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Der „Afrika-Herzog“

Der Schwarze Kontinent war das größte von diversen Interessensgebieten des vor 150 Jahren geborenen Adolf Friedrich zu Mecklenburg

Wolfgang Reith
10.10.2023

Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg war ein begeisterter Reiter und Autofahrer, Jäger und Forschungsreisender. Vvor allem aber ist er bekannt geworden durch seine Tätigkeit im Rahmen der Stiftung Kolonialkriegerdank und der daraus hervorgegangenen Stiftung Heimathilfe, der er sein Leben bis ins hohe Alter widmete.

Der vor 150 Jahren, am 10. Oktober 1873, als siebtes Kind des seit 1842 regierenden Großherzogs Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin (1823–1883) in Schwerin geborene „Afrika-Herzog“ besuchte nach anfänglicher Unterrichtung durch einen Hauslehrer das renommierte Vitzhumsche Gymnasium in Dresden. Dort legte er 1894 sein Abitur ab. Der Vater schenkte ihm dafür eine Orientreise, die ihn bis nach Damaskus und Jerusalem führte und die er ausschließlich zu Pferde zurücklegte.

Pferde, die Jagd und Automobile
So war es selbstverständlich, dass Adolf Friedrich nach seiner Rückkehr in die preußische Kavallerie eintrat. Dort durchlief er beim Garde-Kürassier-Regiment die Offiziersausbildung. Bereits an seinem zwölften Geburtstag 1885 war er zum Sekondeleutnant (Leutnant) ernannt worden. Noch vor dem Abschluss seiner Schulausbildung erfolgte 1893 mit knapp 20 Jahren die Beförderung zum Premierleutnant (Oberleutnant). 1896 begleitete er die mecklenburgische Delegation zu den Krönungsfeierlichkeiten für den russischen Zaren Nikolaus II. 1898 gerade zum Rittmeister befördert, nahm er am großen Armee-Jagdrennen in Berlin teil, aus dem er als Sieger hervorging. Kurz darauf stürzte er jedoch mit seinem Pferd. Dabei erlitt er einen Schädelbruch. Kaiser Wilhelm II. verbot ihm daraufhin vorerst das Reiten und gab ihm den Rat: „Fürsten sollen sich schonen.“

Doch Adolf Friedrich schonte sich keineswegs, denn er entdeckte nun seine Leidenschaft für das Automobil. 1900 gehörte er zu den Mitbegründern des Deutschen Automobilclubs (DAC), der fünf Jahre später in Kaiserlicher Automobilclub (KAC) umbenannt wurde und aus dem nach dem Ende der Monarchie der Automobilclub von Deutschland (AvD) hervorging, dessen Präsident er in den Jahren 1928 bis 1934 war und der ihn nach seiner Neugründung 1948 zum Ehrenpräsidenten ernannte.

Seine Orientreise 1894 hatte aber auch sein Interesse an fremden Kulturen geweckt. Und so sollten bald weitere Auslandsunternehmungen folgen. 1902 bereiste er Deutsch-Ostafrika sowie die britischen Überseegebiete Ägypten und Ceylon. Das führte dazu, dass er sich mit kolonialen Themen zu beschäftigen begann. Dabei kam ihm zugute, dass sein um 16 Jahre älterer Halbbruder, Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg-Schwerin (1857–1920), seit 1895 Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft war.

Gouverneur von Togo
Insbesondere der afrikanische Kontinent hatte es Adolf Friedrich nun angetan. Und so plante er eine neue, diesmal wissenschaftliche Expedition dorthin, die er 1905 in die Tat umsetzte und bei der er die Regionen östlich des Victoriasees erforschte. Im Jahr zuvor war er noch zum Major befördert worden und hatte dann den aktiven Dienst bei der Truppe beendet.

