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In „Blauen Zonen“ sollen die Menschen besonders alt werden. Doch dahinter stecken oft nur fehlende Geburtsurkunden, Angeberei oder ganz gewöhnlicher Rentenbetrug
Der Ig-Nobelpreis, benannt nach dem englischen Wort ignoble (unwürdig oder schmachvoll), ist eine Auszeichnung, welche seit 1991 für wissenschaftliche Leistungen verliehen wird, die „Menschen zuerst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringen“. Somit handelt es sich bei den prämierten Forschungsergebnissen also keineswegs nur um unnützen Nonsens, wie das Kürzel „Ig“ nahelegt. Dies zeigt nicht zuletzt das Beispiel des diesjährigen Preisträgers für Demographie, Saul Justin Newman. Der Australier, welcher momentan als Senior Research Fellow am University College London Centre for Longitudinal Studies arbeitet, wurde ausgewählt, weil er die gängigen Behauptungen über höchstbetagte Menschen ins Reich der Legenden verwies.
Newman gelang es, 80 Prozent der Männer und Frauen weltweit, welche 110 Jahre oder älter sein sollen, zu finden und zu befragen – der Rest lebt in Ländern, die man besser nicht aufsuchen sollte, wie die von einem Dauerkrieg heimgesuchte Westsahara. Das Resultat macht misstrauisch: Im Durchschnitt konnten lediglich 18 Prozent der Angesprochenen eine Geburtsurkunde vorweisen.
Noch schlimmer stand es um die mehr als 500 superalten US-Amerikaner. Hier besaßen ganze sieben einen amtlichen Nachweis über den Zeitpunkt ihrer Geburt. Ebenso fand Newman heraus, dass von Menschen, die in der Vergangenheit angeblich extrem hochbetagt verstarben, nur sehr selten eine Sterbeurkunde existiert.
82 Prozent waren längst tot
Die Erkenntnisse von Newman decken sich mit den Ergebnissen von Nachforschungen der japanischen Regierung. Diese ergaben 2010, dass 82 Prozent der statistisch erfassten Hundertjährigen nicht mehr am Leben waren. Ähnlich ist die Situation in Griechenland. Wie die Rentenversicherung dort aufdeckte, hatten drei Viertel der angeblichen Hundertjährigen im Lande längst das Zeitliche gesegnet, während die Nachkommen weiter deren Renten kassierten. Und damit offenbart sich auch das Hauptmotiv dafür, dass Menschen sich älter machen, als sie sind, oder Angehörige die Todesfälle verschweigen, nämlich die Gier nach ungerechtfertigten Rentenzahlungen.
Laut Newmans Recherchen leben die meisten Hundertjährigen in England nicht etwa in wohlhabenden Regionen, sondern dort, wo die Armut und daher auch der Druck, Rentenbetrug zu begehen, am höchsten sind. Auf Falschangaben deutet zudem hin, dass die Geburtstage der Superalten überproportional häufig auf Kalendertage fallen, die durch Fünf teilbar sind.
Durch Newmans Untersuchungen werden zugleich die sogenannten „Blauen Zonen“ entzaubert. Das sind Regionen auf der Welt wie die japanische Insel Okinawa, in denen die Menschen angeblich besonders alt werden, weil sie einen bestimmten Lebensstil pflegen, der durch Familien- und Gemeinschaftssinn, einen geringen Fleisch-, Nikotin- und Alkoholkonsum, ständige mäßige körperliche Aktivität und Spiritualität gekennzeichnet ist. Auf Okinawa leben aber keineswegs die gesündesten Menschen in Japan oder gar weltweit, denen wir nun alle nacheifern sollten, um besonders alt zu werden. Das scheinbar hohe Alter vieler Einwohner der Insel resultiert vielmehr aus dem Fehlen früherer Geburtenregister. Denn Okinawa wurde 1945 in der Abwehrschlacht gegen die US-Invasionstruppen schwerstens verwüstet.
