29.03.2024

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Bundeskanzler-Dienstwagen

Der neue Kanzler greift wieder zum „guten Stern“

Mit Olaf Scholz kehrt ausgerechnet ein Sozialdemokrat nach Volkswagen und Audi zur Nobelmarke Mercedes zurück

Manuel Ruoff
18.12.2021

Bei Staatsmännern ist es üblich, dass sie als Staatsrepräsentanten in der Öffentlichkeit nach Möglichkeit Produkte des eigenen Landes nutzen, statt für ausländische Konkurrenz Reklame zu laufen. In Deutschland ist nicht nur von Carl Benz das Automobil erfunden worden, das Land hat auch traditionell eine leistungsfähige Automobilindustrie. Und da zumindest ein Teil der Automobilunternehmen im Westen Deutschlands seine Wurzeln hat, hatten die Spitzenpolitiker der Bundesrepublik auch schon vor der deutschen Vereinigung die Wahl zwischen diversen Autoherstellern, die Personenfahrzeuge der Oberklasse produzieren.

Opel nahm dabei eine Sonderrolle ein. Das Unternehmen ist zwar eine deutsche Gründung und hat mit Rüsselsheim am Main seinen Sitz in der Bundesrepublik, aber es ist seit der Weimarer Zeit in ausländischem Besitz. Deshalb spielen Opel zwar auf Landesebene im Rhein-Main-Raum, dem Sitz des Unternehmens, eine gewisse Rolle als Staatskarossen, aber nicht auf Bundesebene.

Niederlage des „Barockengels“

Platzhirsch war traditionell Daimler-Benz. Kaiser Wilhelm hatte Mercedes gefahren, Reichspräsident Paul von Hindenburg und Adolf Hitler auch. Als 1951 die Tradition der Internationalen Automobil-Ausstellung in Frankfurt am Main wieder aufgenommen wurde, stellte Daimler-Benz mit dem Mercedes 300 (W 186) und dem kleineren Mercedes 220 (W 187) die ersten deutschen Repräsentationslimousinen seit dem Zweiten Weltkrieg vor. Bereits im darauffolgenden Jahr bekamen die etablierten Schwaben Konkurrenz aus Bayern mit dem sogenannten Barock­engel. Der BMW 501 war der erste in München hergestellte Personenkraftwagen der Bayerischen Motoren Werke und gleich eine Nobelkarosse.

Der damalige Bundeskanzler hatte die Qual der Wahl. Er entschied sich für den Platzhirsch und gegen den Herausforderer. Eine Legende besagt, dass Konrad Adenauer der Hut vom Kopf gefallen sei, als er probeweise in den Fond des BMW gestiegen sei. Im Mercedes mit dessen Höhe von 1,62 Metern habe das Problem nicht bestanden. Das soll für den Hutträger entscheidend gewesen sein. Wie der Kanzler fuhren auch Bundespräsident Theodor Heuss, Oppositionsführer Kurt Schumacher und viele andere hochgestellte Persönlichkeiten den Mercedes 300.

Bundeskanzler Adenauer fuhr insgesamt sechs von ihnen. Der letzte war bereits ein 300 d. Diese ab 1957 gebaute letzte Variante unterschied sich wesentlich von den vorausgegangenen und hatte deshalb mit W 189 auch eine eigene werksinterne Baureihenbezeichnung.

1962 stellte Daimler-Benz die Produktion des Mercedes 300 ein. Er wurde fast die gesamte Amtszeit Adenauers als Bundeskanzler gebaut und wurde und wird deshalb auch als „Adenauer-Mercedes“ bezeichnet. Der erste von Adenauers Mercedes 300 steht mittlerweile im Haus der Geschichte in Bonn.

Ein Auto, groß wie Kanzler Kohl

Die Nachfolge des Mercedes 300 übernahm die sogenannte Heckflosse. Modischen Schnickschnack mitzumachen widerspricht eigentlich dem Image von Daimler-Benz, aber schließlich trugen auch die Schwaben der aus den USA über den Großen Teich geschwappten, technisch völlig sinnlosen Mode Rechnung, nach dem Vorbild der Steuerruder von Flugzeugen Autos mit Heckflossen zu versehen. Etwas verschämt sprach man in Stuttgart-Untertürkheim von „Peilstegen“ zum einfacheren Rangieren. 1959 kam die sogenannte große Heckflosse (W 111) auf den Markt. Zwei Jahre später folgten die sogenannte kleine Heckflosse (W 110) und die sogenannte Königsflosse (W 112), das Spitzenmodell. Dieser Mercedes 300 SE überdauerte die kurze Amtszeit Kanzler Ludwig Erhards und wurde bis in jene des Kanzlers der Großen Koalition, Kurt Kiesinger, gebaut, der auch dieses Auto fuhr.

