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„Der große Dessauer“, der „fliegende Speisewagen“ und der „fliegende Möbelwagen“ stammen auch von dem Junkers-Ingenieur
Ernst Zindels Wiege stand im niederösterreichischen Mistelbach, unweit des heutigen Dreiländerecks Österreich-Tschechei-Ungarn. Dort kam er vor 125 Jahren, am 23. Januar 1897, zur Welt. Am Ersten Weltkrieg nahm er ab 1914 als Kriegsfreiwilliger teil, nicht etwa in den Streitkräften der Donaumonarchie, sondern im bayerischen 3. Fußartillerie-Regiment mit Sitz in Ingolstadt. Er wurde schwer verwundet und nahm nach dem Ausscheiden aus den Streitkräften 1917 ein Schiffbaustudium an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg auf. Dort wurde er Assistent am Lehrstuhl für Schiffbau und machte er 1920 sein Examen.
Noch im selben Jahr fing der Jungingenieur mit einem Ein-Jahres-Vertrag auf Probe als Konstrukteur bei der Junkers Flugzeugwerk AG an. Zindel war direkt dem Leiter der Dessauer Forschungsanstalt unterstellt und bearbeitete auch direkt vom Chefkonstrukteur erhaltene Aufgaben, grundsätzlich gute Voraussetzungen für eine Karriere, die er denn auch machte.
Diverse berufliche Tugenden werden an Zindel gelobt. Er war diszipliniert, korrekt, präzise und pünktlich. Er war gut motiviert und engagiert. Er machte das, was Merkel-Fans gerne der Altbundeskanzlerin nachsagen, er ging nüchtern, wissenschaftlich, analytisch, methodisch an die Lösung von Problemen und Aufgaben heran. Modern waren nicht nur die von ihm entwickelten Produkte, sondern er modernisierte auch die Methoden der Konstruktion und der Produktion.
Erstmals warmes Essen im Service
Führungsqualitäten werden ihm auch nachgesagt. So war er nicht nur selbst engagiert, sondern schaffte es auch, andere zu motivieren. Ihm gelang es, seine Mitarbeiter derart an seiner Forschungsarbeit zu beteiligen, dass seine Mannschaft die Probleme und Aufgaben, vor denen er stand, als ihre eigenen ansah und ihn als primus inter pares. Das eröffnete neue Möglichkeiten der Arbeitsteilung.
Erinnert dies an eine Übertragung der typisch preußisch-deutschen Auftragstaktik Helmuth von Moltkes auf das Zivilleben, brach Zindel mit einer ebenfalls als typisch deutsch geltenden Schwäche. In Deutschland wird traditionell großartige Grundlagenforschung betrieben, aber die ökonomische Nutzung der Ergebnisse viel zu häufig dem Ausland überlassen. Das war bei Zindel anders. Er beschränkte sich nicht auf Grundlagenforschung, sondern kümmerte sich auch um die praktische Verwertung ihrer Erkenntnisse.
Nach dem Tod Otto Reuters im Jahre 1922 wurde Zindel von Hugo Junkers mit der Leitung der Flugzeug-Neukonstruktionen betraut. Zwei Jahre nach Reuters Tod fand der Erstflug des dreimotorigen Verkehrsflugzeugs G 23 statt, dessen stärker motorisierte Variante G 24 von 1925 bis 1929 über siebzigmal gebaut wurde. Die G 31, eine vergrößerte Version der G 24, die statt neun 16 Passagieren Platz bot, hatte 1925 ihren Erstflug. Sie ging als „fliegender Speisewagen“ in die Luftfahrtgeschichte ein, wurde in ihr doch erstmals den Passagieren eine warme Mahlzeit angeboten, die ein Stewart auf einer Kochplatte zubereitete und servierte. Mit der viermotorigen G 38, die 1929 erstmals abhob, konstruierte Zindel das seinerzeit größte Landflugzeug.
Das größte Landflugzeug seiner Zeit
Zindels bekannteste Konstruktion ist zweifelsohne die Ju 52. Ursprünglich war die Maschine als Frachtflugzeug konzipiert und musste deshalb mit einem Motor auskommen. Der für die Lufthansa geschaffenen Passagierflugzeugvariante des „fliegenden Möbelwagens“ wurden dann zwei zusätzliche Motoren spendiert. In dieser dreimotorigen Variante erlangte Zindels Wellblech-Konstruktion als Zivil- wie als Militärflugzeug internationale Berühmtheit. 1930 hob die Ju 52/1m erstmals ab, zwei Jahre später die Ju 52/3m.
Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten wurde Junkers aus seinem Unternehmen gedrängt sowie Zindel Prokurist und Konstruktionsdirektor. Im Zuge der nun einsetzenden Aufrüstung spielten militärische Entwicklungen eine größere Rolle. Genannt seien hier die ab 1937 5752-mal gebaute einmotorige Ju 87 „Stuka“ und die ab 1939 14.882-mal produzierte zweimotorige Ju 88. Ebenfalls im Zweiten Weltkrieg militärisch genutzt wurde die Ju 90, doch handelt es sich bei dem von 1937 bis 1939 18-mal produzierten Flugzeug um eine späte Verkehrsflugzeug-Konstruktion Zindels. 40 Passagieren bot der viermotorige „große Dessauer“ Platz.
Nach dem Zweiten Weltkrieg liquidierten die Siegermächte Zindels Arbeitgeber und verboten ihm wie allen Deutschen den Bau von Flugzeugen. Nolens volens wich Zindel auf die Konstruktion von Getrieben aus. Seinen vormaligen Kollegen blieb er verbunden. Er engagierte sich bis zu seinem Tod in der Vereinigung ehemaliger Angehöriger der Junkers-Werke. Am 10. Oktober 1978 starb er in Bad Homburg.
sitra achra am 21.01.22, 10:38 Uhr
Wo sind nur diese wunderbaren Menschen wie Ernst Zindel geblieben, die unserer Gesellschaft als Vorbilder dienen könnten? Wahre Patrioten sind hierzulande selten geworden. Stattdessen werden wir täglich von schleimerischen Untoten wie Merkel und Co. belästigt und gequält, die ihre Seele dem Teufel verschrieben haben. Es ist nicht auszuhalten!
Michael Holz am 17.01.22, 20:46 Uhr
Es ist gut, dass Junkers und Zindel einmal positiv erwähnt wird. Zindel war der Vorgesetzte meines Vaters und aus den Berichten meiner Mutter, soll er ein sehr guter Chef gewesen sein. Dort bei Junkers hat mein Vater meine Mutter kennengelernt, welche dort ihr Pflichtjahr (in Stellung) absolvierte. Junkers Dessau ist also für mein Dasein von großer Bedeutung und auch für meinen verstorbenen Bruder. Mein Wunsch als Junge war es, einmal in einer JU52 zu fliegen, aber das war nicht möglich.
Chris Benthe am 17.01.22, 12:21 Uhr
Wunderbarer Artikel. Mit großem Interesse gelesen. Danke.
Ernst Marquardt am 17.01.22, 04:32 Uhr
Alles schön und gut ! Nur leider gibt es kein Dreiländereck Österreich, Tschechien, Ungarn.
Marcus Junge am 15.01.22, 18:35 Uhr
"Er machte das, was Merkel-Fans gerne der Altbundeskanzlerin nachsagen, ..."
Echt jetzt? Welches Problem hat Merkel je gelöst? Wo wurde wissenschaftlich an Aufgaben herangegangen und nicht nach Parteilinie und ideologischem Wahnsinn? Warum ist nach Merkel alles viel beschissener und deutlich härter auf Untergang gestellt, wenn doch IM Erika die Probleme "gelöst" hat und nicht, "Ihr schafft das" (oder auch nicht), mit dem fetten Arsch ausgesessen (vergrößert)? Also das gemacht, was Kohl vor ihr gemacht hat. Nichts, nur Schäden angerichtet und das Geld verbrannt.
Christoph Dr. Zindel am 15.01.22, 13:00 Uhr
Mein Vater Ernst Zindel wurde Zwar in Mistelbach geboren, das liegt aber nicht in Niederösterreich, sondern in der Nähe von Bayreuth in Oberfranken. Sonst ein sehr schöner Artikel!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Christoph Zindel
Siegfried Hermann am 15.01.22, 10:26 Uhr
Das ist nicht ganz richtig:
Zindel wurde 1942 zum Wehrwirtschaftsführer ernannt. Ob gewollt oder durch Befehl sei dahin gestellt.
Wie viel Anteil er an die JU 388, Ju 488 und die Entwicklungen EF 128,
das vor der Serienfertigung stand, die EF 131, Ef 140, hat ist nicht ganz geklärt.
Unterm Strich ein großartiger Konstrukteur!