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Im Literaturhaus in Bansin: Hier sind das Arbeitszimmer und die Bibliothek Richters zu besichtigen, die seine Witwe nach dessen Tod 1993 der Gemeinde Bansin vermachte. Außerdem wichtige Exponate der Stationen seines Lebens, speziell der Gruppe 47
Foto: Wikimedia/karatecoopIm Literaturhaus in Bansin: Hier sind das Arbeitszimmer und die Bibliothek Richters zu besichtigen, die seine Witwe nach dessen Tod 1993 der Gemeinde Bansin vermachte. Außerdem wichtige Exponate der Stationen seines Lebens, speziell der Gruppe 47

Usedom

Der Spiritus rector der Gruppe 47

Literat aus Neu Sallenthin – Hans Werner Richter erhielt zahlreiche Ehrungen, Preise und Anerkennung

Brigitte Klesczewski
11.08.2024

Hans Werner Richter ist der pommersche Schriftsteller, der in der Nachkriegszeit Pommern durch seine schriftstellerische Tätigkeit und der Gründung der Gruppe 47 zu einer Literaturregion erhob. Er arbeitete nicht nur als Erzähler, Roman- und Hörspielautor oder als Herausgeber, sondern er war auch der Initiator und Leiter der berühmten Schriftstellervereinigung Gruppe 47. Richter sammelte Schriftsteller um sich und lud sie zu Zusammenkünften ein. Hier trugen sie aus ihren meist noch ungedruckten Werken vor und stellten sich anschließend der schonungslosen Kritik ihrer Berufskollegen.

Für die noch junge Bundesrepublik sollte diese Literaturvereinigung bestimmend für ihre Literaturgeschichte sein, denn ihre Mitglieder glaubten, dass, langfristig gesehen, die Mentalität eines Volkes von seiner Literatur geprägt würde. Sie sollte die Lebensweise der Deutschen verändern, weg vom obrigkeitsstaatlichen Denken und hin zum demokratischen Miteinander.

Namhafte Autoren
Von 1947 bis 1967 fanden Tagungen in verschiedenen Orten der Bundesrepublik statt. Die Gruppe 47 vergab auch Preise. Zu den Auserwählten gehörten Günter Eich, Heinrich Böll, Ilse Aichinger, Martin Walser, Ingeborg Bachmann, Günter Grass, Johannes Bobrowski, Peter Bichsel und Jürgen Becker. Weitere Autoren waren Siegfried Lenz, Uwe Johnson, Walter Jens und Marcel Reich-Ranicki.

Hans Werner Richter wurde am
12. November 1908 als fünftes Kind eines Fischers in Neu Sallenthin bei Bansin auf Usedom geboren. Im Jahr 1910 zogen seine Eltern nach Bansin. Der Sohn eines Fischers ging nach einer Buchhändlerlehre in Swinemünde nach Berlin. Er wurde arbeitslos und trat 1930 in die KPD ein, aus der er zwei Jahre später wieder ausgeschlossen wurde. Im Jahr 1933 emigrierte Richter nach Paris, kehrte jedoch wieder nach Berlin zurück. Von 1933 bis 1934 übernahm er die Tempelhofer Buchhandlung und betrieb eine Leihbibliothek. Von 1940 bis 1943 war er Soldat. Vorher hatte er im Jahr 1942 am 2. Oktober 1942 Antonie Lesemann in Krakau geheiratet.

1943 geriet er in amerikanische Gefangenschaft, wo er zu schreiben begann und an Lagerzeitschriften mitarbeitete. Nach seiner Entlassung ging er 1946 nach München und wurde dort Mitherausgeber der Zeitschrift „Der Ruf“. Diese Zeitung wurde ein Jahr später von den Alliierten verboten. In selben Jahr gründete er die Gruppe 47, die sich unter seiner Leitung zu einer einflussreichen Institution im Kulturleben der Bundesrepublik entwickelte. 23 Jahre nach dem letzten regulären Treffen kam es 1990 in Schloss Dobříš bei Prag zu einer letzten Zusammenkunft.
Von 1962 bis 1965 lebte Richter in Berlin und seit 1975 in München. Diese Stadt wurde sein bevorzugter Wohnsitz. Sein literarisches Schaffen steht in der Tradition realistischen Erzählens. So auch im ersten Roman „Die Geschlagenen“, der die Erfahrungen in Krieg und Gefangenschaft verarbeitet. Im Roman „Spuren im Sand“ schildert er auf dem angedeuteten Zeithintergrund etwa von 1910 bis 1930 seine eigene Jugend auf der Insel Usedom. In dem 1990 erschienenen Werk „Deutschland deine Pommern“ macht sich Richter auf die Suche nach den Pommern. Was er da an Erlebnissen, Anekdoten und erdachten Gesprächen aufgespürt hat, zeigt den pommerschen Menschen mit seiner Schläue und seinem unverwüstlichen Humor.

Deutschland deine Pommern
1974 wurde er ordentliches Mitglied der Bayrischen Akademie der Schönen Künste. 1978 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Universität Karlsruhe. 1979 folgte die Verleihung des Professors „Ehren halber“ durch den Regierenden Bürgermeister von Berlin.

Mit 80 Jahren erlebte Richter begeistert die deutsche Wiedervereinigung. Von nun an konnte er ungehindert seine geliebte Usedomer Heimat besuchen.

Am 23. März 1993 starb er in München. Seine Urne wurde seinem Wunsch gemäß auf dem Bansiner Friedhof auf Usedom beigesetzt.

In Bansin existiert auch ein „Hans Werner Richter Museum“. Es ist im alten Feuerwehrgebäude, das zum „Literaturhaus“ umgebaut wurde, untergebracht worden. Wesentliche Teile seines privaten Nachlasses sowie eine Bibliothek befinden sich hier und sollen Auskunft über Bansins berühmten Sohn geben.


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