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Seine Passion: „Bismarck mit seiner Dogge im Sachsenwald“, Öl auf Leinwand, 68 mal 52,5 Zentimeter. Signiert und datiert unten rechts: C. Röhling Sachsenwald 1898
Foto: WikimediaSeine Passion: „Bismarck mit seiner Dogge im Sachsenwald“, Öl auf Leinwand, 68 mal 52,5 Zentimeter. Signiert und datiert unten rechts: C. Röhling Sachsenwald 1898

Natur

Der Wald war seine Leidenschaft

Bismarck als Land- und Forstwirt, Jäger und Angler, Pferde- und Hundefreund – und Holzökonom

Horst F. Buschalsky
02.11.2024

Bismarck als Land- und Waldbesitzer – das ist ein weites Feld und ein neuer Aspekt in Bezug auf die Charakterisierung eines bedeutenden Mannes der deutschen Geschichte. Die Natur, die Landschaft, der Wald, die Bäume, die Wildtiere und vieles mehr waren für Bismarck ein Teil der Schöpfung und damit für ihn eine Verbindung zur Religion. Die Größe und Schönheit der Schöpfung und demgegenüber die relative Bedeutungslosigkeit des Menschen kennzeichnet gleichzeitig seine Bescheidenheit und seinen Respekt vor der Schöpfung und vor der Natur.

Nur ganz wenige – auch vor allem wissenschaftliche – Texte beschäftigen sich mit Bismarck als Land- und Forstwirt, als Jäger und Angler, als Pferde- und Hundefreund, als Holzökonom und als Naturliebhaber. Einer, der große Ambitionen auf diesen Gebieten hatte und seine Leidenschaft mit Inbrunst auslebte. Er brannte innerlich für das Landleben.

Zwei Beispiele sollen das aufzeigen: Durch die enge Beziehung zur Landbevölkerung auf seinen Gütern wusste Bismarck, in welche Not und Armut ehemalige Landarbeiter und deren Familien durch Krankheit und Alter geraten konnten. Ihm wird im Allgemeinen unterstellt, er habe seine Sozialgesetzgebung nur in Bezug auf den Kampf gegen die Sozialdemokraten erlassen. Das ist durchaus ein Antrieb gewesen, aber Bismarck hat vor allem auch als fürsorgender Gutsherr gedacht und gehandelt. So ordnete er in seinen Gutsdörfern in Pommern 1867 an, die alten alleinstehenden Witwen zu zählen und als jährliches Weihnachtsgeschenk für jede 300 Mark auszuzahlen.

Für sonstige Arme gab Bismarck die gleiche Summe. 1885 wies er aus der Bismarckspende zu seinem 70. Geburtstag 100.000 Mark an, die zur Unterstützung der Armen auf seinen Gütern bestimmt wurden. Die im Laufe vieler Jahre auf seinen Gütern gewachsenen Erkenntnisse haben zweifellos in ganz erheblichem Maße auf Bismarcks Sozialpolitik eingewirkt, und diese wurde dann auch auf die Städte mit der beginnenden Industrialisierung übertragen.

Beim zweiten Beispiel für die Verknüpfung von Bismarcks Herkunft als Gutsherr und als mit der Natur und dem Wald innig verbundenen Menschen ist die Frage zu stellen, ob und wie sich seine Regierung hinsichtlich einer die Natur betreffenden Gesetzgebung ausgewirkt hat.

Betrachtet man die außerordentlich bewegte, teilweise geradezu hektische Zeit von 1862 bis 1871 und bis zu seiner Entlassung 1890, so könnte man meinen, dass für das damals abwegige Thema des Naturschutzes weder Zeit noch Interesse vorhanden gewesen wäre. Umso mehr erstaunt es, dass unter dem 22. März 1888 für das Deutsche Reich ein „Gesetz betreffend den Schutz für Vögel“ erlassen worden ist. Es dürfte das erste deutsche Reichsgesetz und weltweit eines der ersten Gesetze derartigen Inhalts gewesen sein.

Wie weit Bismarck an diesem Gesetz mitgewirkt hat, ist bisher nicht recherchiert worden. Mit Sicherheit entspricht es aber ganz und gar seinen diesbezüglichen Einstellungen, Hinweisen und vor allem seiner Liebe zu den Singvögeln. Auf jeden Fall war er als Reichskanzler für dieses Gesetz verantwortlich und hat davon Kenntnis gehabt.

