24.04.2024

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Ausstellungen

Der Franzosenkaiser als Gartenfreund

Im Rahmen des internationalen Ausstellungsprojekts „Grüne Fürsten am Bodensee“ zeigt das Napoleonmuseum Arenenberg die Schau „Die Gärten Kaiser Napoleons III.“

E.B.
19.05.2023

Als der nach dem endgültigen Sturz seines Onkels Kaiser Napoleon I. aus Paris verbannte spätere Kaiser Napoleon III., Charles-Louis-Napoléon Bonaparte, 1815 mit sieben Jahren und seiner Mutter Hortense nach Konstanz kam, war er bereits „in den Zaubertrank gefallen“, wie es die Ausstellungsmacherin und stellvertretende Direktorin des Napoleonmuseums Arenenberg, Christina Egli, in Anspielung auf den berühmten Comic-Gallier Obelix ausdrückt. Als kleiner Bub war es für ihn völlig normal gewesen, in den prachtvollen Schlossparks seiner Tante Kaiserin Josephine, seiner Mutter Hortense und seines Onkels Versteck zu spielen und abenteuerliche Streifzüge zu unternehmen. Das prägte ihn. Kaum in Konstanz angekommen, tobte er sich in den Gärten und Parks entlang des heutigen Seeuferweges aus. Der Landschaftsbau und das Gärtnern ließen ihn zeitlebens nicht mehr los.

1817 bezog Hortense de Beauharnais mit ihrem Sohn das Schlossgut Arenenberg am Schweizer Bodensee. Sie richtete sich in ihrem Exil ein und ließ Anwesen und Park „à la mode“ umgestalten. Vor allem beim Parkbau mischte Louis beherzt mit. Nicht nur zur Freude seiner Mutter legte er eine Voltigieranlage neben dem Schloss an, konstruierte und baute – teilweise eigenhändig – eine einbogige Brücke über einem tiefen Tal und grub Tunnel für Artillerieübungen in den Sandstein.

Umbau und Begründung von Paris
Die Ausstellung im Cinéma des Napoleonmuseums Arenenberg schildert den Werdegang des „grünen Fürsten“ Prinz Louis zum Parkbauer und legt den Schwerpunkt auf sein späteres Herzensprojekt als Kaiser der Franzosen: die Begrünung von Paris. Park für Park entstand im Rahmen seines kompletten Umbaus der französischen Hauptstadt, den er zusammen mit dem dafür viel bekannteren George-Eugène Haussmann in den 1850er und 1860er Jahren umsetzte. Fast alle berühmten Pariser Parks und grünen Boulevards der Stadt sind dem Fortschrittswillen und der Leidenschaft Napoleons III. zu verdanken. Sein Ansinnen war es, vor den Haustüren der Bürger attraktive Grünflächen mit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen, und damit Naherholungsmöglichkeiten für alle.

Die Ausstellung schlägt ein großes Bilderbuch auf. Historische und aktuelle Aufnahmen der Pariser Parks sowie Zeitungsausschnitte veranschaulichen die ungeheuren Mühen und Kosten, die für die Anlage von Bois de Vincennes, Parc Monceau, Jardins des Champs-Élysées und anderen Parks mehr geschultert wurden. Allein im Bois de Boulogne wurden 420.000 Bäume gepflanzt. Auch die Pariser Stadtplaner und Gartenbauer werden in der Ausstellung gewürdigt, darunter Haussmann, aber auch Jean-Charles Adolphe als „Vater der Grünflächen von Paris“, der Landschaftsgärtner Jean-Pierre Barillet-Deschamps, der Ingénieur Eugène Belgrand und der Architekt Gabriel Davioud.

„Grüne Fürsten“ als Scherenschnitte
Installationen in der Arenenberger Parkanlage sowie den Parks und Gärten der Kooperationspartner ergänzen die Ausstellung. Dort begegnen die Besucher den Weggefährten des Kaisers aus seiner Exilzeit am Bodensee. Unter den lebensgroßen Scherenschnitten befinden sich „grüne Fürsten“ wie Nikolaus II. Esterházy ebenso wie Gartenarchitekten, Hofgärtner und weitere „gute Geister“, ohne deren grüne Daumen die blaublütigen Adeligen beim Gartenbau wohl nicht weit gekommen wären. Sie alle plaudern fröhlich aus dem Nähkästchen und steuern ihre ganz eigene Perspektive bei, indem sie europaweite Pflanzentausch-Achsen aufdecken, über die großen Herausforderungen beim Parkbau sinnieren und über ihre Rolle bei der Verwandlung der Kulturlandschaft am Bodensee sprechen.

Das Gesamtprojekt
Eingebettet sind Ausstellung und Parkinstallationen in das vom Napoleonmuseum und der Insel Mainau initiierte internationale Ausstellungsprojekt „Grüne Fürsten am Bodensee“. Im Mittelpunkt steht neben Kaiser Napoleon III. und seiner Mutter (auf dem Arenenberg) der schillernde österreichische Fürst Nikolaus II. Esterházy (auf der Insel Mainau). Nach seiner Verbannung aus Wien hatte er 1827 die Insel Mainau gekauft. Er modernisierte den barocken Park von Grund auf und wandelte ihn in einen englischen Landschaftsgarten um. Das heutige Wegenetz geht – wie man seit den Vorbereitungen zum Grüne-Fürsten-Projekt weiß – sogar auf seine Planung zurück. Die Ausstellung „Il Magnifico – Fürst Nikolaus II. Esterházy empfängt im Schloss“ widmet sich auf der Insel Mainau seinem „grünen“ und zugleich verschwenderisch-prachtvollen Lebensstil, den er zusammen mit seiner Familie pflegte. Das Quartett voll macht der badische Markgraf Wilhelm, der an beiden Ausstellungsorten ebenfalls präsent ist.

Ausstellungen im Naturmuseum Thurgau, im Museum für Archäologie Thurgau und im Ittinger Museum zeigen weitere Aspekte der Gestaltung und Nutzung von Landschaft im 19. Jahrhundert. Das Ittinger Museum stellt in der Ausstellung „Gärten der Kartause – Zum Nutzen und zur Freude“ unter anderem den innovativen Gutsherrn Victor Fehr vor. Er kaufte 1867 das säkularisierte Kartäuserkloster Ittingen und wandelte es in einen landwirtschaftlichen Musterbetrieb um. Das Museum für Archäologie wiederum öffnet in der Ausstellung „Napoleon III. & Archäologie“ den Blick auf einen ganz anderen Aspekt von Erdbewegung. Das Naturmuseum Thurgau widmet sich dem Thema „Royales Halali – Jagd als fürstliches Vergnügen“. Kooperationen mit europäischen Schlössern wie Salem, Malmaison und Eisenstadt, historischen Bodensee-Orten sowie dem Netzwerk Bodenseegärten runden das Bild ab.

Die Ausstellung „Die Gärten Kaiser Napoleons III.“ ist noch bis zum 24. Oktober im Napoleonmuseum Arenenberg, Arenenberg 1, 8268 Salenstein, Schweiz, Telefon 0041583457410, E-Mail: napoleonmuseum@tg.ch, zu sehen.


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