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Für Promis, Juden und Gelehrte: Durch konfessionelle Zuwanderung entstand eine außergewöhnlich große Zahl an Ruhestätten
Die ostpreußische Hauptstadt Königsberg wuchs aus drei einzelnen Teilen zusammen, deren Geschichte bis ins Jahr 1255 zurückreicht. Dazu kamen im Laufe der Zeit etliche eingemeindete Ortschaften sowie die dazwischenliegenden Freiheiten, bei denen es sich trotz ihres Namens um von Königsberg abhängige Siedlungen handelte. Das führte wiederum zur Entstehung vieler verschiedener Friedhöfe, deren Zahl am Ende bei 41 lag.
Hierzu ein Beispiel: Allein links und rechts der Labiauer Straße, die vom Stadtzentrum nach Nordosten führte, befanden sich in den 1930er Jahren der Friedhof der Freien Gemeinde, der Deutsch-reformierte Friedhof, der I. und II. Altroßgärter Friedhof, der Israel Friedhof, der I. und II. Löbenichter Friedhof, der Neue katholische Friedhof, der Französisch-reformierte Friedhof, der I. und II. Sackheimer Friedhof sowie der II. Garnisonsfriedhof.
Multireligiöse Kommune
Die zuerst angelegten „Totenäcker“ Königsbergs hatten ihren Platz stets neben einer Kirche wie beispielsweise der Alte Haberberger Friedhof, in dessen Mauer lange eine französische Kanonenkugel steckte, die am 14. Juni 1807 einschlug, ohne größeren Schaden anzurichten. Zentrale Bedeutung als Begräbnisstätte besaß anfangs zudem der Kirchhof des Königsberger Doms.
Ansonsten kam die große Zahl der Friedhöfe in Königsberg noch daher, dass in der Stadt aufgrund der Zuwanderung aus allerlei Regionen Deutschlands und Europas viele unterschiedliche Konfessionen vertreten waren – heute würde man sie daher wohl als „multireligiöse Kommune“ feiern. So gab es neben katholischen und evangelischen Gemeinden seit 1629 auch mehrere freie beziehungsweise reformierte Religionsgemeinschaften, die ihre eigenen Begräbnisplätze nutzten. Die Erlaubnis zur Einrichtung des ersten reformierten Friedhofes erteilte seinerzeit der Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg, welcher sich dann schließlich auch selbst in Königsberg zu seiner letzten Ruhe betten ließ.
Jüdische letzte Ruhestätte
Ebenso besaß die Ansiedlung am Pregel drei jüdische Friedhöfe, denn Königsberg war nach Berlin und Breslau die Stadt mit der drittgrößten jüdischen Gemeinde in Deutschland – zumindest bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten. Der erste jüdische Friedhof entstand 1704 auf dem Tragheim; Bestattungen fanden hier bis 1875 stand. Im gleichen Jahr begann die Nutzung des Alten Jüdischen Friedhofs vor dem Königstor, die bis 1928 andauerte. Das Gelände gehört heute übrigens auch wieder der jüdischen Gemeinde. Und der Neue Jüdische Friedhof am Hammerteich, dessen Trauerhalle während der Progromnacht 1938 in Flammen aufging, wurde dann 1927 eröffnet. Derzeit befindet sich auf dem verfallenen Areal nur noch eine Tierklinik.
Zusätzlich existierte vor dem Roßgärter Tor ein weitläufiger Gemeindefriedhof im Eigentum der Stadt, auf dem jeder ungeachtet seiner jeweiligen Konfession bestattet werden konnte. Typisch für das Königsberger Friedhofswesen waren des Weiteren mehrere Militärfriedhöfe, auf denen die verstorbenen oder gefallenen Angehörigen der örtlichen Garnison ihre letzte Ruhe fanden, sowie der sogenannte Gelehrtenfriedhof.
Wegen Überfüllung geschlossen
Bei dem Letzteren handelte es sich eigentlich um den ursprünglichen Alten Neuroßgärter Friedhof im Bereich des ehemaligen Festungsgürtels, der 1817 nicht mehr genügend Platz für alle bot, weswegen die Stadtverwaltung beschloss, hier nur noch die Beerdigung von Prominenten aus Politik, Wissenschaft und Kunst zuzulassen. Darüber hinaus wurden auch einige berühmte Königsberger auf den Gelehrtenfriedhof umgebettet. Auf diesem ruhten unter anderem der geniale Astronom Friedrich Wilhelm Bessel, der Aufklärer Theodor Gottlieb von Hippel, der Mitbegründer der Theoretischen Physik Franz Ernst Neumann sowie der Chirurgieprofessor und Generalarzt der preußischen Armee Albrecht Wagner, bis die Grabstätten den Kampfhandlungen zum Ende des Zweiten Weltkrieges zum Opfer fielen.
Kluge Köpfe unter sich
Andere berühmte Gelehrte beziehungsweise Professoren der Königsberger Universität beerdigte man im 1588 eingerichteten „Professorengewölbe“ an der Außenseite des Doms. Dieses barg nicht zuletzt die Gebeine des 1804 verstorbenen großen Philosophen Immanuel Kant. Kurz nach dessen Beisetzung wurde dann das Professorengewölbe geschlossen, weil eine neue Polizeiverordnung besagte, dass niemand mehr innerhalb der Stadtmauern bestattet werden dürfe. Deshalb entstanden dann die Ehrengräber auf dem Gelehrtenfriedhof.
Ansonsten lagen etliche aus der Historie bekannte Bürger Königsbergs auf dem Alten Haberberger Friedhof. Das gilt beispielsweise für Johann Funck, Matthias Horst und Johann Schnell, drei 1566 auf Befehl des Herzogs Albrecht von Preußen enthauptete angebliche Helfershelfer des kroatischen Hochstaplers und „Goldmachers“ Paul Skalich alias Pavao Jelencych.
Während viele der ursprünglichen Friedhöfe Königsbergs heutzutage nicht mehr existieren, befindet sich im heutigen Königsberg, das als Exklave unter russischer Verwaltung steht, eine große Kriegsgräberstätte an der früheren Cranzer Allee. Dort ruhen mehr als 14.000 deutsche sowie sowjetische Kriegstote. Als ob es für die Feinde von einst zumindest im Tod endlich möglich ist, friedlich nebeneinander zu ruhen. Immerhin!