Ähnlich übertrieben kommen die Behauptungen über die anderen „Blauen Zonen“ auf Sardinien, der Nicoya-Halbinsel in Costa Rica oder der griechischen Insel Ikaria daher. Die Berichte über einen hohen Prozentsatz von Hundertjährigen dort sind ebenfalls durch nicht vorhandene Aufzeichnungen oder systematischen Betrug zu erklären und widersprechen daher auch anderen amtlichen Statistiken. So rangiert die „Insel der Hundertjährigen“ Ikaria bei der Durchschnittslebenswartung in 128 Regionen Europas gerade einmal auf Platz 109. Aus all diesen Gründen sagte Newman im Interview mit der englischen Ausgabe des Blattes „Conversation“: „Meist sind die Daten über extrem lang lebende Menschen totaler Müll.“
Vorwand für staatliche Maßnahmen
Die gesellschaftlichen Folgen dessen gehen über eine Irreführung der Mitmenschen, Behörden und Wissenschaftlern sowie ungerechtfertigte Griffe in die Rentenkasse hinaus. Immerhin werden so auch etliche falsche demographische Daten generiert, was Auswirkungen auf Rentenformeln, Lebensversicherungsprämien und die Planung der Bereitstellung von Gesundheits- und Pflegeleistungen hat. Zudem ziehen die Märchen über den Lebensstil in den „Blauen Zonen“, der angeblich die Langlebigkeit fördere, nicht selten staatliche Interventionsversuche nach sich, um die Bürger mit Zuckerbrot und Peitsche von „ungesunden“ Angewohnheiten abzubringen. Beispielsweise kostet ein Päckchen Zigaretten in Australien jetzt umgerechnet 27 Euro, während die Vietnamesen hierfür lediglich 1,18 Euro hinblättern müssen.
Dabei steht mittlerweile zweifelsfrei fest, dass es vor allem zwei Faktoren sind, welche für wahre Langlebigkeit sorgen, nämlich Wohlstand und die passende genetische Ausstattung. Der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen dem ärmsten und dem reichsten Prozent der Frauen auf der Welt liegt aktuell bereits bei zehn Jahren. Und bei Männern klafft in diesem Punkt sogar eine Lücke von 15 Jahren.
Gleichzeitig deuten zahlreiche Tierversuche auf die lebensverlängernde Wirkung der Gene hin, welche die der „richtigen“ Ernährung deutlich übersteigt. So fanden Wissenschaftler um Gary Churchill vom The Jackson Laboratory in Bar Harbor im US-Bundesstaat Maine bei Langzeitstudien mit Tausenden von Mäusen nur relativ geringe Auswirkungen von Faktoren wie Nahrungsmenge, Gewicht, Körperfettanteil und Blutzuckerspiegel auf die Lebenserwartung. Deutlich wichtiger waren dahingegen die Erbanlagen für ein intaktes Immun- und Herzkreislauf-System. Daraus zog Churchill den naheliegenden Schluss: „Wenn man lange leben will, gibt es Dinge, die man aktiv selbst beeinflussen kann ... Noch mehr aber nützt eine Großmutter, die sehr alt geworden ist.“ Das gilt natürlich nur für den Fall, dass diese bei ihrem Geburtsdatum nicht gemogelt hat.
Jante Waterende am 03.12.24, 20:28 Uhr
Warum werden medizinische Versuche an Mäusen und nicht an Affen gemacht? Weil der Mensch die meisten Gene mit der Maus teilt, und nicht mit dem Affen.
Ich glaube nicht, daß die genetische Ausstattung etwas über unsere Lebenszeit aussagt. Die Taufliege hat 17.000 Gene, das Reiskorn 38.000, der Seeigel 26.000 und der Mensch magere 23.000. Und 70 Prozent unserer Gene teilen wir mit der Banane.
Das mit den Mäusen kann man mit gezielter Suche schnell nachprüfen. Man findet die Informationen in renommierten Zeitungen und in seriösen wissenschaftlichen Publikationen.
Die Sache mit den Genmenge dauert etwas länger. Ist aber auch machbar.