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Schon ein Joint am Tag kann schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen – der Ampelregierung war diese Tatsache egal
Bild: imago/ManngoldSchon ein Joint am Tag kann schwere gesundheitliche Schäden nach sich ziehen – der Ampelregierung war diese Tatsache egal

Cannabisgesetz

Der Schwarzmarkt boomt

Ein Jahr später steht fest: Es läuft genau so, wie es gerade nicht laufen sollte

Hagen Ritter
09.04.2025

Im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen ist in der Union neben dem Heizungsgesetz auch immer wieder das Cannabisgesetz genannt worden, wenn es um die Frage ging, welches Projekt der gescheiterten Ampelkoalition wieder rückgängig gemacht oder zumindest überarbeitet werden muss. Seit April 2024 ist der private Anbau und Konsum von Cannabis in Teilen legal geworden. Seitdem dürfen Erwachsene unterwegs bis zu 25 Gramm Cannabis bei sich haben. Zu Hause dürfen straffrei sogar bis zu 50 Gramm aufbewahrt werden. Zudem wurde auch der private Anbau von maximal drei Pflanzen per Gesetz erlaubt. Zusätzlich wurde vor einem Jahr die Möglichkeit geschaffen, Cannabis-Anbauvereine zu gründen.

Nach Angaben von Michael Greif, dem Geschäftsführer des Branchenverbands Cannabiswirtschaft e.V., hat das Cannabisgesetz inzwischen zu einem Boom beim privaten Eigenanbau geführt. So habe sich 2024 für die gesamte Cannabiswirtschaft ein Umsatzvolumen von knapp einer Milliarde Euro ergeben. Ein Händler, der Zubehör für den Eigenanbau verkauft, erklärte sogar: „Der deutsche Markt hat die Waren des kompletten europäischen Markts aufgekauft.“

Unkontrollierter Konsum
Jan Reinecke, Hamburger Landeschef vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK), sieht den Markt für Cannabis durch den Eigenanbau allerdings überhaupt nicht gedeckt. Nach Einschätzung des Kriminalbeamten sei von Anfang an klar gewesen, dass mit dem Gesetz der Schwarzmarkt nicht ausgetrocknet werde: „Im Gegenteil, man kann sagen, dass dieses Gesetz einen Schwarzmarktboom erzeugt hat und der Konsum unkontrolliert angestiegen ist“, so der BDK-Landeschef gegenüber der Zeitung „Die Welt“.

Der Befund gilt nicht nur für Hamburg. Der Suchtforscher Jakob Manthey spricht von einem deutschlandweiten Schwarzmarkt für Cannabis, auf dem nach seiner Schätzung mindestens zwei, möglicherweise aber auch bis zu sieben Milliarden Euro umgesetzt werden. Manthey, der die AG „Substanzkonsum und Public Health“ am Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung (ZIS) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf leitet, bewertet positiv, dass sich Deutschland bei der Teillegalisierung für einen anderen Weg als die Niederlande, Kanada und die USA entschieden hat.

Umsatzrekord in Aussicht
Laut Manthey hat sich Deutschland „für ein Modell entschieden, das es nirgendwo anders gibt“. Zu den negativen Erfahrungen aus anderen Ländern zählt, dass „an jeder Ecke, vor allem in urbanen Räumen, wo sich viele junge Menschen aufhalten, Cannabis-Läden aufmachen“. Diese konkurrieren dann, senken die Preise und setzen starke Konsumanreize, so Manthey gegenüber dem „MDR“. Sehr skeptisch sieht der Forscher auch, wenn große Konzerne riesige Umsätze mit sogenanntem „medizinischem Cannabis“ machen. Dabei werde Cannabis als Wundermittel für die Gesundheit angeboten und fragwürdig beworben, tatsächlich gehe es aber oft um einen Freizeitmarkt. Laut dem Suchtforscher erwartet die Branche für medizinisches Cannabis bereits einen Umsatzrekord von bis zu 420 Millionen Euro.

Psychische Störungen drohen
Generell kritisch äußerte sich der Präsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz, Günther Matheis. Er forderte mit Nachdruck die Rücknahme der aus seiner Sicht fatalen Cannabis-Teillegalisierung. Matheis sagte: „Der Bundesgesundheitsminister hat damit einer Substanz freie Verfügbarkeit eingeräumt, von der wir wissen, dass sie hirnorganische Veränderungen hervorruft, zu Verhaltensauffälligkeiten bei Jugendlichen führt sowie Abhängigkeiten und psychische Veränderungen auslösen kann.“

Befürworter der Teillegalisierung hatten im Vorfeld immer wieder argumentiert, Justiz und Polizei würden durch das Gesetz entlastet. Bislang ist das Gegenteil der Fall – es ist zusätzliche Arbeit entstanden. Die Justiz musste durch die geänderte Rechtslage bundesweit Zehntausende Verfahren überprüfen. Allein in Nordrhein-Westfalen standen die Staatsanwaltschaften durch die Teillegalisierung vor der Aufgabe, rund 86.000 Strafverfahren daraufhin zu überprüfen, ob auch unter der neuen Rechtslage eine Strafbarkeit vorliegt. Bundesweit mussten rund 270.000 Akten im Hinblick auf einen Straferlass geprüft werden.

Dealer sind seither entspannt
Profitiert haben nicht nur Cannabis-Konsumenten, die frühere Grenzwerte zum Besitz von Cannabis nur leicht überschritten hatten. Auch Dealer, die der organisierten Kriminalität zugeordnet werden müssen, konnten sich darüber freuen, dass sie nach der seit April 2024 geltenden Neuregelung mit geringeren Strafen davonkommen.

Zumeist kritisch sind auch die Einschätzungen, die von der Polizei kommen. Die Gewerkschaft der Polizei in Rheinland-Pfalz erklärte nach dem ersten Jahr der Teillegalisierung, dass es keine Entlastung für die Ermittler gegeben habe – der Arbeitsaufwand ist durch die komplizierte Neuregelung sogar gestiegen.

Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik meint, das neue Gesetz habe den Schwarzmarkt rund um Cannabis nicht zurückdrängen können. Stattdessen floriere der Schwarzmarkt sogar. Mit Sorge sehen deutschlandweit die Ermittler der Polizei, dass aufgrund einer „hohen Verfügbarkeit“ von Kokain und Crack die Fallzahlen bei diesen harten Drogen sogar exorbitant steigen.


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