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Literatur

Der Stoff, aus dem Trivialromane sind

Auflagenkönig aus Wien – Vor 100 Jahren wurde Bestsellerautor Johannes Mario Simmel geboren

Harald Tews
04.04.2024

Er galt als Bestsellerautor schlechthin. Aber von einer Einladung zur Gruppe 47 oder einer Literaturauszeichnung wie den Büchnerpreis konnte Johannes Mario Simmel nur träumen. Dem vor 100 Jahren geborenen Schriftsteller haftete der Makel der billigen Unterhaltungsliteratur an, ja, schlimmer noch: der Trivialliteratur.

Anders als die Verfechter der sogenannten Hochliteratur machten die Leser keinen Bogen um Simmels Bücher. Die Gesamtauflage seiner 35 Veröffentlichungen lag zu seinen Lebzeiten bei 73 Millionen Exemplaren. Damit liegt er fast gleichauf mit Heinz G. Konsalik, der allerdings deutlich mehr Werke verfasst hat. Nur Karl May bleibt mit einer weltweiten Auflage von etwa 200 Millionen als meistverkaufter deutscher Autor unerreicht.

Dabei hat Simmel in seine „Reißer“ durchaus kontroverse Themen hineingepackt. Genmanipulation, Umweltzerstörung, Bio-Waffen und immer wieder die Gefahr des Rechtsradikalismus hat er mit Sex, Champagner und mondänen Reisezielen verquirlt. Das war sein Bestsellerrezept, um gehört zu werden – und reich.

Denn Simmels Mission war es, die Welt zu einer besseren zu machen. Die Zeit des Nationalsozialismus hatte den Sohn eines im schlesischen Schmiedeberg geborenen Kaufmanns, der jüdischer Abstammung war, traumatisiert. Der Vater konnte nach 1933 nach England entkommen, doch fast alle anderen Familienangehörige väterlicherseits – seine christliche Mutter stammte aus Halle an der Saale – wurden ermordet.

Der am 7. April 1924 in Wien geborene Johannes Mario Simmel entkam dem Grauen der NS-Zeit, da er als Chemoingenieur in einem kriegswichtigen Betrieb arbeitete und so als junger Mann für den NS-Staat unentbehrlich war. Nach dem Krieg kam er mit der Unterhaltungsbranche in Berührung. Er verfasste Filmdrehbücher und war als Reporter weltweit für die Münchener Illustrierte „Quick“ im Einsatz. Vom Revolverjournalismus geprägt, schuf er in Fließbandmanier gründlich recherchierte Romane, die ab den späten 1950er Jahren in nahezu jedem Haushalt zu finden waren. Die zumeist weißen Umschläge mit den bunten Titeln wie „Und Jimmy ging zum Regenbogen“, „Der Stoff aus dem die Träume sind“, „Hurra, wir leben noch“ oder „Doch mit den Clowns kamen die Tränen“ wurden zu seinem Markenzeichen.

Einer seiner bekanntesten Romane war „Es muß nicht immer Kaviar sein“ von 1960, in dem der 2009 in Luzern gestorbene Simmel eine Spionageromanze mit Rezepten würzte. Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass griff diese Idee später in seinem Roman „Der Butt“ auf. Doch auch vom Nobelpreis konnte Simmel allenfalls nur träumen.

Zum 100. Geburtstag ist von Claudia Graf-Grossmann die Simmel-Biographie „Mich wundert, dass ich so fröhlich bin“, (Verlag Droemer HC, 368 Seiten, 28 Euro) erschienen


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Kommentare

Peter Faethe am 04.04.24, 09:25 Uhr

Einer aus der großen Agitprop-Front.

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