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Wolhynien 1943

Der gemeinsame Feind Russland macht’s möglich

Polen und die Ukraine gedenken gemeinsam einem der schwärzesten Kapitel ihrer bilateralen Beziehungen

Bodo Bost
23.07.2023

Am 11. und 12. Juli 1943 zerstörten ukrainische Partisanen mehr als hundert zumeist polnische Dörfer im westukrainischen Wolhynien und töteten Zehntausende Bewohner. Dies war der Höhepunkt des „wolhynischen Massakers“, wie diese Ereignisse heute in Polen bezeichnet werden. In der zweiten Jahreshälfte begingen polnische Partisanen Vergeltungsangriffe auf ukrainische Nachbardörfer. Die deutsche Wehrmacht, die das Gebiet beherrschte, schaute zu. Die Massenmorde in Wolhynien in der heutigen Westukraine waren ein trauriger Höhepunkt eines jahrhundertealten polnisch-ukrainischen Konflikts, der in der Zeit des Zweiten Weltkriegs grausam eskalierte.

Während des Kalten Krieges, als Polen und die Sowjetunion Verbündete waren, wurden die Massaker vertuscht, eine Aufarbeitung war nicht möglich. Nun bemühen sich die katholischen Ortskirchen und die Regierungen beider Länder um Aussöhnung. Nach Schätzungen polnischer Historiker fielen den Massakern zwischen 80.000 und 100.000 Polen und nach Schätzungen ukrainischer Historiker zwischen 20.000 bis 30.000 Ukrainer zum Opfer, die meisten davon im Jahr 1943 in Wolhynien.

Gottesdienst in Luzk
Drei Tage lang fanden in Polen und der Ukraine Gedenkveranstaltungen mit kirchlichen und staatlichen Vertretern beider Länder statt. Höhepunkt war ein Gottesdienst am 9. Juli in der katholischen Kathedrale St. Peter und Paul in Luzk, heute Hauptstadt der westukrainischen Oblast Wolhynien. An diesem Gottesdienst nahmen auch die Präsidenten Polens und der Ukraine, Andrzej Duda und Wolodymyr Selenskyj, teil. Beide zogen nebeneinander mit einer leuchtenden Vase in Form einer Urne in die Kirche ein. „Gemeinsam gedenken wir aller unschuldigen Opfer Wol­hyniens! Das Gedenken verbindet uns! Gemeinsam sind wir stärker!“, sagten sie.

Während des Gottesdienstes wurde eine gemeinsame Botschaft des römisch-katholischen Erzbischofs von Posen und Vorsitzenden der polnischen Bischofskonferenz, Stanisław Gądecki, und des Großerzbischofs von Kiew-Halytsch der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche, Swjatoslaw Schewtschuk, verkündet und unterzeichnet. Darin heißt es rückblickend: „Die Geschichte der Beziehungen zwischen dem polnischen und dem ukrainischen Volk ist voll von schönen, guten und heldenhaften Taten, aber leider auch von schwierigen und dramatischen Ereignissen.“

Die Botschaft lässt erkennen, dass hinter der aktuellen ukrainisch-polnischen Annäherung die Weisheit steckt, dass der Feind meines Feindes mein Freund ist. So heißt es dort bezüglich der Gegenwart: „Die 2014 begonnene russische Aggression gegen die Ukraine, die nun die Form eines ausgewachsenen Krieges angenommen hat, macht uns erneut bewusst, dass die Versöhnung zwischen unseren Völkern und die Zusammenarbeit zwischen einem freien Polen und einer freien Ukraine wesentliche Voraussetzungen für den Frieden in unserem Teil Europas sind.“

Die Unterzeichner wiesen ferner darauf hin, dass bei der Versöhnung „alle am Konflikt beteiligten Parteien einbezogen werden müssen“ und dass „Versöhnung nur auf Wahrheit und Gerechtigkeit aufgebaut werden kann“. Beide Seiten waren sich einig, die Leichen der Ermordeten zu exhumieren und alle Opfer der Massaker würdig zu bestatten.

Spitzen von Staat und Kirche
Gądecki sagte, die Wahrheit verlange es, auch an die Opfer anderer Nationalitäten zu erinnern, „denn nicht nur Polen, sondern auch Juden, Tschechen, Armenier, Roma und rechtschaffene Ukrainer, die Polen gerettet haben, starben durch die Hand von nationalistischen Ukrainern“. „Wir wenden uns gegen die Verherrlichung der ukrainischen Nationalisten“, fügte der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz hinzu. Schewtschuk verwendete die berühmte Formel „Wir vergeben und bitten um Vergebung“ aus der Botschaft, die am 18. November 1965 von den polnischen katholischen Bischöfen an ihre Amtsbrüder der Deutschen Bischofskonferenz in der Bundesrepublik Deutschland gesandt worden ist.


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Kommentare

sitra achra am 26.07.23, 11:38 Uhr

Wenn man fair ist, schaut man hinter die Kulissen und blickt historisch ein wenig zurück, als die Polen die Gewalt über Wolhynien ausübten und die dort ansässigen Ukrainer auf grausame Weise polonisieren wollten. Dabei waren sie alles andere als zimperlich. Aber nachträglich gerieren sie sich typischerweise wie unschuldige Opferlämmer. Das ist die bewusst gepflegte polnische Opferrollenmaskerade, hinter der sich blanker nationalistischer Hochmut verbirgt.
Da ist es wohlfeil, wenn sie auf heuchlerische Weise anderen für die selbstverschuldeten Reaktionen vergeben.
Das gilt ebenso für den Umgang mit Deutschland. Noch sind nicht alle Massengräber gemeuchelter deutscher Zivilisten gefunden,die von den Polen zum Kriegsende und weit danach verschuldet wurden, z.B. das an der Marienburg, welches klammheimlich dort entfernt wurde.
In ihm lagen hauptsächlich alte Leute, Frauen und Kinder.
Gelegentlich findet man deutsche Gebeine auf diversen Müllkippen. Aber davon will man hierzulande nichts wissen, dafür ist der deutsche Schuldkomplex zu heilig. Man nennt das wohl auch nationalen Masochismus.
Aber vielleicht hat die im Artikel erwähnte Veranstaltung die Grundlage für eine friedlichere Zukunft gelegt.
Übrigens stützen sich meine Erkenntnisse auf zahlreiche Begegnungen mit vertriebenen Ukrainern, die in mir, dem Deutschen, einen natürlichen Freund erblickten.

Stanislaw Grabowski am 24.07.23, 12:35 Uhr

Tragisch, bestialisch, verlogen.
Die Ukrainer haben bestialisch ùber 1oo oo0 wehrlose polnische Bauern mit jedem zugänglichen Werkzeug, Äxte, usw ..., flächendeckend geworden. Google: Massaker in Wolhynien. Heutige Stellungname der ukrainischen Regierung ist merkwürdig, keine Genehmigung für die Ekshumation der Opfern, die teilweise mit dem Kranken Inventar in einem Graben auf den Feldern wurden. Kinder, Frauen, allte Männer, davon sind der breiten Öffentlichkeit nichts bekannt!

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