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Mit der Vermeidung klarer Positionen und dem Ausweichen vor kritischen Fragen hat Olaf Scholz seinen Regierungsstil gefunden. Den Schaden trägt das Land
Theo Koll ist ein alter Fernsehhase des ZDF, den nichts so leicht aus der Ruhe bringt. Doch beim „Sommerinterview“ mit Olaf Scholz am vergangenen Sonntag musste selbst er offensichtlich ein paar Mal an sich halten, um es beim ungläubigen „Aber Herr Bundeskanzler, die Zahlen sagen etwa anderes ...!“ zu belassen. Der Kanzler hatte wieder einmal sein „schlumpfiges Grinsen“ (Markus Söder) aufgesetzt, um schon mit der Mimik zu signalisieren, dass er sich zu keiner einzigen klaren Aussage hinreißen lassen wird, schon gar nicht dazu, auch nur einen Hauch Selbstkritik zu üben. Nicht einmal zum spektakulär gendergerechten Elend der Männer- wie der Frauenfußballnationalmannschaft wollte er sich äußern.
Womöglich hat ihm sein sensorischer Autopilot angezeigt, dass es zwischen Hansi Flick, Martina Voss-Tecklenburg und ihm schlagende Parallelen gibt, deren Thematisierung das eigene geistig-seelische Immunsystem beeinträchtigen könnte. Und genau das ist auch das Programm des Kanzlers und seiner 19-Prozent-SPD: die Immunisierung gegen Kritik.
Nein, Selbstzweifel kann ein Regierungschef, der ein neues „Wirtschaftswunder“ allein durch den Ausbau der sogenannten erneuerbaren Energien verspricht, von der „hoch erfolgreichen Exportnation Deutschland“ schwärmt und voll auf die „Fachkräftezuwanderung“ setzt, um den massiven Arbeitskräftemangel und die demographische Entwicklung auszugleichen, gar nicht gebrauchen. Auch dass Experten dies alles als unrealistisches Szenario betrachten, spielt keine Rolle.
Scholz, obwohl philosophisch nicht wirklich bewandert, ist ein Meister der Metaphysik, ein hanseatischer Luftgeist im Reich der politischen Wohlfühl-Phantasie, ein Cum-Ex-gestählter, vergesslichkeitserprobter Faktenakrobat, der mit seiner stets „sehr, sehr richtigen“ Politik eine „gute Zukunft für Deutschland“ prophezeit, während an allen Fronten die Alarmstufe Rot ausgerufen wird – ob in der Wirtschaft oder in der Schulbildung, beim Wohnungsbau und der Digitalisierung, wegen Bürokratieirrsinn, Bahnchaos oder der rasant anschwellenden illegalen Migration, die mit dem Kern des deutschen Asylrechts nichts mehr zu tun hat, weil es de facto längst zum Einwanderungsrecht geworden ist für alle, die es irgendwie nach Deutschland schaffen.
Nein, auch dazu und zu den Sorgen der Bevölkerung in den überlasteten Städten und Landkreisen hat Scholz nur die Aufzählung von Kabinettsbeschlüssen parat, kombiniert mit Sätzen aus dem mobilen Phrasenkoffer, die alles auf einen Gesprächston herunterdimmen, mit dem suggeriert wird: „Wir haben's im Griff, bloß keine Aufregung!“ Und wenn es allzu drängende Fragen gibt, heißt es: „Wir schauen es uns an!“ Wie großzügig. Und wie beruhigend.
Verleugnung der Realität
Konfrontiert mit einer Umfrage, der zufolge fast drei Viertel der Bevölkerung den Eindruck haben, Scholz antworte nicht auf Fragen, die ihm gestellt werden, und zeige im Übrigen keine Durchsetzungskraft, bestreitet er schlicht das Ergebnis der Erhebung. Das kann einfach nicht sein, das sagt schon das unerschütterliche Selbstbewusstsein des Kanzlers.
Diese Form von Verdrängung und Verleugnung der Realität gehört originär zum „Scholzismo“, dem ambitionierten Nachfolgeprojekt des einfachen „Scholzomaten“, der sich zu einer gleichsam buddhistischen Rhetorik-Maschine gemausert hat. Die raffinierte Kommunikationsstrategie besteht darin, Kommunikation zu verweigern – jedenfalls im Sinne eines echten Austauschs. Denn der birgt immer das Risiko der Verunsicherung eigener Positionen – genau den Effekt also, der die europäische Aufklärung vor bald 300 Jahren zum größten Freiheitsprojekt Europas reifen ließ, das am Ende Königreiche stürzte.
Das Motto des Scholzismo aber ist klar: bloß keine Angriffsflächen bieten. Lieber nichts sagen, als etwas Falsches sagen. Oder als etwas Richtiges, das jedoch im Social-Media-Zeitalter umgehend skandalisiert wird. Friedrich Merz hat das mit seinem Wort von den „kleinen Paschas“ schmerzhaft erfahren: Eine zutreffende Beschreibung gerät in die Erregungsmühlen der Moralisierung einer Öffentlichkeit, die es gar nicht mehr gewohnt ist, hart zu streiten, ohne den anderen a priori zu diskreditieren.
Was immer man über die Politikergeneration von Willy Brandt bis Helmut Kohl sonst noch sagen mag: Auch nach den schärfsten Wortgefechten im Bundestag trank man in der Kantine ein Bier zusammen. Heute dagegen dominiert die Angst vor „Shitstorms“, vor persönlichen Verunglimpfungen, die dann von den großen Medien aufgegriffen werden, weshalb längst professionelle Interview-Coaches dafür sorgen, dass Journalistenfragen fast ausnahmslos mit einem Kurzvortrag über ein Thema eigener Wahl beantwortet werden.
Andererseits: Welche substantiellen Gedanken erwartet man von Leuten wie Ricarda Lang oder Kevin Kühnert, die schon in jungen Jahren eine ins wolkige Nichts führende ideologische Suada perfektioniert haben, die mit der Wirklichkeit im Lande nichts zu tun hat?
Vielleicht muss man dem Scholzismo zugutehalten, dass er auch eine Konsequenz der politischen Konstellation ist. Der Kanzler steht deutlich rechts von seiner Partei und Fraktion. Allein die „Zeitenwende“ angesichts des Ukrainekriegs kostete viel Überzeugungskraft gegenüber der mehrheitlich antimilitaristisch-pazifistisch gesinnten SPD. Und dann sind da noch die Grünen, die in Sachen Weltrettung von einem braven Sozialdemokraten wie Scholz nicht zu übertreffen sind. Hinzu kommt die politische Entkernung der Partei von Wehner, Brandt und Schmidt. Was heute der sozialdemokratische Fortschritt sein soll, da alle nur noch vom Klima reden und von Diversität, Nachhaltigkeit und Gendergerechtigkeit in den Farben des Regenbogens, weiß niemand.
So ist der Scholzismo auch der Versuch, von dieser Blöße abzulenken. Also Augen zu und schlumpfig grinsen.
sitra achra am 27.08.23, 13:02 Uhr
Auf dem Foto sieht der Gnom tatsächlich aus wie der kleine Aff' auf dem Schleifstein!