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Bei der Schach-WM will der Norweger Magnus Carlson seinen Titel verteidigen. Ein junger Deutscher sitzt schon in den Startlöchern
Die Weltmeisterschaften der Sportart Schach werden in diesen Tagen im Exhibition Center in Dubai ausgetragen. Alle Augen richten sich dabei auf den Titelverteidiger Magnus Carlsen, der seit 2013 den Titel Weltmeister trägt und diesen seitdem mit schöner Regelmäßigkeit verteidigt hat. Der Norweger, der bereits mit 13 Jahren den Titel Großmeister tragen durfte, ist seit mehr als zehn Jahren das Maß der Dinge im Schach. Doch die souveräne Überlegenheit des Schach-Königs bröckelt.
Carlsen galt vor zehn Jahren als Schach-Wunderkind. Doch er ist nicht der einzige talentierte Schachspieler, der schon in jungen Jahren für Aufsehen am Schachbrett gesorgt hat. Der Norweger verteidigt seinen WM-Titel in diesem Jahr gegen den Russen Jan Nepomnjaschtschi. Die beiden Männer kennen sich gut. Beide sind inzwischen 31 Jahre alt, haben bereits im Alter von zwölf Jahren bei Europameisterschaften gegeneinander gespielt.
Auch der russische Gegner bei der diesjährigen WM ist ein Schach-Wunderkind gewesen. Die ersten fünf Runden beim diesjährigen WM-Wettstreit sind mit einem Remis ausgegangen. Mit Remis wird beim Schach eine Partie bezeichnet, deren Ausgang ein Unentschieden ist.
Wettstreit der Strategien
Insgesamt 14 klassische Partien werden gespielt. Sollten alle Runden mit einem Remis enden, wird es dazu kommen, dass die beiden Gegner in mindestens vier Schnellschach-Partien gegeneinander antreten. Auch das wäre nicht neu. Die letzten beiden WM-Titel sind ebenfalls in einem solchen Tiebreak-Finale ermittelt worden. Sollte es danach noch Remis stehen, gibt es eine Blitzschach-Partie mit noch geringerer Bedenkzeit. Eine sogenannte Armageddon-Partie, bei der ein Losentscheid den Sieg-bringenden Vorteil ausmachen kann, ist das letzte Mittel, um einen Gewinner zu bestimmen.
Carlsen bestreitet in diesem Jahr seine fünfte WM. Beim letzten Wettstreit im Jahr 2018 trat er gegen den US-Amerikaner Fabiano Caruana an, der zu diesem Zeitpunkt die Nummer zwei der Weltrangliste hinter Carlsen war. Auch er galt als Schach-Wunderkind. Die Strategie von Caruana war geprägt von Wissenschaftlichkeit und kühler Analyse und stand damit im krassen Gegensatz zum Spiel von Magnus Carlsen, der gerne auf Überraschungseffekte setzt und sich auf seine Improvisationsfähigkeit verlässt.
Für die Wertung bedeutet ein Remis, dass beide Spieler für die Partie je einen halben Punkt erhalten. Für einen Sieg erhält der Spieler einen ganzen Punkt. Der Schachspieler, der zuerst 7,5 Punkte erzielt, geht als Sieger aus dem Wettkampf hervor. Während den Spielern in den klassischen Partien in den ersten 40 Zügen 120 Minuten und für die folgenden 20 Züge 60 Minuten Bedenkzeit zur Verfügung stehen, setzt der Tiebreak die Spieler mit dem Faktor Zeit unter Druck.
Vier Partien Schnellschach, bei denen 25 Minuten Bedenkzeit und zehn Sekunden Zugabe je Zug angesetzt sind, fordern schnelle Entscheidungen. Ein Format, das Carlsen, dem ein phänomenales Gedächtnis nachgesagt wird, liegt. Das bewies er zuletzt bei der WM 2018, als er damit den Herausforderer Caruana so gewaltig unter Druck setzte, dass er klar siegte.
Auch im Jahr 2016 trafen zwei Schach-Wunderkinder aufeinander. Damals saßen sich Carlsen und sein russischer Herausforderer Sergej Karjakin in New York am Schachbrett gegenüber. Bei diesem Match standen sich zwei Spieler gegenüber, die für Nervenstärke stehen. Auch in dieser Begegnung gab es zehn Partien, die mit Remis endeten. Nach den insgesamt zwölf Partien gab es Punktegleichstand – auch hier fiel die Entscheidung im anschließenden Schnellschach.
Match auf Augenhöhe
Bislang ist die diesjährige WM-Partie zwischen Magnus Carlsen und Jan Nepomnjaschtschi ausgewogen. Eine Computerauswertung der ersten Partien ergab, dass dies bislang die korrekteste Weltmeisterschaftspartie der Schach-Geschichte ist, gemessen an den vom Computer für gut befundenen Zügen. Und das, obwohl der Russe auf bewährte Strategien wie die russische und die spanische Eröffnung setzte, der norwegische Titelverteidiger dagegen hier und da mit Zügen reagierte, die in keinem Lehrbuch stehen. Für diese Spiel-Strategie ist Carlsen, der auch als Mozart des Schach bezeichnet wird, bekannt. Nicht nur seine extravagante Art des Spiels, auch seine Launen sollen an das Musik-Genie erinnern.
Sein Herausforderer Nepomnjaschtschi hat Carlsen bereits einmal schlagen können – im Jahr 2002 bei der EM der unter Zwölfjährigen. Er gilt als Schachgenie und hat durchaus das Potential, der 17. Schachweltmeister zu werden.
Abseits des großen Duells steht ein weiteres Schach-Genie in den Startlöchern. So wie es aktuell aussieht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis der jetzt 16-jährige Vincent Keymer nach Emanuel Lasker der zweite deutsche Weltmeister werden könnte. Der aus der preußischen Provinz Brandenburg stammende Lasker behauptete 27 Jahre lang, von 1894 bis 1921, den WM-Titel.
Carlsen hat sich mit Keymer bereits ein sieben Stunden dauerndes Match geliefert und war anschließend voll des Lobes für seinen Gegner, der mit 14 Jahren jüngster Deutscher Großmeister aller Zeiten geworden ist. Er trainiert zehn Stunden täglich und hat ein großes Ziel: irgendwann den WM-Thron zu erringen.
Das Können von Schachspielern wird mit Hilfe der ELO-Zahlen ermittelt. Im Jahr 2019 wurde für Keymer aufgrund seiner Strategien ein ELO-Wert von 2795 ermittelt. Eine herausragende Leistung, die noch nie zuvor von einem Schachspieler der Altersklasse U14 erzielt worden war. Bei der Europameisterschaft der Vereine 2021 konnte er mit einer Leistung von 2812 ELO zum Erfolg seines Vereins beitragen. Im Vergleich dazu wurde im April 2021 für Carlsen ein ELO-Wert von 2855 ausgewiesen. Für Karakin, WM-Gegner von Carlsen im Jahr 2016, waren zu diesem Zeitpunkt 2782 notiert. Caruana, WM-Herausforderer im Jahr 2018, rangierte mit einem ELO-Wert von 2791 auf Platz zwei hinter Carlsen.