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Thüringen feiert 260 Jahre Porzellanherstellung – Hersteller, Künstler und Museen beteiligen sich an den Aktionstagen
Eigentlich hätte der „Tag des Thüringer Porzellans“ im April gefeiert werden sollen. Doch dann hat die Pandemie einen Strich durch die Rechnung gemacht. Alle Veranstaltungen mussten abgesagt werden, es wurde hin- und herüberlegt, bis man schließlich für den 3. und 4. Oktober einen Ersatztermin gefunden hat. Das passt sogar viel besser: Denn an dem Wochenende feiert das Thüringer Porzellan seinen 260. Geburtstag. Genau am 4. Oktober 1760 erhielt Georg Heinrich Macheleid die Konzession für die erste Thüringer Porzellanmanufaktur. Seitdem hat das Porzellanhandwerk das Land Thüringen und die Menschen, die daran beteiligt waren, historisch mitgeprägt.
Was vor 260 Jahren mit Macheleid begann, wandelte sich vom exklusiven Einzelstück zum bezahlbaren Produkt für alle. Die Hersteller führten Ende des 19. Jahrhunderts den Markt an und, Thüringer Tischporzellan, Spielwaren oder Isolatoren reisten um die ganze Welt. Bis 1902 entstanden dort über 300 Porzellanmanufakturen.
In Thüringen beteiligen sich 20 Erlebnisorte mit einem abwechslungsreichen Programm an dem Jubiläum, darunter namhafte Hersteller wie KAHLA Porzellan im gleichnamigen Ort, Eschenbach in Triptis sowie die Aelteste Porzellanmanufaktur in Volkstedt. Museen und Ausstellungen, etwa die Porzellanwelten Leuchtenburg, das Museum 642 in Pößneck, die Heidecksburg in Rudolstadt, der Verein Ilmenauer Porzellantradition, Schloss Friedenstein in Gotha sowie das Schlossmuseum in Arnstadt und Altenburg geben Einblicke in die lange Geschichte des Porzellans in Thüringen, öffnen sonst verschlossene Räume und zeigen wertvolle, einzigartige und ungewöhnliche Stücke.
Porzellankünstler und technische Keramiker lassen sich bei der filigranen Arbeit über die Schulter schauen. In Workshops können Fingerfertige selbst kleine Stücke formen oder Porzellan bemalen. Beim Porzellanhersteller Wagner & Apel in Lippelsdorf im Thüringer Wald rattert die Dampfmaschine, in der Sitzendorfer Porzellanmanufaktur werden wie damals Spitzen gelegt, in Rudolstadt werden Rosen geformt und dekoriert, auf der Leuchtenburg führt Bettina Thieme die erste Porzellanfarbe vor, und in Reichenbach sowie Triptis erlangt man seltene Einblicke und Aktionen.
Die Hermsdorfer Porzellanfabrik, die einst maßgeblich zur Elektrifizierung der Welt beigetragen hat, öffnet exklusiv für zwei Führungen die Tore. Aus dem benachbarten Oberfranken nimmt erneut das Porzellanikon – Staatliches Museum für Porzellan mit seinen beiden Standorten Hohenberg an der Eger und Selb teil und lädt unter anderem zu einem geführten Rundgang mit Live-Vorführungen ein.
Eigens für den Tag des Thüringer Porzellans hat die Porzellanbildhauerin Kati Zorn eine neue Figur kreiert: den Göttersohn Narziss. Diesen und den Herstellungsprozess präsentiert sie in ihrem Atelier. Hier wie in weiteren Ateliers, Musemsläden und im Werksverkauf können Besucher kunstvolle Porzellanobjekte, Klassiker und aktuelles Design für den heimischen Tisch erwerben.
Neben jungen, modernen Künstlern, die alte Formen aus dem Weimarer Formenschatz gerettet haben und mit dem Projekt „Unverloren“ klassisch neu interpretiert auf den Markt bringen, setzt der Tag vor allem auf die lange Geschichte dieses „weißen Goldes“, das im Grunde nur aus drei Zutaten besteht: Kaolin, Feldspat und Quarz.
Am 3. Oktober bietet eine Tagestour die Gelegenheit, ausgewählte Stationen wie Saalfeld, Wagner & Apel, Kati Zorn, die Aelteste Volkstedter Porzellanmanufaktur und die Leuchtenburg bequem zu besuchen. Die Bustour startet um 9 Uhr am Rudolstädter Bahnhof, Fahrkarten gibt es unter Telefon (036424) 713300 oder unter www.porzellantag.de.
• Buchtipp
Kleines Thüringer Porzellanbuch
Ulrike Kaiser und Ilka Kunze
Rhino Verlag, Ilmenau 2020, Hardcover, 96 Seiten, 5,98 Euro