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Vor 125 Jahren gerieten die bis dahin siegreichen Buren gegen die Briten in die Defensive und gingen daher zur Guerillataktik über. Die Gegner reagierten mit verbrannter Erde und Konzentrationslagern
Zu Beginn des Jahres 1899 betrug die Stärke der britischen Truppen in Südafrika 7000 Mann. Im August erfolgte eine Verstärkung um 2000 und im September eine weitere um 10.000 Mann. Dies konnte als Anzeichen dafür gesehen werden, dass die Briten sich auf einen Krieg mit den Buren vorbereiteten. Der brach dann am 11. Oktober 1899 auch tatsächlich aus (siehe PAZ vom 11. Oktober 2024). An jenem Tag befanden sich bereits 27.000 britische Soldaten im Feld und weitere Verstärkungen wurden erwartet. Am 31. Oktober traf der neue Oberbefehlshaber, General Redvers Henry Buller, mit einem Armeekorps in Kapstadt ein. Dadurch stieg die Truppenstärke auf 50.000 Mann an. Dieser Streitmacht standen anfänglich 46.000 burische Kämpfer entgegen.
Beide Seiten standen zunächst in Abwehrstellung. Doch schon bald konnten die Buren trotz ihrer leichten zahlenmäßigen Unterlegenheit einige spektakuläre Siege erringen. So gelang es Piet Joubert, dem Generalkommandanten der Südafrikanischen Republik, die Briten, die sich nach einer Niederlage auf die Ortschaft Ladysmith zurückgezogen hatten, zu belagern, während Burengeneral Piet Cronjé gleichzeitig Mafeking belagerte, wo sich 5000 Briten befanden. Damit waren plötzlich mehr als vier Fünftel der britischen Streitkräfte eingeschlossen. Zur Entlastung der Belagerten kam es zu weiteren Truppenverstärkungen aus Großbritannien, Kanada, Australien, Neuseeland und Indien. Dennoch erlitten die Briten in der sogenannten Schwarzen Woche, der zweiten Dezemberwoche 1899, an gleich drei Fronten schwere Niederlagen. General Buller, der die immer noch in Ladysmith eingeschlossenen Einheiten entsetzen sollte, gelang es trotz einer Streitmacht von 23.000 Mann und 72 Geschützen nicht, den aus 5000 Buren bestehenden Belagerungsring zu durchbrechen, die sich durch eine überlegene Treffsicherheit auszeichneten. Nachdem er zehn Geschütze verloren und 1100 Gefallene zu beklagen hatte, zog sich Buller mit dem Rest seiner Armee zurück.
Das war die Stunde der Gamechanger. Zu jenem Zeitpunkt befanden sich bereits zwei zusätzliche Divisionen auf dem Weg nach Südafrika, und eine dritte war abfahrbereit. Gleichzeitig nahm man einen Wechsel im Oberbefehl vor. General Buller wurde durch Feldmarschall Frederick Sleigh Roberts und dessen Generalstabschef, Horatio Herbert Kitchener, ersetzt. Am 20. Dezember 1899 ernannt, kamen die beiden in Kolonialkriegen bewährten Offiziere zusammen mit weiteren Truppenverstärkungen von 60.000 Mann am 10. Januar 1900 in Kapstadt an und planten sofort ihren Feldzug. Ende Januar bestanden ihre Streitkräfte inzwischen aus 97.698 Mann, mit denen man gezielt gegen die Kommandos der Buren vorging. Dadurch trat die Wende im Kriegsverlauf zugunsten der Briten ein.
Wechsel im Oberkommando
Am 11. Februar eröffneten Roberts und Kitchener eine Offensive mit insgesamt 30.000 Mann. In der Schlacht am Paardeberg vom 18. bis zum 27. Februar konnten die 5000 Buren unter General Cronjé der Übermacht des Gegners letztlich nicht standhalten und mussten kapitulieren. Und dann ging der britische Vormarsch rasch weiter. Bereits am 13. März 1900 wurde Bloemfontein besetzt und am 24. Mai der Oranje-Freistaat zum britischen Territorium erklärt. Eine Woche später, am 31. Mai, fiel Johannesburg, und am 5. Juni zog Roberts, der inzwischen ein Heer von 100.000 Mann befehligte, in das fast gänzlich geräumte Pretoria ein. Der Widerstand der Buren schien gebrochen. Am 1. September 1900 wurde auch die Südafrikanische Republik annektiert und zur britischen Kronkolonie Transvaal.
Angesichts der erdrückenden zahlenmäßigen Unterlegenheit hatte der Kriegsrat der Buren bereits am 17. Mai des Jahres bei einem Treffen beschlossen, von offenen Feldschlachten zu einem den Gegner zermürbenden Guerillakrieg überzugehen. Die eigene Streitmacht sollte künftig als kleine, unabhängige Einheiten agieren, was ihnen größere Beweglichkeit ermöglichte. General Christiaan de Wet hatte diese Taktik bereits zuvor praktiziert, als er immer wieder unberechenbar zuschlug und so mehrere kleine Siege gegen die Briten errang.