Genau genommen gab es seit 1964 ein neues Spitzenmodell, den Mercedes 600 (W 100). Diese bis 1981 gebaute Staatskarosse war allerdings derart extravagant, dass sie seitens der Bundesrepublik nur für Staatsbesuche ausländischer Staatsoberhäupter von Daimler-Benz ausgeliehen wurde.

1969 wurde Willy Brandt Bundeskanzler. Der Sozialdemokrat blieb bei Mercedes. Inzwischen waren die Heckflossen abgelöst. Seit 1965 gab es den W 108, ein Modell, dessen Verwandtschaft zur großen Heckflosse nicht zu leugnen war, aber eben (fast) ohne die prägnanten und mittlerweile aus der Mode gekommenen „Peilstege“. Im selben Jahr wie Brandts Kanzlerschaft begann die Produktion des 300 SEL 3,5, und für dieses Modell entschied sich der erste Kanzler aus den Reihen der SPD.

Wechsel zum VW-Konzern

1974 räumte Brandt seinem Parteifreund Helmut Schmidt das Feld. Schon zwei Jahre vorher war der W 108 vom W 116 abgelöst worden. Es war der Beginn der von Daimler-Benz auch offiziell so bezeichneten S-Klasse. Als Schmidt Kanzler wurde, reichte die Palette vom 280 S bis zum 450 SEL, den auch er fuhr. Das „fuhr“ kann bei diesem Kanzler wörtlich genommen werden, denn von ihm ist überliefert, dass er seinen Dienstwagen am liebsten selbst lenkte.

Knapp vier Jahre, bevor Schmidt im Kanzleramt durch Helmut Kohl abgelöst wurde, wiederfuhr dem W 116 bei Mercedes das gleiche Schicksal durch den W 126. Ziemlich genau in der Mitte der sehr langen Kanzlerschaft des Rheinländers, im Jahre 1991, erfolgte der Wechsel vom W 126 zum W 140. Kohl fuhr beide. Allerdings passte das zweite Modell viel besser zu ihm, denn es war ebenfalls ausnehmend groß und schwer. In Kombination mit dem weitgehenden Fehlen von Zierrat hatte der Mercedes fast die Anmutung eines Nutzfahrzeugs. Der Wagen war um die 5,2 Meter lang, beinahe 1,9 Meter breit und 1,5 Meter hoch sowie bis zu fast 2,3 Tonnen schwer. Klobig, protzig, archaisch, undynamisch lautete die Kritik. Mancher traditionelle Mercedesfahrer schaute sich bei der Konkurrenz um.

Daimler-Benz zog daraus beim etwas kleineren und vor allem graziler wirkenden Nachfolger die Konsequenzen. Im selben Jahr wie der große Kanzler Kohl Gerhard Schröder musste der große Mercedes W 140 der Baureihe 220 weichen. Trotz ihres fast zeitgleichen Debüts fanden der siebte Bundeskanzler und die vierte S-Klasse allerdings nicht so recht zueinander.

Schröder ist zwar als „Autokanzler“ in die Geschichte eingegangen, aber seine Sympathien gehörten nicht allen Autokonzernen gleichermaßen. Vor seiner Kanzlerschaft war er Ministerpräsident von Niedersachsen und als solcher auch Aufsichtsratsmitglied des Volkwagenkonzerns gewesen. Als Schröders Amtszeit begann, hatte der im niedersächsischen Wolfsburg sitzende Autobauer VW zwar noch kein Luxusmodell im Sortiment, aber die Ingolstädter Konzerntochter Audi. Dort wurde seit 1994 der A8 gebaut, und der wurde sein erster Dienstwagen. Werbewirksam lotste er den Wagen selbst vor laufender Kamera und mehr als 18 Millionen Fernsehzuschauern auf die Bühne von „Wetten, dass ...?“ 2001 kam es noch besser. Ab da bot das Wolfsburger Unternehmen mit dem Phaeton selbst ein Oberklassemodell an. Folgerichtig wechselte Schröder den Dienstwagen und die Bundesrepublik hatte einen Regierungschef, der VW fuhr.