Von Mai 1907 bis Mai 1908 führte er eine weitere Expedition durch, die der wissenschaftlichen Erschließung Afrikas diente. Diesmal hatte der Herzog etliche Berliner Gelehrte mitgenommen, mit denen er den Kontinent von Mombasa im Osten durch Ruanda und Belgisch-Kongo bis nach Brazzaville im Westen durchquerte. Mit umfangreichen Forschungsergebnissen kehrte man zurück, und im Jahr darauf veröffentlichte Adolf Friedrich sein Buch mit dem Titel „Ins innerste Afrika“, das auch ins Englische übersetzt wurde. Nachdem ihn nunmehr das Afrika-Fieber ergriffen hatte, ließ die nächste und vierte Expedition nicht lange auf sich warten, die ihn 1910-1911 erneut durch Zentralafrika führte.

1912 wurden seine Verdienste als „wissenschaftlicher Organisator“ schließlich dadurch gekrönt, dass man den zum Oberstleutnant beförderten Herzog als Kaiserlichen Gouverneur in das als Musterkolonie geltende Deutsch-Togo entsandte. Bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges zwei Jahre später befand er sich gerade auf Heimaturlaub in Deutschland und konnte somit nicht zurückkehren. Folglich stellte er sich der Armee zur Verfügung und leistete, 1915 zum Oberst befördert, Dienst an der Westfront, auf dem Balkan und an der Front im Osmanischen Reich. 1916 ließ er sich beurlauben, ein Jahr später heiratete er Viktoria Feodora Prinzessin von Reuß-Gera, die jedoch schon 1918 bei der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes starb. 1924 ging er dann eine neue Ehe mit Elisabeth Prinzessin zu Stolberg-Roßla, der Witwe seines 1920 verstorbenen, oben erwähnten Halbbruders Johann Albrecht, ein.

Vereinigtes Baltisches Herzogtum
Nachdem Adolf Friedrich 1918 kurzzeitig als Thronanwärter für das unabhängig gewordene Finnland ins Gespräch gebracht worden war, ein Plan, der sich jedoch schon bald zerschlug, sollte er Regent des am 5. November 1918 in Riga proklamierten Vereinigten Baltischen Herzogtums werden, das die Territorien Lettlands und Estlands umfasste. Der Ausbruch der Novemberrevolution vier Tage später beendete allerdings auch dieses Vorhaben. Stattdessen konzentrierten sich die Aktivitäten des Herzogs nun auf die Kolonialbewegung der Weimarer Republik. So war er bereits Ehrenpräsident der 1908 gegründeten Vereinigung Kolonialkriegerdank zur Unterstützung ehemaliger Kolonialkrieger aus Armee, Marine, Schutz- und Polizeitruppen sowie deren Hinterbliebenen, die seit 1913 den Status einer Stiftung hatte und deren Vorsitz Adolf Friedrich 1921 selbst übernahm.

1933 erfolgte die Umbenennung der Kolonialen Reichsarbeitsgemeinschaft (Korag), Dachorganisation aller deutschen Kolonialverbände, in „Reichskolonialbund“. Präsident blieb Heinrich Schnee, in Personalunion weiterhin Präsident der Deutschen Kolonialgesellschaft. Einer der beiden Vizepräsidenten wurde Herzog Adolf Friedrich, zugleich Präsident des Kolonialkriegerdankes. Hatten die kolonialen Verbände bislang noch ihre Unabhängigkeit wahren können, so vollzogen sich 1936 im Rahmen einer Gleichschaltung deren Auflösung und die Gründung einer großen einheitlichen Organisation, die ebenfalls die Bezeichnung Reichskolonialbund (RKB) führte. Ihm angeschlossen war als beratendes und unterstützendes Gremium ein Kolonialrat, der sich mehrheitlich aus Repräsentanten der alten Kolonialbewegung zusammensetzte und dem auch Herzog Adolf Friedrich angehörte. Der Kolonialkriegerdank blieb als weitgehend eigenständige Stiftung unter dem Namen „Kolonialdank“ bestehen und bildete nun die Abteilung V (Koloniale Wohlfahrt) der Bundesführung des RKB.

