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Elbings maritime Bedeutung profitiert – Schiffe müssen nicht mehr den Weg über Pillau nehmen
Polens einst umstrittenes Kanalprojekt durch die Frische Nehrung, das Schiffen erlauben soll, von Elbing in die Danziger Bucht zu gelangen, ohne das Königsberger Gebiet zu passieren, wurde früher als erwartet fertiggestellt. Die Republik Polen kann mit der Eröffnung des Kanals eine weitere Botschaft der Unabhängigkeit von Russland verkünden. Der Schifffahrtskanal, der über die Frische Nehrung in das Frische Haff führt, wurde einen Monat früher als geplant fertiggestellt.
Ähnliche Pläne für einen Kanalbau hatte es bereits in Preußen nach der ersten polnischen Teilung 1772 gegeben, als Elbing, dessen maritime Bedeutung damals noch größer war, zu Preußen kam, während Danzig bei Polen blieb. Damals hatte König Friedrich II. einen Kanalbau aus der Danziger Bucht durch die Frische Nehrung erwogen, um die Stadt Elbing gegenüber der Stadt an der Mottlau zu begünstigen. Friedrich II. starb 1786. Nach der zweiten polnischen Teilung 1793 kam auch Danzig zu Preußen. Damit wurde der Kanalbau überflüssig, die Stadt Elbing verlor an maritimer Bedeutung.
Pläne Friedrichs des Großen
Im Jahr 1874 machte der einflussreiche Danziger Stadtarchitekt Julius Albert Licht den Vorschlag eines Kanalbaus, allerdings um das Frische Haff weitgehend trockenzulegen und als fruchtbares Polderland landwirtschaftlich zu nutzen. Diesen Gedanken griff Ende der 1920er Jahre wieder ein Elbinger Stadtrat auf und stellte 1932 eine „Denkschrift über die Trockenlegung des Frischen Haffs und den Durchstich durch die Frische Nehrung bei Kahlberg“ vor. Bis zu 13.000 angeworbene Siedlerfamilien hätten dadurch angesiedelt werden können, geschützt durch Deiche, Pumpwerke und Meliorationsgräben. Nach Adolf Hitlers Machtübernahme 1933 geriet der Plan in Vergessenheit.
Im Mai 2016 griff die polnische Regierung die deutschen Kanalpläne wieder auf und verabschiedete die Finanzierung aus dem Staatshaushalt. Der Woiwode der Woiwodschaft Pommern gab am 15. Februar 2019 seine Erlaubnis zum Beginn der Bauarbeiten. Am selben Tag begann bei Vogelsang [Skowronki], zehn Kilometer westlich von Kahlberg, die Rodung des Baumbestandes auf einer 200 Meter breiten Schneise. In nur fünf Tagen entstand quer durch die Nehrung eine Schneise.
Vogelsang hatte den Zuschlag bekommen, weil die Nehrung dort die geringste Breite hatte. Streckenweise waren fast 3000 Bauarbeiter am Kanalbau beteiligt. Der Kanal hat auf der Nehrung eine Länge von 1,3 Kilometern, eine Breite von 40 Metern an der Kanalsohle und 80 Metern an der Oberfläche sowie eine Tiefe von fünf Metern. An der Nordseite des Kanals wurde ein Schutzhafen mit zwei Wellenbrecher an der Danziger Bucht errichtet. Am Südende hat der Kanal eine Schleuse und zwei Klappbrücken für Fußgänger und Fahrradfahrer. Die Schleuse soll weitgehend das Eindringen von Salzwasser aus der Ostsee in das Haff verhindern. Da die mittlere Wassertiefe im Frischen Haff nur 2,7 Meter beträgt, musste auf einer Strecke von 23 Kilometern durch das Haff die Fahrrinne des Kanals vertieft werden. Durch den Aushub des Kanals wurde eine zusätzliche 181 Hektar große Insel im Frischen Haff geschaffen, die zu einem Vogelparadies wird.
Kontroverse Debatten gingen voraus
Als Polen vor einigen Jahren begann, über den Schifffahrtskanal auf der Frischen Nehrung zu diskutieren, zeigte sich die Verwaltung der russischen Enklave Königsberg besorgt. Es wurde argumentiert, dass die Frische Nehrung verschmutzt würde. Auch in Polen stieß das Projekt zunächst auf Kritik aus Kreisen von Umweltschutz und Bevölkerung sowie seitens der EU. In der Nähe von Vogelsang befindet sich ein Vogelschutzgebiet. Befürchtet wurden neben der Umweltverschmutzung eine Haffversalzung und Einbußen für den Tourismus auf der Nehrung.
Der Bau war ein Prestigeprojekt der PiS-Regierung, das die Unabhängigkeit Polens vom von Russland verwalteten Pillauer Tief zeigen sollte, das aber bis zum Ukrainekrieg kaum wirtschaftliche Bedeutung hatte. Der Hafen von Elbing an der Nogat spielte ökonomisch eine geringe Rolle, weil die Häfen von Stettin, Gdingen und Danzig den Bedarf an Umschlagkapazität voll deckten. Allerdings wird der neue Kanal auch den kleineren ermländischen Hafenstädten Frauenburg und Tolkemit zugutekommen.