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Der heilige Sonderling

Lieber tot als für Hitler in den Krieg – Das neue Film-Poem des eigenwilligen US-Regisseurs Terrence Malick

Harald Tews
31.01.2020

Der Regisseur Terrence Malick gilt als großer Sonderling des US-Kinos. Ähnlich verschroben, öffentlichkeitsscheu und kompromisslos wie Stanley Kubrick, dem Schöpfer von „2001: Odyssee im Weltraum“, produziert er lange, meditative Film-Epen. „Der schmale Grat“ oder „The Tree of Life“ zählen zu den bekanntesten seiner nur zehn, oft preisgekrönten Werke, die er in 43 Jahren geschaffen hat.

In seinem neuesten filmischen Gedicht nimmt sich Sonderling Malick eines historischen Sonderlings an: des Landwirts Franz Jägerstätter. Weil er unter Berufung auf seinen christlichen Glauben nicht in den Zweiten Weltkrieg als Soldat ziehen wollte, nahm er den Tod in Kauf. 1943 wurde der Kriegsdienstverweigerer in Berlin-Tegel hingerichtet. Es wäre still um ihn geworden, hätte ein US-Autor 1964 nicht ein Buch über ihn geschrieben. Die Friedensbewegung Pax Christi nahm ihn zum Vorbild der Vietnamkriegsgegner. 1971 drehte Axel Corti den TV-Film „Der Fall Jägerstätter“ und 2007, dem 100. Geburtsjahr Jägerstätters, ließ ihn Papst Benedikt XVI. seligsprechen.

Auf die Seligsprechung folgt nun mit Malicks „Ein verborgenes Leben“, die dreistündige filmische Heiligsprechung (Kinostart am 30. Januar). Häufig unterlegt von Kirchenkantaten und Bachchorälen schaut die Kamera in langen Einstellungen zu diesem schweigsamen Märtyrer auf. Dialoge finden kaum statt. Dafür werden poetisch wirkende Sentenzen aus dem Off geflüstert, während die Berglandschaft in all ihren Facetten gezeigt wird. Ganz originalgetreu verhält sich Malick dabei nicht. Die flache oberösterreichische Heimat Jägerstätters, der unweit von Hitlers Geburtsort Braunau gelebt hat, ist mit der dramatischeren Kulisse Südtirols vertauscht worden. Manches, wie die Dörfer mit ihren matschigen Wegen, gleicht einem US-Western. Fast glaubt man, der finstere Kuhhirte kommt als Cowboy um die Ecke gebogen.

Bei der Besetzung ist Malick hingegen um Authentizität bemüht. Deutschsprachige Schauspieler sensen sich hier durch die Felder. Als mitleidiger Richter baut Bruno Ganz dem Delinquenten vergeblich eine goldene Brücke, um wenigstens als Sanitäter im Krieg sein Haupt zu retten. August Diehl spielt den kompromisslosen Jägerstätter, der offenlässt, ob es nun religiöses Gewissen, Hass auf Hitler oder einfach nur Trotz ist, weshalb er seine Frau (Valerie Pachner) und seine drei Töchter im Stich lässt. Aus seinem Schweigen geht wenig hervor. So kann man dieses Drama als Widerstandshymne im Allgemeinen und Malicks Protestschrei gegen ein Trump-Amerika im Besonderen verstehen.


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