Präsident des NOK
Herzog Adolf Friedrich unternahm im Laufe der Jahre weitere Überseereisen. 1923 fuhr er nach Niederländisch-Indien, 1927/28 erfolgte eine Rundreise durch Afrika mit Schwerpunkt auf den beiden vormaligen deutschen Kolonien Ost- und Südwestafrika, 1934 zog es ihn erneut nach Ost- und anschließend nach Südafrika, und 1937 besuchte er mit Kamerun und Togo wieder zwei vormalige deutsche Kolonien sowie Algerien. Daneben fungierte er von 1926 bis 1956 als Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) und war 1936 als Mitglied des Organisationsausschusses an der Vorbereitung der Olympischen Spiele von Berlin beteiligt. Am Ende des Zweiten Weltkrieges verließ er seinen Privatbesitz in Bad Doberan (Villa Feodora), da er nicht unter sowjetischer Besatzung leben wollte, und floh nach Eutin. Dort lebte er bis zu seinem Tode. Alle seine Erinnerungsstücke an Afrika gingen damit jedoch leider verloren.

Angesichts seiner eigenen Flucht vor den Sowjets war es nur folgerichtig, dass sich Adolf Friedrich in Nachkriegsdeutschland für die Interessen der Vertriebenen einsetzte. 1951 übernahm er die Schirmherrschaft über die Landsmannschaft Mecklenburg. Bereits zwei Jahre zuvor war er Präsident des neugegründeten deutschen Nationalen Olympischen Komitees (NOK) geworden und blieb dies bis 1951. Anschließend war er dessen Ehrenpräsident, und nach seinem Ausscheiden aus dem IOC 1956 auch dessen Ehrenmitglied auf Lebenszeit. Als leidenschaftlicher Jäger war er von 1928 bis 1934 zudem Präsident des Reichsjagdverbandes gewesen. Die Stiftung Kolonialdank war 1945 von der US-amerikanischen Besatzungsmacht aufgelöst und ihr Vermögen beschlagnahmt worden. Es dauerte genau fünf Jahre, bis man auf dem Klageweg die Aufhebung dieser Entscheidung erreichte und sodann unter dem Namen „Stiftung Heimathilfe“ eine Nachfolgeorganisation ins Leben gerufen werden konnte, die bis 1996 und damit weit über den Tod ihres Gründers hinaus bestand.

Solidarität mit den Vertriebenen
Selbst im hohen Alter zog es Herzog Adolf Friedrich aber auch noch zweimal in sein geliebtes Afrika. 1956 bereiste er Südwestafrika. Und 1960 wurde er in seiner Eigenschaft als letzter deutscher Gouverneur Togos zu den Feierlichkeiten anlässlich der Unabhängigkeit dieses Staates eingeladen, eine besondere Ehre, die er sich mit inzwischen 87 Jahren nicht entgehen ließ.

Nach einem erfüllten Leben schloss Adolf Friedrich Herzog zu Mecklenburg am 5. August 1969 im Alter von 96 Jahren für immer die Augen. Da er unbedingt in mecklenburgischer Erde begraben werden wollte, was er aber in der damaligen DDR nicht wollte, entschied er sich testamentarisch für Ratzeburg, denn dessen Dombezirk, das einstige Hochstift und spätere Fürstentum, hatte seit 1701 zum Herzogtum Mecklenburg-Strelitz gehört. Und so wurden seine sterblichen Überreste denn dort am südlichen Seitenschiff des Doms zur letzten Ruhe gelegt. An der Beisetzungszeremonie nahm auch ein Vertreter der Regierung Togos teil. Adolf Friedrichs zweite Ehefrau folgte ihm übrigens noch im selben Jahr, am 16. Oktober 1969, in den Tod, ihr Grab befindet sich neben dem Seinen.


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