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In Trier wird eine große Ausstellung über Marc Aurel vorbereitet – Der römische Kaiser war ein Vorbild auch für Friedrich den Großen
In der alten Römerstadt Trier haben großartige kulturhistorische Ausstellungen Tradition. Sie waren den Kaisern Konstantin und Nero sowie dem Untergang Roms gewidmet. Nun bereitet Marcus Reuter, Direktor des Rheinischen Landesmuseums Trier, die Landesausstellung „Marc Aurel. Kaiser. Feldherr. Philosoph“ vor. Das von Viola Skiba geleitete Stadtmuseum Simeonstift schließt sich mit der Schau „Was ist gute Herrschaft?“ an. Insgesamt werden in den beiden am 15. Juni kommenden Jahres startenden Ausstellungen 380 Exponate aus den eigenen Sammlungen und von 85 internationalen Leihgebern präsentiert.
Reuter kündigt an, dass Marc Aurels Leben nacherzählt und mit dem Zeitgeschehen verknüpft wird. Am 26. April 121 in Rom geboren, wurde er anno 138 von Kaiser Antonius Pius adoptiert und trat nach dessen Tod 161 die Nachfolge an. Zum gleichberechtigten Mitkaiser erhob er seinen Adoptivbruder Lucius Verus, der jedoch schon 169 starb.
Die Regierungszeit Marc Aurels war überschattet von Kriegen und Katastrophen wie Hochwasser und Pest. Im Osten des römischen Reiches machten die Parther die Grenzen unsicher. Kaum waren die besiegt, begannen im Donauraum die Kämpfe gegen die Markomannen und andere „Barbarenvölker“. Die letzten zwölf Jahre seines Lebens, das am 17. März 180 endete, verbrachte Marc Aurel überwiegend im Feldlager. Er war der letzte in der Reihe der Adoptivkaiser. Reuter weist darauf hin, dass sie nur mangels eigener Söhne zum Notmittel der Adoption gegriffen hatten. Bei Marc Aurel war das anders. Mit seiner Gattin Faustina hatte er 13 Kinder. Zu seinem Mitregenten und Nachfolger ernannte er seinen Sohn Commodus, der jedoch 192 wegen seiner Willkürherrschaft ermordet wurde.
Nachruhm hielt Marc Aurel für „völlig nichtig“, wie er in seinen im Feldlager verfassten „Selbstbetrachtungen“ darlegte. Und doch ist er ihm in hohem Maße zuteilgeworden. Dazu tragen nicht zuletzt zwei in Rom erhalten gebliebene Kunstwerke bei: sein überlebensgroßes Reiterstandbild aus Bronze, das Vorbild für viele nachfolgende Reiterdenkmäler geworden ist, sowie die zu seiner Ehre vom römischen Senat errichtete Marc-Aurel-Säule. Sie zeigt in 114 Szenen die äußerst grausam geführten Markomannenkriege.
In Trier wird eine Kopie der Säule ausgestellt. Der Kaiser hat darauf 62 Auftritte. Zum Beispiel opfert er den Göttern, empfängt Gesandte und begutachtet die abgeschlagenen Köpfe von Feinden. Der wahre Marc Aurel scheint jedoch nicht so hartgesotten gewesen zu sein wie der auf der Säule dargestellte. Als ihm das Haupt des Usurpators Avidius Cassius übersandt wurde, wollte er es sich nicht ansehen, sondern ließ es bestatten.
Ein Aurel-Bewunderer aus Preußen
Es grenzt an ein Wunder, dass die „Selbstbetrachtungen“, die Marc Aurel nur für sich allein geschrieben hatte, auf uns gekommen sind. Die erste Druckauflage erschien 1599 in Zürich. Der mächtigste Mann des römischen Reiches, nicht nur Kaiser, sondern auch oberster Priester und oberster Richter, ermahnt sich in seinen „Selbstbetrachtungen“ zu Besonnenheit und Vernunft, Gelassenheit und innerer Ruhe. Kein Hass, kein Neid, sondern Wohlwollen und Nachsicht sollen ihn leiten, sein Denken und Handeln der Gemeinschaft nützen.
In Spätantike und Mittelalter war Marc Aurel verehrt und verrufen. Kirchenvater Augustinus (354–430) nannte ihn einen der zehn römischen Kaiser, die Christen verfolgen ließen. In der um 400 von einem anonymen Autor verfassten „Historia Augusta“ wird Marc Aurel als Philosoph auf dem Kaiserthron beschrieben, dessen Eigenschaften Mäßigung, Gleichmut, Selbstbeherrschung und Verantwortungsbewusstsein gewesen seien.
In der Neuzeit setzt seine Verklärung zum idealen Herrscher ein. Zu seinen Verehrern gehörte Friedrich der Große. In seinem Werk „Anti-Machiavell“ (1740) heißt es: „Marc Aurel, einer der größten Kaiser Roms, vereinte Feldherrenglück mit der Weisheit des Philosophen.“ Sein Briefpartner Voltaire wiederum bezeichnete Friedrich als Preußens Marc Aurel.
Das größte Exponat der Landesausstellung ist knapp 36 Meter lang und fast 30 Meter hoch. Es besteht aus etwa
7200 Sandsteinquadern, die bis zu sechs Tonnen schwer sind. Es handelt sich um Triers Wahrzeichen: die zur Regierungszeit Marc Aurels erbaute Porta Nigra. Das am besten erhaltene römische Stadttor nördlich der Alpen hat nur überdauert, weil der Einsiedler Simeon eingezogen war. Er starb dort 1035 und wurde noch im selben Jahr auf Betreiben des Trierer Erzbischofs Poppo vom Papst heiliggesprochen. Daraufhin ließ Poppo Stiftsgebäude errichten und das Stadttor zur Doppelkirche ausbauen. In der Oberkirche feierten die Stiftsangehörigen Gottesdienst, in jener darunter die einfache Bevölkerung. Napoleon besuchte 1804 Trier und befahl den Rückbau der Simeonkirche zum römischen Stadttor. Unter preußischer Verwaltung fand der Rückbau 1816/17 seinen Abschluss.
Neben der Porta Nigra steht das Stadtmuseum Simeonstift, in dem im kommenden Jahr der Frage nachgegangen wird: „Was ist gute Herrschaft?“ Die Antwort kannte schon Aristoteles (384–322 v. Chr.): Es ist die zum Nutzen aller ausgeübte Herrschaft. Anhand von Kunstwerken, Fotografien, Filmen und Büchern veranschaulicht die Ausstellung die Entwicklung des Verständnisses von guter Herrschaft bis in unsere Tage. Als die französische Dichterin Christine de Pizan in „Das Buch von der Stadt der Frauen“ (1405) forderte, die Frauen sollten die gleichen Rechte wie Männer haben, war das noch Utopie. In der Abteilung „Das Volk als Souverän“ wird Gottfried Leglers Gemälde „Wir sind das Volk“ (1990) gezeigt. Der Rundgang wird mit einem Aufruf enden: „Demokratie schützen.“