11.12.2024

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Heiliges Römisches Reich

Der letzte der Ottonen

Vor einem Jahrtausend starb der Kaiser und Heilige Heinrich II. kinderlos

Veit-Mario Thiede
12.07.2024

Am 13. Juli des Jahres 1024 verschied Kaiser Heinrich II. in der Pfalz Grona bei Göttingen. Mit ihm starb das Herrschergeschlecht der Ottonen im Mannesstamm aus. Das Andenken des im Bamberger Dom bestatteten Herrschers ist widersprüchlich. Den einen gilt er als unbarmherziger König der Konflikte, die anderen sehen in ihm den friedliebenden und fürsorglichen Heiligen.

Der Sohn des bayerischen Herzogs Heinrich der Zänker kam am 6. Mai 973 zur Welt. Als Geburtsorte werden Abbach bei Regensburg und Hildesheim genannt. Zunächst kümmerte sich Bischof Abraham von Freising um den Knaben, bevor er Unterricht an der Hildesheimer Domschule bekam. Heinrichs Erziehung schlossen der später heiliggesprochene Bischof Wolfgang von Regensburg und Abt Ramwold von Sankt Emmeram ab. Offenbar war der im Lesen, Schreiben und der lateinischen Sprache bewanderte Zögling für eine geistliche Laufbahn bestimmt. Doch 995 trat der für einen Adligen ungewöhnlich gebildete Heinrich die Nachfolge seines Vaters im Herzogtum Bayern an.

Mit seinem Vetter Kaiser Otto III. verstand er sich prächtig. Als der 1002 in Italien mit 21 Jahren unerwartet und kinderlos starb, beschloss Heinrich, dessen Nachfolge anzutreten. Im bayerischen Polling erwartete er den kaiserlichen Leichenzug, den der Kölner Erzbischof Herbert anführte. Den zwang Heinrich zur Herausgabe der Herrscherinsignien – nur die Heilige Lanze fehlte. Als Heinrichs Gegenkandidaten gaben sich Herzog Hermann II. von Schwaben und Markgraf Ekkehard von Meißen zu erkennen, der jedoch bald ermordet wurde. Mit einem Täuschungsmanöver umging Heinrich die Streitmacht seines Kontrahenten Hermann und ließ sich in Mainz von den „Großen“ Bayerns und Frankens zum König der Ostfranken wählen, bevor ihn Erzbischof Willigis salbte und krönte. Als „Große“ werden herausragende weltliche und geistliche Herrschaftsträger bezeichnet. Bei Nachwahlen bestätigten die Großen Thüringens und anschließend die Sachsens in Merseburg Heinrichs Königtum und übergaben ihm die Heilige Lanze.

Ernennung von 64 Bischöfen
In Merseburg war auch der polnische Herzog Boleslaw Chrobry anwesend, um Heinrich II. zu huldigen und die Lausitz als Lehen zu erhalten. Auf die ebenfalls von ihm beanspruchte Mark Meißen musste er jedoch verzichten. Kurz vor der Abreise aus Merseburg geriet Boleslaw in einen Hinterhalt und entging nur mit knapper Not seiner Ermordung. Da ihn Heinrich entgegen dem Gastrecht nicht beschützt hatte, hegte der Herzog und spätere König von Polen fortan stetes Misstrauen gegen ihn. Sie fochten die drei Polenkriege aus, die schließlich 1018 mit dem Frieden von Bautzen endeten. In Italien führte Heinrich mehrfach Krieg, um die Königskrone Italiens erst zu erlangen und dann zu verteidigen. Den fast sein ganzes Leben lang in Kämpfe verwickelten Herrscher warnte Bischof Brun von Querfurt: „Sei auf der Hut, o König, wenn du immer alles mit Gewalt machen willst, niemals aber mit Barmherzigkeit.“

Ohne Rücksicht auf hergebrachte Wahlrechte setzte Heinrich Bischöfe ein. Dabei bewies er oft eine glückliche Hand. Zu den 64 von ihn ernannten Bischöfen gehören etliche, die ein Segen für ihr Bistum waren. Etwa Meinwerk von Paderborn, der heilige Godehard von Hildesheim oder die Erzbischöfe Aribo von Mainz, Poppo von Trier und Pilgrim von Köln. In Merseburg, das er so oft wie keinen anderen Ort seines Reiches besuchte, begründete er 1004 das 24 Jahre zuvor aufgelöste Bistum erneut. Bis heute ist Heinrich II. am und im Merseburger Dom mit gemalten, geschnitzten oder in Stein gehauenen Darstellungen allgegenwärtig. Der von Heinrich eingesetzte Bischof Thietmar von Merseburg verfasste eine Chronik, die als wichtigste Quelle für die Zeit der Ottonen gilt.

Gründung des Bistums Bamberg
Seine wie er heiliggesprochene Ehefrau Kunigunde aus dem Hause Luxemburg ließ Heinrich 1002 in Paderborn von Erzbischof Willigis zur Königin krönen. Eine erstaunliche Ortswahl, denn Paderborn lag nach einer Feuersbrunst in Trümmern. Eine prächtigere Krönungskulisse bot hingegen Rom, wo Papst Benedikt VIII. das Paar 1014 zum Kaiser und zur Kaiserin erhob. Heinrich betrachtete Kunigunde offenbar als Mitregentin von Gottes Gnaden. Das beweist das Krönungsbild des Perikopenbuchs, das Heinrich im Skriptorium des Klosters Reichenau anfertigen ließ: Christus setzt synchron dem ihm von Petrus und Paulus zugeführten Herrscherpaar die Kronen aufs Haupt. In seinen Urkunden nannte Heinrich seine Ehefrau „geliebteste Königin“, „allerliebste Gemahlin“ oder „meine liebe Bettgefährtin“. Allerdings blieb die Ehe des kränklichen, vermutlich hinkenden, wiederholt von Nierensteinen geplagten und von den Zeitgenossen als „hüftlahm“ bezeichneten Heinrich mit seiner Gattin kinderlos. Ein Herrscherpaar ohne Nachkommen aber war eine Katastrophe.

Die Kinderlosigkeit nutzten Heinrich und Kunigunde jedoch unter gütiger Mithilfe der Bamberger Geistlichkeit zu glanzvollem Andenken. Gegen den zähen Widerstand des Würzburger Bischofs, der einen erheblichen Teil seines Bistumsgebietes abtreten musste, gründete Heinrich mit Zustimmung des Papstes 1007 das Bistum Bamberg. Er und Kunigunde statteten es mit Landbesitz, Privilegien, kostbaren Bilderhandschriften, liturgischen Gewändern und Messgerät reich aus. Im Gegenzug erwarteten sie ewiges Gebetsandenken der Bistumsgeistlichen. Die sorgten überdies für die Heiligsprechung des Kaiserpaares mit der Begründung, dass dieses wie Maria und Josef eine stets keusche Ehe geführt habe, wie ihre Kinderlosigkeit beweise. Die sterblichen Überreste von Heinrich und Kunigunde befinden sich im Bamberger Dom. Sie ruhen in dem von Tilman Riemenschneider und Werkstattgehilfen geschaffenen, prachtvollen Hochgrab aus Marmor, das an einem Ende des Mittelschiffs steht, während ihre Schädelreliquien in der Vitrine der Häupterkapelle untergebracht sind.

(Siehe auch Seite 9.)


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