenhagen gelungen, das heute in Wort, Bild und Ton anschaulich durch unzählige Originalteile an die tägliche Arbeit sowie mit Modellen auch an die Geschichte des Grimmener Erdölbetriebes und die pommersche Erdölförderprovinz erinnert.

Es ist übrigens das einzige Museum dieser Art in Mitteldeutschland. Ein Besuch lässt sich ganz bequem mit einer Reise nach Rügen verbinden, da sich das Erdölmuseum direkt am Rügen-Zubringer der A 20 befindet.

erdoelmuseum-reinkenhagen.de


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