Ein Auto, nüchtern wie Merkel

Auf Drängen des DaimlerChrysler-Vorstandsvorsitzenden Jürgen Schrempp übernahm Schröder im selben Jahr zusätzlich einen Mercedes S 600 V12 der Baureihe 220 in seinen Fuhrpark. Um Neid zwischen den nationalen Autobauern zu verhindern, ging nun der Trend dahin, dass die Kanzler zeitgleich Fahrzeuge unterschiedlicher Marken in ihrem Fuhrpark haben – und eben nur eine Marke bevorzugt benutzen.

2005 übernahm die erste Bundeskanzlerin die Regierungsgeschäfte. Pragmatisch und dem von ihrem Umfeld gepflegten Image der nüchternen Wissenschaftlerin gemäß legte sich Angela Merkel nicht frühzeitig fest, sondern fuhr erst einmal Probe. Sie entschied sich für den Audi A8. Ähnlich wie die Mercedes-Baureihe 140 zu Helmut Kohl passt der Audi zu Merkel. Für einen Volkswagen ist sie nicht volkstümlich genug, für einen BMW ist sie nicht sportlich genug und für einen Mercedes ist sie nicht glamourös genug.

Bei Schmidt fing das Panzern an

Nun ist Olaf Scholz dran. Mit ihm kehrt ausgerechnet der erste Regierungschef der einstigen Arbeiterpartei SPD nach über eineinhalb Jahrzehnten bürgerlich geführter Regierungen nach Volkswagen und Audi wieder zum – um es mit einem alten Werbespruch zu sagen – „guten Stern auf allen Straßen“ zurück. Bereits an seinem ersten Amtstag als Bundeskanzler bewältigte er seine Termine mit einem Mercedes, einem S 680 Guard der Baureihe 223.

Das Fahrzeug setzt einen bedenklichen Trend fort. Ähnlich wie in den USA geht auch in der Bundesrepublik die Schere immer weiter auseinander zwischen den zivilen Serienfahrzeugen von der Stange, wie sie der einfache Bürger kennt, und den Sonderschutzfahrzeugen, wie sie die Staats- und Regierungschefs benutzen. Die Entwicklung begann in der Kanzlerschaft Schmidts, in die der Deutsche Herbst fiel. Er bekam als erster Bundeskanzler einen Dienstwagen in gepanzerter Sonderschutzausführung. In Scholz' Wagen nun sind zwei Tonnen Panzerung verbaut. 120 Kilogramm wiegt allein schon die Frontscheibe. Um das Fahrzeug trotzdem zügig bewegen zu können, stehen 612 PS aus zwölf V-förmig angeordneten Zylindern zur Verfügung. Das alles hat seinen Preis. Mit 4,2 Tonnen ist Scholz Dienstwagen nicht nur fast doppelt so schwer wie die zivile Ausführung, sondern mit rund 544.000 Euro auch ungefähr doppelt so teuer.


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Kommentare

sitra achra am 30.12.21, 14:33 Uhr

Dieser Bundesstrolch fährt den Karren unter dem linksbourgeoisen Unglücksstern in den Abgrund, soviel ist sicher!

Siegfried Hermann am 18.12.21, 09:09 Uhr

544.000 Euro ist der gesponserte dumping-Preis.
Mit einigen Schnickschnack, verstärkter Panzerung jenseits der VR-10 geht der Endkundenpreis locker über 1 Mio.
Nebenbei:
4 Tonnen, 12 Zylinder, 6L Hubraum.
Der säuft schon im Stand 15L, locker 25L bei Spitzentempo.
Klima-Killer at his best.
Wie erklärt sich Kobold-Lena, wenn sie den "kleineren" Mercedes- Maybach fahren lässt und Gretel, Langstrecken-Luisa, oder diesen ätzenden Lesch mit nimmt!?!?
Und überhaupt:
Die Buntentags-Flotte besteht nur aus solchen Protzkarren, egal ob BMW, MB, Audi. Der Phänton hatte übrigens auch 6L-V12, wird allerdings nicht mehr produziert.
Nur Porsche sieht da kein Land. Bei solchen Sumi-Rotwein-Schunkler*Innen s/l/d wie Fatima-Claudia kein Wundern, die sich zur Partei-Veranstaltung bis auf 300m
Abstand fahren lässt und dann ihr Fahrrad strampelt.
Da würd ich doch glatt darauf bestehen: Fahrrad IMMER, egal wie weit, egal wie steil, egal was für Sxx-Wetter.
Da wird´s aber zappenduster was tatsächlich -noch- in Deutschland produziert wird.

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