Gleichwohl meldete Roberts Anfang September 1900 nach London, der Krieg sei mehr oder weniger siegreich beendet. Als er dann aber sah, dass der Widerstand der Buren ungebrochen war, ordnete er an, alle Farmhäuser an den Bahnlinien niederzubrennen. Damit gestand er ein, dass der Krieg auf militärischem Wege nicht zu gewinnen war. Am 27. November 1900 verließ Roberts Südafrika, und sein bisheriger Stabschef Kitchener folgte ihm als Oberkommandierender.
60.000 Man Verstärkung
„Der Revolutionär schwimmt im Volk wie ein Fisch im Wasser“, formulierte es einst Mao Zedong. Lässt man sich auf dieses Bild des chinesischen Kommunisten und Theoretikers des Guerillakrieges ein, dann versuchte Kitchener bildlich gesprochen, den Burenkämpfern das Wasser abzugraben. Er führte die vor ihm bereits von den Briten begonnene Taktik der verbrannten Erde fort, mit der dem Feind allmählich die Basen entzogen werden sollten. Die Farmen in den Guerillagebieten wurden zerstört, die Ernten vernichtet und die Farmbewohner, vor allem Frauen und Kinder, in Konzentrationslagern (concentration camps) interniert.
Kitcheners Taktik enthielt auch Elemente aus „search and destroy“ (suchen und zerstören) sowie „clear and hold“ (säubern und halten). Einerseits ließ er berittene Kolonnen Burenkommandos aufspüren, jagen und neutralisieren. Andererseits ließ er systematisch Blockhäuser errichten, die anfangs an den Eisenbahnlinien die Bahnverbindungen sicherten und sich schließlich von dort aus wie ein Netz über das ganze Land erstreckten, um es sichern und befrieden zu können.
Die wohl umstrittenste Maßnahme waren die Errichtung und der Betrieb der Konzentrationslager, ein von Kitchener selbst eingeführter Begriff. Nicht ohne Grund zogen sie einen Sturm der Entrüstung in aller Welt nach sich. Denn schlechte Ernährung, mangelnde Hygiene und unzureichende ärztliche Betreuung führten zu Krankheiten und Epidemien, die bis zum Ende des Krieges rund 25.000 Frauen und Kindern das Leben kosteten. Im Oktober 1901 zählte man in 40 Lagern 118.000 Weiße, darunter 74.000 Frauen und Kinder, zudem 43.000 Schwarze. Und je mehr Menschen aufgenommen wurden, desto katastrophaler wurde die Situation. Die liberale Opposition im britischen Parlament sprach von „barbarischen Methoden“, und selbst Alfred Milner, Gouverneur der Kapkolonie, der auch die beiden annektierten Gebiete verwaltete, räumte ein, dass die Einrichtung solcher Lager wohl ein Fehler gewesen sei.
Die kriegsgefangenen burischen Kämpfer wurden in entfernte Regionen des Empires abtransportiert, so etwa nach Indien, Ceylon, Bermuda oder St. Helena. In dortigen Lagern befanden sich bei Kriegsende noch 26.600 Männer.
Gleichwohl ging der „Kleinkrieg“ der Buren, wie man die Guerillaaktionen damals bezeichnete, mit unverminderter Härte weiter. Anfang 1901 gab es immer noch fast täglich Überfälle auf britische Militäreinrichtungen und Eisenbahnlinien. Im Laufe des Krieges entwickelten die Buren ihre Streitkräfte zu einer echten „Volksarmee“. Jungen im Alter von neun Jahren kämpften an der Seite ihrer Väter und Großväter. Zwar waren sie im Gegensatz zu den Briten schlecht ausgerüstet, hatten aber den Vorteil, dass sie das Gelände kannten, ausgezeichnete Reiter waren und vorzüglich mit ihren Handfeuerwaffen operierten.
Auf burischer Seite kämpften während des dreijährigen Krieges rund 52.000 Mann, davon 30.000 aus der Südafrikanischen Republik, 20.000 aus dem Oranje-Freistaat und 2000 sogenannte Rebellen aus der Kapkolonie und Natal. Die britischen Streitkräfte vor Ort hingegen zählten 550.000 bis 600.000 Mann. Diese haushohe quantitative Überlegenheit konnten die Buren nicht kompensieren. Das führte letztlich zum Ende des Krieges, obwohl etliche Generale der Buren im Feld unbesiegt blieben. Am 31. Mai 1902 wurde der Burenkrieg mit dem Frieden von Vereeniging beendet. Damit war auch das Ende der letzten Burenrepubliken Oranje-Freistaat und Südafrikanische Republik besiegelt.