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Alfred Arndt

Der „Ur-Bauhäusler“ aus Westpreußen

Vor 125 Jahren erblickte der Elbinger das Licht der Welt – Als Architekt entwarf er bedeutende Gebäude im Bauhaus-Stil

Martin Stolzenau
24.10.2023

Alfred Arndt stammte aus Westpreußen, entwickelte sich nach Bauhaus- Ausbildung in Weimar und Dessau zum Bauhausmeister und wohnte in einem der berühmten Meisterhäuser in Dessau. Er blieb auch in seinen nachfolgenden Hauptwirkungsstätten Probstzella, Jena und Darmstadt der Bauhausausrichtung treu. Walter Gropius bezeichnete ihn deshalb als „Ur- Bauhäusler“.

Neben modernen Bauten wie dem herausragenden „Haus des Volkes“ in Probstzella, die sich durch „Funktionalität und Sachlichkeit“ auszeichnen, schuf Arndt Plakate, Zeichnungen und Bilder, die zunächst dem Kubismus folgten und im Alter einen abstrakten Expressionismus offenbarten. Sein „Haus des Volkes“ erlebt jetzt nach wechselvoller Geschichte mit den neuen Eigentümern und weitgehend originaler Wiederherstellung zum 125. Geburtstag des herausragenden Architekten eine sprichwörtliche Renaissance.

Arndt wurde am 26. November 1898 in Elbing geboren. Der Ort liegt in der Elbinger Niederung am Fluss Elbing an der Mündung in das Frische Haff rund 60 Kilometer südöstlich von Danzig. Diese Region gehörte früher zur prußischen Landschaft Pogesanien, war ab dem 13. Jahrhundert Teil des Deutschordensstaates und wurde parallel zu einem Festungsbau unter Landmeister Hermann von Balk germanisiert. Sie war ab 1772 Teil der preußischen Provinz Westpreußen, wurde 1922 Ostpreußen angegliedert und fiel 1990 an die Republik Polen. Die Stadt ist heute kreisfrei und gehört inzwischen zur polnischen Woiwodschaft Ermland- Masuren.

Die Eltern von Arndt ermöglichten dem Jungen nach der Schule wegen der zeichnerischen Begabung und der Orientierung auf Technik in einem Konstruktionsbüro in Elbing eine Ausbildung zum Maschinen- und Bauzeichner. Dazu gesellten sich der Besuch der Kunstgewerbeschule in Elbing und der Akademie in Königsberg. Dann erfuhr Arndt vom Staatlichen Bauhaus in Weimar. Das interessierte den jungen Mann. Er wechselte in die Klassikerstadt, studierte unter den Bauhausgrößen Paul Klee, Wassily Kandinsky sowie Oskar Schlemmer architekturbezogene Gestaltung sowie Wandmalerei und entwarf dabei das Farbkonzept für das Jenaer Wohnhaus Haus Auerbach. Dieser Bau wurde von Gropius und Adolf Meyer entworfen, folgte der Formensprache des Neuen Bauens und gilt heute nach Restaurierung mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz als Bauhaus-Denkmal.

Studium unter den Bauhausgrößen Klee, Kandinsky und Schlemmer
Arndt lernte in Weimar Gertrud Hanschk kennen, eine Bauhausstudentin aus dem oberschlesischen Ratibor, und unternahm zwischendurch eine Studienreise nach Italien, wo er sich künstlerisch weiter vervollkommnete. Parallel wurde das Bauhaus aus Weimar vertrieben. Der neue Standort wurde Dessau. Arndt und Hanschk zogen mit um. Der Bauhäusler aus Elbing entwickelte sich zum vielversprechenden Architekten. Seine Freundin wurde eine erfolgreiche Textilgestalterin und Fotografin, die alle Bauhaus-Höhepunkte und –persönlichkeiten im Bild festhielt. Noch 1926 ging Arndt als freiberuflicher Architekt nach Probstzella in Thüringen. Er übernahm hier für den fortschrittsfreundlichen Unternehmer Franz Itting den Bau des Hauses des Volkes, das erhalten blieb und inzwischen restauriert wurde. An der Bauausführung waren auch viele andere Bauhäusler beteiligt bis hin zu Hanschk, die für die Textilgestaltung verantwortlich war und 1927 Arndt heiratete. Der Bau in Probstzella trug Arndt viel Lorbeer ein und die Berufung als Lehrer an das Dessauer Bauhaus. So zog das Bauhäusler-Paar Arndt 1929 in die Muldestadt, wo beide eine Meisterhaushälfte bezogen. Arndt übernahm von Hans Meyer, dem Nachfolger von Gropius an der Spitze des Bauhauses, die Leitung der Ausbau-Werkstätten. Doch die Bauhaus-Herrlichkeit wurde auch in Dessau getrübt. Der Einfluss der Nationalsozialisten sorgte 1932 für die Schließung der Moderne-Ausbildung in Dessau. Deshalb zogen die Arndts zurück nach Probstzella. Er arbeitete zunächst als Reklamezeichner und dann als freier Architekt für verschiedene Industrieunternehmen. Es wurde eine politische Gratwanderung. Doch beide überlebten die NS-Zeit und den Krieg. Arndt galt als politisch unbelastet und wurde nach Kriegsende sofort zum Leiter des Hochbau- und Planungsamtes sowie Baurat in Jena berufen. Doch schon bald begann für Arndt eine neue Reglementierung. Dem entzog sich das Ehepaar.

Umzug nach Darmstadt
Die Arndts übersiedelten noch 1948 nach Darmstadt, wo sie die Kunstszene bereicherten und ein Bauhaus-Archiv anlegten. Arndt wirkte als freier Architekt, schuf Bauten im Bauhausstil und setzte sich mit der bekannten Villa Ströher in Darmstadt ein vielbeachtetes Gebäudedenkmal. Dazu gesellten sich die Gestaltung verschiedener Ausstellungen wie „Mensch und Technik“ sowie „Kunst am Bau“, ein umfassendes zeichnerisches Werk und zahlreiche Veröffentlichungen. Darüber starb Arndt am 7. Oktober 1976 in Darmstadt, 24 Jahre vor seiner Ehefrau. Vor und nach seinem Tod war Arndt mit seinen Arbeiten auf verschiedenen Ausstellungen in Salzburg, Sao Paulo, Darmstadt, Berlin, Regensburg sowie im Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen vertreten. Inzwischen fand er auch im aktuellen Darmstädter Stadtlexikon in einem Beitrag Berücksichtigung.


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