Stets Pommern verbunden
„Otto von Bismarck aus Pommern“, so unterschrieb im Mai 1832 der spätere Staatsmann ganz selbstverständlich als frisch eingeschriebener Student in Göttingen. Während seines langen Lebens blieb er dem Land an der Ostsee stets verbunden. Geboren wurde er allerdings als Nachkomme einer Uradelsfamilie aus der Altmark im heutigen Sachsen-Anhalt am 1. April 1815 auf dem Gut Schönhausen an der Elbe. Aber nicht dort, sondern auf dem Gut Kniephof im Kreis Naugard in Hinterpommern verlebte Bismarck ganz bewusst seine Kindheit. 1816 zogen seine Eltern nach Kniephof. Sein Vater hatte das Gut von einem Vetter geerbt, das seit 1726 im Eigentum der Familie Bismarck war. Dort erfuhr der junge Bismarck seine persönliche Prägung. Er bekannte später einmal selbst: „Man fühlt sich nur ganz daheim, wo man seine Kindheit erlebt hat.“

Nach Referendarszeit und Militärdienst übernahm Bismarck von 1839 bis 1845 gemeinsam mit seinem älteren Bruder Bernhard die Bewirtschaftung der elterlichen Güter Kniephof, Külz und Jarchelin. Nach dem Tode des Vaters 1845 leitete er auch das Stammgut Schönhausen und wird dort Deichhauptmann, sein erstes politisches Amt. In diesen sechs Jahren gelang es ihm und seinem Bruder den gesamten Gutsbesitz zu entschulden und positive Erträge zu erwirtschaften.

Damit kehrte Ruhe in das Landleben ein. Dem umtriebigen Bismarck wurde 1846 ein Angebot für einen hohen Beamtenposten offeriert. Doch Bismarck lehnte ab. Die Freiheit auf dem Lande machte ihn für eine Laufbahn in einem Beamtenapparat ungeeignet. Erst 1847 nach der Heirat mit Johanna von Puttkamer ging er endgültig in die Politik.

Durch Bismarcks politische Tätigkeiten und für seine Verdienste wurde er 1867 in den Grafenstand erhoben und erhielt Dotationen. Durch diese wurde er zu einem der größten privaten Grund- und Waldbesitzer in Preußen und im Deutschen Reich. 1867 nach dem preußisch-österreichischen Krieg bekam er 400.000 Taler mit dem ausdrücklichen Wunsch des Königs Wilhelm I., Landbesitz davon zu erwerben. Und Bismarck wendete sich daraufhin natürlich nach Pommern und erwarb die Herrschaft Varzin mit sieben Kirchdörfern. Er stellte aus Brandenburg den Oberförster Ernst Westphal ein, der auch gleichzeitig Generalbevollmächtigter für den gesamten Gutsbetrieb wurde. Zwischen beiden entwickelte sich ein Vertrauensverhältnis über Jahrzehnte bis zu Bismarcks Tod.

Bismarck war oft wochen- und monatelang in Varzin und hat sich intensiv um die Bewirtschaftung vor allem auch um den heruntergekommenen Wald gekümmert. Im Laufe vieler Jahre stetiger Bemühungen war es ihm gelungen, den Besitz und den Wald in einen respektablen Zustand zu bringen. Später hat Bismarck stolz auf seine forstlichen Aufbauleistungen zurückgeblickt. Gern hat er darüber gesprochen und sich vor allem gefreut, wenn er sachverständige Gesprächspartner hatte. Im Umgang mit dem Wald, mit Alleen, Parks und überhaupt mit Bäumen ging es Bismarck aber keineswegs nur um die Rendite. Es gibt Beispiele, da stellte er die „Schönheit der Schöpfung“, wie er es bezeichnete, über den finanziellen Nutzen. Der Respekt vor der Natur war in ihm fest verankert.

Erst Natur, dann Nutzen
1871 erhielt Bismarck mit der Erhebung in den Fürstenstand den Sachsenwald bei Hamburg in Anerkennung seiner Verdienste um die Reichsgründung. Das sind 6750 Hektar Grundfläche, von denen 90 Prozent Wald ist. Mit Varzin hatte Bismarck nun 10.680 Hektar Wald. Auch hier stellte er einen Oberförster aus Brandenburg ein, Peter Lange hieß er, und übertrug auch ihm die Generalvollmacht über den Gesamtbetrieb. Auch wurde versucht, mit ausländischen Baumarten die Ertragskraft des Waldes zu erhöhen.

Bismarck pflegte enge Kontakte zu John Booth, einem Engländer, der in Flottbek bei Hamburg eine Baumschule betrieb. Dieser lieferte die ersten Pflanzen der Baumart Douglasie, die 1875 auf Versuchsflächen im Sachsenwald angebaut wurden. Noch heute sind von diesen Bäumen Exemplare zu bestaunen mit einer Höhe von 40 bis 45 Metern Durchmesser und in Brusthöhe von bis zu 3,60 Metern. Bismarck hatte zu diesem Thema engsten Kontakt zur damals gegründeten Preußischen-Forstlichen Versuchsanstalt in Eberswalde. Er verkehrte mit den bedeutendsten Forstleuten der Zeit, und diese besuchten ihn oft im Sachsenwald.


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