14.12.2025

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Bilder: Bildarchiv Ostpreußen

Naturverbunden und Bescheiden

Das Weihnachtsfest in Ostpreußen

Es war eine wunderbare Tradition, die heute wieder angesagter denn je ist

Stephanie Sieckmann
14.12.2025

Weihnachten in Ostpreußen war geprägt von Elementen, die heute wieder stark in den Mittelpunkt rücken: Ursprünglichkeit, Naturmaterialien, Schlichtheit, Qualität, Begegnung und Gemeinschaft. Die alten Bräuche und Traditionen dieser Region erscheinen heute dabei immer öfter als ein Sehnsuchtsbild, als Inbegriff des Weihnachtsfestes und sind damit außergewöhnlich zeitgemäß.

In Ostpreußen – dort, zwischen Ostsee, dunklen Wäldern und weiten Seen – wurde Advent und Weihnachten seit jeher anders gefeiert, nämlich ruhiger, naturverbundener, bescheidener und zugleich tief verwurzelt im Gemeinschaftsgefühl. In der Adventszeit war neben den Kirchgängen die Lichtstube ein zentraler Treffpunkt. Nachbarn und Freunde kamen in einer mit Kerzen hell erleuchteten Wohnstube zusammen, um gemeinsam Handarbeiten wie Schnitzen, Spinnen, Nähen, Sticken auszuführen, sich Geschichten zu erzählen und gemeinsam Lieder zu singen.

Spinnen, Stricken, Nähen kommen auch heute wieder in Mode. Gemeinsame Tätigkeiten sind aber nicht auf derartige Handarbeiten beschränkt. Mit der Familie, Freunden und Nachbarn in der Küche zu backen, entspricht genauso der Idee der Lichtstube.

Der Weihnachtsschmuck in Ostpreußen war stets schlicht, mit einfachen, aber natürlichen Elementen versehen. Tannenzweige, Moos, Zapfen und Waldfrüchte dienten als Dekoration. Unabhängig davon wie groß der Weihnachtsbaum war – in den Bauernstuben klein, in Gutshäusern groß – wurde er in Ostpreußen mit wenig Lametta, schlichten Strohsternen, selbstgebackenen Figuren, rotbackigen Äpfeln, Nüssen und Kerzen geschmückt. Und unterschied sich damit deutlich von Regionen wie Bayern oder Westfalen. Die bewusst betonte Einfachheit in Ostpreußen war gewollt und Ausdruck der innigen Beziehung zur Natur. Heute entspricht dies dem Nachhaltigkeitsgedanken, der für viele Menschen Bedeutung hat.

Zu den Ritualen gehörte es, beim Weihnachtsfest einen Stuhl mehr an den Tisch zu stellen, als benötigt wurde. Dies für den Fall, dass spontan ein Gast kommen sollte, der selbstverständlich mit an den Tisch gebeten wurde. Die Gemeinschaft, das Miteinander wurde geschätzt und gepflegt. Gastfreundschaft und Ostpreußen sind sehr eng miteinander verbunden. Niemand sollte an den Feiertagen allein sein. In einer Zeit, in der zunehmend viele Menschen – junge wie alte – unter Einsamkeit leiden, ist dies ein Gedanke, der besondere Beachtung verdient. Ein schöner Brauch, der es verdient, wieder eingeführt zu werden.

Schlicht und doch erfüllend
Aber auch das Backwerk aus Ostpreußen unterschied sich vom Weihnachtsgebäck anderer Regionen. Vor allem war das Gebäck weniger süß. Regional stark verbreitete Zutaten wie Mohn, Nüsse und Honig zählten zu den favorisierten Bestandteilen. Auf den Tisch kamen an den Adventssonntagen und den Weihnachtsfeiertagen oft Baumkuchen, Honigkuchen und Mohnkuchen. Wer es sich leisten konnte, gönnte sich und seinen Gästen Königsberger Marzipan. Mit sehr hohem Mandelanteil, weniger süß als die Lübecker Variante und mit der typischen Flämmung auf der Oberseite galt es bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs als das beste Marzipan weltweit.

Die Verwendung von weniger Zucker und der Einsatz regionaler Zutaten gehören heute für die meisten Menschen zu einer guten Ernährung dazu. Darauf muss auch beim Weihnachtsfest nicht verzichtet werden. Statt ein Fest des Überflusses zu feiern – mit Champagner, Hummer und exotischen Leckereien –, kann die bewusste Rückbesinnung auf regionale Leckereien eine sinnvolle Alternative darstellen.

Die Lichtstube, das gemeinsame Backen, das Fest ohne überbordende Fülle, aber voller Herzlichkeit – all das beschreibt ein Weihnachtsfest, wie es sich viele Menschen heute wünschen. Die Bräuche der Ostpreußischen Weihnacht stellen einen Gegenentwurf zu der modernen, konsumlastigen Feier dar, die von einer Fülle teurer Geschenke – oft aus nicht recycelbarem Plastik –, einem Organisations-Marathon hastig absolvierter Kurzbesuche (jetzt noch schnell zur Oma, danach auf einen Kaffee zur Schwester) und einer Erschöpfung nach den Feiertagen geprägt sind.

Weihnachten als Erfüllung
Die ostpreußischen Weihnachtsbräuche sollten daher kein nostalgischer Rückblick, sondern eher eine Inspiration für unsere Gegenwart darstellen. Dahinter stehen die Werte, die Ostpreußen stets geprägt haben: Ordnung, Sparsamkeit und Toleranz, Mut und Identifikation mit dem Gemeinwesen. Sie zeigen, wie ein Fest voller Sinn, Wärme und Einfachheit aussehen kann – Elemente, die heute wieder geschätzt werden und nach denen sich viele Menschen sehnen.

Weihnachten, wie in Ostpreußen, das ist Weihnachten als Zeit der Stille, der Ruhe, der Besinnung auf das Wesentliche. Gemeinsam Backen, gemeinsam gestalten, gemeinsam mit Familie und Freunden bewusst Zeit verbringen und Weihnachten mit Sinn – feiern wir doch die Geburt Jesu, was wir niemals vergessen sollten. Wer Weihnachten so feiert, fühlt sich vom Leben beschenkt, genießt die Weihnachtszeit auf ganz be-sondere Weise und schöpft dabei in der dunklen Jahreszeit seelisch Kraft.


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