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Unterwasserdatenkabel als kritische Infrastruktur sind ungesichert und daher anfällig für Spionage
Am 17. und 18. November kam es zum Ausfall zweier Unterwasserdatenkabel für den Internetverkehr auf dem Grund der Ostsee. Zum Ersten war das Kabel C-Lion 1 des staatlichen finnischen Telekommunikationskonzerns Cinia betroffen, welches 1173 Kilometer lang ist und von Helsinki bis nach Rostock reicht, und zum Zweiten die Leitung BCS East-West Interlink zwischen Katthammarsvik auf der schwedischen Insel Gotland und Sventoji in Litauen, die 218 Kilometer lang ist und dem schwedischen Unternehmen Arelion gehört.
Weil der chinesische Massengutfrachter „Yi Peng 3“ der Reederei Ningbo Yipeng Shipping die mutmaßlichen Schadstellen passiert und dort angeblich „ungewöhnliche Manöver“ durchgeführt hat, war alsbald von „Sabotage“ oder gar „hybrider Kriegsführung“ die Rede, wobei der Verdacht aber nicht nur auf Peking, sondern ebenso auf Moskau gelenkt wurde.
Allerdings kann bei genauer Betrachtung der Schaden aus noch vielen weiteren Ursachen resultieren. Weltweit gibt es jedes Jahr bis zu 200 Defekte an Unterwasserdatenkabeln, wofür in einem Drittel aller Fälle die Grundschleppnetze von Fischern verantwortlich sind. Des Weiteren sorgen neben Schiffsankern auch unterseeische Strömungen, Erdbeben und vulkanische Eruptionen für etliche Kabelbrüche. Dazu kommt der natürliche Verschleiß. Immerhin ist auch das BCS East-West Interlink mittlerweile 27 Jahre alt.
Schutz wird vernachlässigt
Die ersten Glasfaserkabel für den Datenverkehr wurden sogar schon 1988 auf dem Meeresgrund verlegt. In der Zeit danach entwickelten sich die maximal armdicken Lichtwellenleitungen zu Lebensadern der modernen Industriegesellschaft. Derzeit existieren weltweit 534 Unterwasserdatenkabel von insgesamt rund 1,5 Millionen Kilometern Länge – außerdem sind
74 weitere fest geplant.
Dabei beteiligen sich neuerdings neben Telekommunikationsfirmen auch US-amerikanische IT-Konzerne wie Microsoft, Apple, Google, Meta und Amazon am Ausbau des Netzes. Infolgedessen stehen bereits zehn der 13 Hauptserver für das Internet in den Vereinigten Staaten. Aktuell verlaufen rund 98 Prozent des weltweiten Datenverkehrs über Unterwasserkabel, weshalb diese als Kritische Infrastruktur gelten, deren Ausfall unabsehbare Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft haben würde. Insofern ist es von äußerster Wichtigkeit, die Kabel zu schützen, was aber momentan noch eindeutig vernachlässigt wird. Dieses Versäumnis resultiert aus dem Umstand, dass die Vielzahl der Leitungen auf dem Meeresgrund für Redundanzen sorgt, so wie auch im Falle der beiden beschädigten Kabel in der Ostsee. Die Daten fließen dann eben durch andere Verbindungen. Allerdings drohen beim Ausfall mehrerer Kabel schnell fatale Kapazitätsengpässe.
Angesichts dessen raten Fachleute zu verschiedenen Sicherheitsvorkehrungen. Hierzu zählen stabilere Ummantelungen der Leitungen sowie deren Verlegung abseits von Fischfanggründen und viel befahrenen Schifffahrtsrouten – also beispielsweise durch Naturschutzgebiete.
Darüber hinaus sollten Sensoren an den Kabeln Sabotageangriffe anzeigen und spezielle Unterwasser-Eingreifteams alarmieren. Diese müssten aber erst noch aufgestellt werden und die entsprechende Tauchtechnik erhalten. Ebenso braucht es deutlich mehr Reparaturkapazitäten. Zwar existieren einige Schiffe zum Austausch defekter Kabelsegmente auf See, aber deren Zahl reicht nicht aus, wenn größere Schäden auftreten.
Beliebte Daten-Zapfanlage für Geheimdienste vieler Nationen
Ansonsten wird erwogen, eine alternative Infrastruktur für den Datenverkehr aufzubauen. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, die Daten per Satellit oder mit Kabeln zu übertragen, welche übers Festland führen. Das alles würde natürlich deutlich höhere Kosten verursachen als die bisher veranschlagten zwei Milliarden US-Dollar, die derzeit pro Jahr in den Ausbau des Netzes von Unterwasserdatenkabeln fließen.
Normalerweise müssten die Geheimdienste Vorreiter beim Schutz der Unterseekabel sein. Doch diese agieren zurückhaltend, weil sie vom derzeitigen Zustand eher profitieren. Durch Whistleblower Edward Snowden ist seit 2013 bekannt, wie intensiv sich die US-amerikanische National Security Agency (NSA) Zugriff auf die Unterwasserdatenkabel verschafft. Vor allem durch das Anzapfen der Glasfaserleitungen mit Hilfe spezieller U-Boote wie der „USS Jimmy Carter“ (SSN-23).
Ebenso flog nun auf, dass das britische Pendant zur NSA, das Government Communications Headquarter (GCHQ), an der zyprischen Yeroskipos Submarine Cable Station große Teile des globalen Nachrichtenverkehrs über das Kabel South-East Asia – Middle East – Western Europe 3 überwacht.
Und natürlich nicht zu vergessen, die Gier von Russlands militärischem Geheimdienst GRU nach Daten aus dem Westen, die ebenso an solchen U-Kabeln abgezapft werden.