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Die Stadt am Bober feilt im Pückler-Schloss an ihrem altehrwürdigen Profil als traditionsreiche Keramikstadt
Am Sonntag endete im niederschlesischen Bunzlau [Bolesławiec] das 30. Keramikfest. Die Besucher der fünftägigen Feierlichkeit konnten nun den erst im April eröffneten neuen Sitz des Bunzlauer Keramikmuseum im Pückler-Schloss in der Görlitzer Straße 29 [ul. Zgorzelecka] besichtigen.
Das besagte Schloss wurde 1857 aus einer schlichten klassizistischen Villa in einen dreiflügeligen Bau mit Turm im neugotischen Stil für Hermann Erdmann Konstantin von Pückler umgebaut. In den 1870er Jahren ging es in den Besitz des Grafen Hatzfeld über. Später wurde das Schloss von Samuel Woller, dem Besitzer der Textilfabrik „Concordia“, gekauft.
1920 kaufte der Bunzlauer Magistrat die Villa und richtete dort ein Jugendheim, die Städtische Lesehalle sowie die Stadtbibliothek ein. In den 30er Jahren beherbergte das Gebäude eine Sportschule, später eine Schule für Leiter des Reichsarbeitsdienstes. Nach Kriegsende diente das Gebäude als Schule. Heute, kernsaniert, beherbergt das Pückler-Schloss das Keramikmuseum, das bislang in der Poststraße [ul. Mickiewicza] seinen Sitz hatte, sowie auch das Stadtgeschichtliche Museum.
Im Pückler-Schloss ist viel Platz, und trotzdem kam das eigentliche Wahrzeichen der „Stadt des guten Tons“ – wie sich Bunzlau zu deutscher Zeit nannte – nicht mit an den neuen Standort. Der „Große Topf“ ist nun im neu eröffneten Zentrum für Keramiktechniken in der ul. Kutuzowa 14 zu bewundern. Dieses ist jedoch auch eine Abteilung des Keramikmuseums. Bei dem „Großen Top“ handelt es sich zwar nicht mehr um das 1753 von Johann Gottlieb Joppe hergestellte Objekt, aber immerhin um eine originalgetreue, zwei Meter hohe, rund 600 Kilogramm schwere, und 1970 Liter fassende Nachkriegskopie, auf die man in Bunzlau heute noch stolz ist, versichert Barbara Glinkowska vom Keramikmuseum.
Doch noch stolzer ist die Archäologin und Konservatorin auf die ältesten Objekte, an deren Rekonstruktion sie mitwirkte. Bevor diese nun die Vitrine im neuen Museum zieren, seien sie in jahrelanger mühseliger Puzzlearbeit zusammengefügt worden. „Mein Lieblingsobjekt ist eine mit kobaltblauer Glasur bezogene und mit einem Kruzifix verzierte Kanne aus dem 17. Jahrhundert. Sie wurde zusammen mit anderen Artefakten 2007 entdeckt, und erst seit damals konnten wir einen Chronikeintrag von 1612 bestätigen, wonach die mit dieser Glasur überzogenen Gefäße tatsächlich in Bunzlau hergestellt wurden. Es wurden nämlich mehrere Dutzend Fragmente dieser Gefäße gefunden, von denen nur sieben rekonstruiert werden konnten“, sagt Glinkowska, die das 1950 ins Leben gerufene polnische Keramikmuseum als Kontinuität für das Bunzlaer Stadtmuseum sieht. Der Sitz dieses 1908 gegründeten Museums der Stadt war bis zum jetzigen Umzug immer in der Poststraße. Nur eine Ausnahme gab es: „Kriegsbedingt wurde es erst 1920 wiedereröffnet. Besondere Verdienste darum hatte Artur Schiller“, berichtet sie. Schiller bekleidete von 1900 bis 1920 das Amt eines Aufsichtsrichters im oberschlesischen Gleiwitz [Gliwice], wo er am 1. September 1913 zum Geheimen Justizrat ernannt wurde. Er gründete das Oberschlesische Museum zu Gleiwitz, hatte sich aber auch dem Museum der Stadt Bunzlau gewidmet, „das er zu beachtlicher Bedeutung geführt hat. Könnte nur sein Herzenswunsch nach baulicher Erweiterung dieses ‚seines Museums' erfüllt werden, so dürfte es die Stadt und die Bevölkerung des Kreises nicht bereuen, Kosten aufgewandt zu haben in einer Zeit, da ein Meister sich ihm widmet!“, hieß es im „Bunzlauer Stadtblatt“ vom 14. Mai 1928.
Schiller hätte wohl seine Freude an dem neuen Museum in Bunzlau, dessen Besuch, so Glinkowska, „sich als eine gute Ergänzung für einen Keramikworkshop oder zu einem Keramikeinkauf anbietet, weil es die Keramiktradition auf schöne Weise erzählt. Wir zeigen in unserer Sammlung Objekte von der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bis zu heutigen Erzeugnissen. Man kann hier nachempfinden, wie sich diese Tradition im Laufe der Zeit verändert hat“, sagt sie und weist darauf hin, dass die Stadtgeschichte im Museum auch in deutscher Sprache erläutert wird.