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Der sächsische Kurfürst konnte die polnische Krone erringen. Die kulturellen Hervorbringungen seiner Zeit suchen ihresgleichen
Über den sächsischen Kurfürsten Friedrich August I., zugleich als August II. polnischer König, äußerte dessen Minister Jacob Heinrich von Flemming: „Die Fehler seiner Erziehung tragen Schuld daran, dass er einen schlechten Gebrauch von der Geschichte machte; er war geneigt, die schönen Seiten der Geschichte für die wahre Geschichte zu halten, und dies hatte zur Folge, dass es in seinem Tun viel Romanhaftes gab.“
Als Kurfürst nicht vorgesehen
Zumindest das „Romanhafte“ im Leben und Nachleben des Herrschers, der vor allem unter dem Namen „August der Starke“ bekannt ist, dürfte außer Frage stehen. Der Beiname verdankt sich seinen, zumindest der Legende nach, außerordentlichen körperlichen Kräften. Noch heute wird in Dresden mit einem gewissen Stolz ein Hufeisen gezeigt, das August mit bloßen Händen zerbrochen haben soll. Auch für anderweitige Stärken war er bekannt. Gern kolportiert wird die Angabe der Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, der Schwester Friedrichs des Großen, August hätte „eine Art von Serail, das aus den schönsten Frauen seines Landes“ bestanden habe, unterhalten und man schätze die Zahl seiner Nachkommen mit den Mätressen auf 354. Die konkrete Angabe ist zweifelsfrei übertrieben, aber derartige Gerüchte hatten durchaus handfeste Ursachen.
An höfischer Prachtentfaltung, die auch mit nachhaltiger Kunstförderung einherging, konnte es im Reich zu seiner Zeit wohl niemand mit ihm aufnehmen. Am nachhaltigsten sichtbar war und ist dies in der Architektur. Das Bild des Barockfürsten schlechthin ist maßgeblich geprägt durch die Persönlichkeit Augusts des Starken. Auf politischer Ebene verfehlte er allerdings sein wichtigstes Ziel, den Aufstieg seines Herrschaftsbereichs zur europäischen Großmacht. Seine ambitionierten kriegerischen Unternehmungen endeten meist in Niederlagen.
Geboren wurde der Wettiner am 12. Mai 1670 in Dresden. Die Regentschaft in Sachsen kam zunächst seinem älteren Bruder zu, der jedoch bereits 1694 starb und lediglich eine uneheliche Tochter hinterließ. August der Starke war für eine militärische Laufbahn vorgesehen. Biografen betonen, dass er das Amt des Kurfürsten vergleichsweise unvorbereitet antreten musste. Mit Hilfe von Flemming, der nach Polen zahlreiche Verbindungen hatte und der Landessprache mächtig war, vor allem aber mit immensen Bestechungssummen gelang es dem sächsischen Kurfürsten 1697, seine Wahl zum polnischen König zu erreichen.
Der Königstitel hatte im europäischen Rahmen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung und wurde auch von anderen Reichsfürsten angestrebt, etwa vom brandenburgischen Kurfürsten, der 1701 König in Preußen wurde. Das Vorhaben, Sachsen und das wesentlich größere Polen nicht nur durch eine Personal-, sondern auch durch eine Realunion zusammenzuführen, gelang August allerdings nicht. Auch geografisch blieben die beiden Territorien während der gesamten sächsisch-polnischen Zeit getrennt.
Seit 1700 stand Sachsen im Großen Nordischen Krieg gegen Schweden, gemeinsam mit Russland und Dänemark. Letzteres sollte bald wieder ausscheiden. Dem Schwedenkönig Karl XII. gelang es, Sachsen zu besetzen, im Frieden von Altranstädt musste August 1706 auf die polnische Krone verzichten. Nach der entscheidenden Niederlage Karls XII. gegen den Zaren in der Schlacht bei Poltawa 1709 gelangte der sächsische Kurfürst erneut auf den polnischen Thron – dieses Mal allerdings mit der russischen Unterstützung und unter Duldung der Habsburger. Gegenüber den traditionellen Institutionen des polnischen Adelsstaates, dem Sejm und den Provinziallandtagen, die bestrebt waren, den Einfluss des Königs zurückzudrängen, konnte sich August nicht in dem von ihm gewünschten Maße behaupten.
Auch in Sachsen gelang die angestrebte Zentralisierung und die Ausgestaltung einer absolutistischen Herrschaft gegen die opponierenden Landstände nicht, auch wenn entsprechende Initiativen in Gang gesetzt wurden, etwa die Errichtung eines Geheimen Kabinetts im Jahr 1706. Groß war stets der Geldbedarf des auf Repräsentation bedachten Fürsten. Zu diesem Zweck wurde ab 1702 eine allgemeine Verbrauchssteuer eingeführt.
Ehefrau galt als „Betsäule Sachsens“
Auf wenig Begeisterung war in Sachsen, dem Kernland der Reformation, der Konfessionswechsel Augusts gestoßen. Voraussetzung für seine Wahl zum polnischen König war der Übertritt zum Katholizismus gewesen. Der Monarch war darum bemüht, die Angelegenheit als seine Privatsache darzustellen. Nicht einmal seine Frau, Christiane Eberhardine, vollzog diesen Schritt mit. Die überzeugte Protestantin galt als „Betsäule Sachsens“.
1719 heiratete Augusts Sohn, Kurprinz Friedrich August, die Kaisertochter Maria Josepha. Die aufwendigen, fünfwöchigen Hochzeitsfeierlichkeiten fanden auf dem ganzen Kontinent Aufmerksamkeit. Durch diese Verbindung wurde die europäische Stellung Sachsen-Polens gefestigt, was als Erfolg der Politik August des Starken gilt Dies betrifft auch die Tatsache, dass sein Sohn später gleichfalls zum polnischen König gewählt wurde und die Personalunion bis zum Siebenjährigen Krieg aufrechterhalten werden konnte.
Bauten wie der Dresdner Zwinger, die Anlagen in Pillnitz und Moritzburg und das von August erheblich erweiterte „Grüne Gewölbe“ sind nur einige der kulturellen Hervorbringungen seiner Herrschaftszeit. Zu verweisen wäre zudem auf die Erfindung des europäischen Hartporzellans durch Johann Friedrich Böttger und andere sowie die Gründung der Meißner Manufaktur, die auch einen Wirtschaftsfaktor darstellte.
Augusts letztes großes Fest war 1730 das kostspielige „Lustlager“ von Zeithain. Das Manöver war der Abschluss der sächsischen Heeresreform. Etwa 50 Fürsten waren geladen, selbst der preußische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. zeigte sich beeindruckt. August der Starke ist am 1. Februar 1733 in Warschau gestorben.